Moin jerome,
das Thema der „Standardbrennweite“ als Festbrennweite am Crop ist ein echter Dauerbrenner!

Verständlich, eine wirklich perfekte Lösung gibt’s nämlich immer noch nicht.
Ich selbst habe sowohl das Canon 35mm f2 als auch das Sigma 30mm f1.4 HSM EX benutzt, an EOS 300D und 40D und teile gerne meine Erfahrungen mit. Wer ungern liest oder Differenzierung nicht mag möge weiterscrollen, die Entscheidung zwischen diesen beiden Gläsern ist nämlich leider nicht einfach. Ich habe lange geschwankt, der tatsächliche Praxiseinsatz gab letztlich den Ausschlag.
Beide haben Vor- und Nachteile. Das Canon ist, was den
Randabfall der Schärfe angeht, deutlich besser als das Sigma. In der Bildmitte sind beide etwa gleich, mit leichtem Vorteil beim Sigma. Bei Offenblende sind beide zentral schon scharf und werden durch leichtes Abblenden sehr scharf! Das Canon ist bei f2 schon scharf und ab f2.8 wird’s kaum noch besser durch abblenden. Das Sigma ist ab f1.4 nutzbar und ab f1.8 schon knackig, ab f2 wird’s kaum noch besser in der Mitte. Zum Rand hin wird es beim Sigma, wie schon erwähnt deutlich weicher, das Canon fällt hier kaum ab. Ab f5,6 holen die Ränder beim Sigma deutlich auf, beim Canon hinken sie der Mitte nie bis kaum nach. (und das bei allen Blenden!) Das Sigma ist eine
Blende lichtstärker, bringt also eine ISO Stufe, was in AL Situationen schon mal entscheidend sein kann. Die
chromatischen Aberrationen (Farbsäume) sind bei beiden vorhanden, stören jedoch nur in bestimmten Situationen. In Sachen
Vignettierung nehmen sich beide kaum etwas, bei Offenblende sichtbar, wie auch sonst bei lichtstarken FBs.
Das
Bokeh ist beim Sigma traumhaft weich und wirklich eine Klasse für sich (Sigma typisch), das Canon hat ein eher unruhiges, zittriges & nervöses Bokeh. (sobald der Hintergrund Kontraste hat fällt es schon auf)
Der
Motor des Canon ist etwas nervig, man gewöhnt sich aber daran. Der
AF dagegen ist schon ein wenig lahm, für manuellen Fokus einen Schalter umzulegen ist fast unverzeihlich. Spontane Fokuskorrekturen werden so unmöglich, beim bewussten Arbeiten mit der Unschärfe sehr wichtig. Der absolut lautlose HSM ist beim Sigma sehr gut gelungen und dem USM ebenbürtig in Lautstärke und Schnelligkeit,
manueller Fokus jederzeit möglich.
Was das
Handling & Haptik angeht ist das Sigma da beste Glas was ich besitze, es ist hervorragend verarbeitet und fühlt sich sehr wertig an. Ich muss zugeben, dass ich das Sigma sehr gerne in Hand halte, an der 40D ist es ein tolles Arbeiten damit. Man merkt den Objektiven ihre Generation schon an, das Canon ist unübersehbar ein Glas der frühen 90er.
Aktuell habe ich nur noch das Sigma, das Canon nicht mehr. Das ist nicht immer gut! Ich bin tatsächlich über den Randabfall des Sigmas etwas enttäuscht und hätte gerne die Schärfekonstanz des Canons wieder.

Aber das ist jammern auf ziemlich hohem Niveau!
Ob es wirklich sooo schlimm ist kannst Du selbst beurteilen,
hier &
hier kannst du mal Rand und Mitte unter Realbedingungen vergleichen.
Da ich allerdings das 17-55 f2.8 als Standardglas nutze, dient das Sigma mir als kompakte, leichte Bokeh-Optik fürs AL. Und dafür ist sie traumhaft

