Ist doch klar, die linke Treppe führt nach unten, die rechte nach oben.
Du gehst bei Deiner Argumentation davon aus, dass Wahrnehmen und Handeln rein rational geschieht. Das ist für mich eine Selbsttäuschung, die besonders in technischen Berufen weitverbreitet ist.
Unsere Wahrnehmung und auch unser Handeln ist durch eine Vielfalt nicht-rationaler Faktoren bestimmt wie z.B. evolutionär entwickelte Wahrnehmungsmuster, kulturelle Prägung, Erfahrungen in der Kindheit.
Natürlich
weiss ich, dass man eine Treppe nicht nur in einer Richtung benutzen kann, so wie ich
weiss, dass Flugzeuge, die von rechts kommen, nicht immer zur Landung ansetzen.
Aber dieses
Wissen steht für mich nicht im Widerspruch mit dem
Eindruck, dass die Treppe nach oben führt, oder dass das Flugzeug gerade zur Landung ansetzt.
Selbst wenn ich eine optische Täuschung schon hundertmal gesehen habe, heisst das nicht, dass ich mich beim hunderterstenmal nicht davon täuschen lasse. Ich weiss zwar, dass die Linien gleich lang sind, dass da keine grauen Punkte im Bild sind, dass die Linie nicht gekrümmt ist, aber mein Auge (oder viel mehr meine interne Bildverarbeitung) lässt sich von meinem Wissen wenig beeindrucken.
Auch wenn ich die Tricks der Verkaufs- und Werbepsychologen alle kenne, bin ich dennoch nicht vor deren Wirkung gefeit. Dass heisst nicht, dass ich diesen Tricks wehrlos ausgeliefert bin. Natürlich kann ich die Wirkung durch eine rationale Analyse unterlaufen. Das ändert aber nichts daran, dass zuerst die Wirkung da ist und erst dann die Analyse.
Womit wir wieder bei den Bildern wären. Hier verhält es sich meiner Meinung nach nicht anders. Bevor man sich überhaupt erst Gedanken über Motivwahl, Bildkomposition, Lichtsetzung und ähnliches macht, hat ein Bild schon längst seine Wirkung entfaltet und einen bestimmten Eindruck hinterlassen. Man hat sich gewissermassen schon ein "Bild" gemacht.
Meine Behauptung ist, dass sich Erfahrungswissen sehr wenig auf diesen Eindruck auswirkt. Das heisst, es ist egal, wieviele Starts und Landungen von Flugzeugen ich schon gesehen habe (und ich habe sehr viele gesehen), ich habe trotzdem je nach Flugrichtung des Flugzeugs im Bild einen unterschiedlichen Eindruck.
Eine gute Bildanalyse macht zum Teil nichts anderes, als diese