, denn bei shallow-depth-of-field Fotografie versinken die Bildränder ohnehin im Bokeh und das Motiv findet sich ziemlich mittig, weswegen der deutliche Auflösungsabfall zum Rand hin hierbei kein Problem darstellt. Wenn ich damit Landschaften machen würde, wäre der Randabfall ein Knock-out Kriterium und das Canon die erste Wahl! Somit ist bei Verwendung als immer drauf das Canon Abbildungstechnisch überlegen, bei low-light, Portrait und shallow-depth-of-field Fotografie dagegen das Sigma geeigneter.
Übrigens: vom 28er Canon mit f1.8 rate ich ab, das hat anscheinend ganz furchtbar ausgeprägte CAs, die schon bei normalen Motiven auffallen.
Ich selbst hätte gern das Sigma mit der Auflösungskonstanz des Canons! Wenn Canon jemals das 35er modernisiert und lichtstärker macht steige ich sofort um.(z.B. ein EF-S 31mm f1.4 USM) Bis dahin ist bei meiner Verwendung das Sigma zwar nicht makel- aber z.Z. alternativlos.
Zu den übliche Fokus- und Schärfeproblemen:
Wir reden hier über hochlichtstarke Optiken. Ein Randabfall in der Auflösung ist hier fast immer gegeben, das 35er Canon ist eine herausragende Ausnahme. (nicht zuletzt durch die moderate Lichtstärke von f2) Sogar das legendäre EF 50 f1.2 USM L hat am Vollformat in allen Disziplinen schlechtere optische Eigenschaften als das 30er Sigma! (der Rand ist schlichtweg Matsch) Dass die Offenblende, so sie denn deutlich unter f2 liegt meist nicht so scharf ist wie andere Blenden ist nicht neu und der Physik geschuldet. Lichtstärke hat stets seinen Preis bei der Konstruktion von Optiken.
Was den Fokus angeht sollte man sich daran erinnern von welche geringer Schärfeebene man hier spricht. Wenn ich in einer schummerigen Kneipe eine Person am Tisch, mir gegenüber (1m Abstand) aufnehme, bei f1.4, dann habe ich eine Schärfeebene von 6cm. Bei einem halben Meter, also dem Gesicht bildfüllend, sind es nur 14mm! Ein Schwanken bei mir oder dem Motiv… zack, Back- oder Frontfokus! Die Offenblende bei lichtstarken Gläsern hat so ihre Tücken und ist im fotografischen Einsatz manchmal etwas knifflig. Und hier sind’s nur 50mm KB-Äquivalent! Bei 80mm aufwärts mit <f1,8 wird‘s richtig schwierig! Selbst ein Fokustest ist bei 30mm & f1.4 auf kurze Distanz nur dann verlässlich wenn er absolut genau ausgeführt wird (Stativ, vernünftiges Ziel), das musste ich selbst feststellen.
Also immer langsam mit dem Beschreien von Fokusfehlern, gerade bei großen Blenden, nicht immer ist die Optik schuld.
Was Deine Entscheidung angeht: für konstante Bildleistung über’s gesamte Bild nimm Canon‘s 35er, für Low-Light und shallow-depth-of-field nimm das Sigma.
Zusammenfassung:
Canon EF 35mm f2
++ scharf, bis zum Rand schon bei Offenblende
+ sehr konstante Leistung
+ leicht, klein, günstig
- mäßig lichtstark mit f2
- Bokeh ist nicht seine Stärke
- langsamer und lauter AF, kaum nutzbarer MF
- Verarbeitung/Haptik
Sigma 30mm f1.4 HSM EX
+ mittig sehr scharf
+ lautloser & schneller AF, guter MF
++ Bokeh, lichtstark, sehr gutes Bokeh... habe ich das Bokeh schon erwähnt?

+ Verarbeitung/Haptik
- starker Auflösungsabfall zum Rand hin
- Offenblende schwächer aber nutzbar
- groß, schwer, relativ teuer
Ich denke im Labor und bzgl. der reinen Bildqualität ist das Canon dem Sigma bei gleicher Blende überlegen. Im Fotoalltag möchte ich aber die Lichtstärke & das Handling nicht mehr missen.
Ich mag mein Sigma („el Hombre“), es hat Charakter. Ich vermisse manchmal jedoch die Konstanz des Canons. Und ich warte sehnsüchtig auf das EF 50 f1.4 USM Äquivalent fürs APS-C Format.

Bis dahin bleibt mein manchmal zickiges, aber geniales Sigma 30 f1.4 HSM EX vorerst ohne Alternative.
Entschuldigt die Länge aber bei dieser Entscheidung spielt soviel hinein, da lässt sich schwer pauschalisieren. Ich hoffe ich konnte etwas weiterhelfen.
Hier und
hier,
da und
dort findest Du noch Bsp.-Bilder meines Sigmas, vom Canon habe ich keine eingestellt.
Nachtrag: Angeblich sind neuere Chargen vom Sigma spürbar besser als ältere, das konnte bisher jedoch niemand belegen. Ich habe meines vor eineinhalb Jahren im Laden gekauft und kann einige ältere, schlechte Testberichte nicht bestätigen. Allerdings weiß ich nicht ob ältere Chargen tatsächlich schlechter waren, somit bleibt das reine Spekulation.
Beste Grüße,
Prometheus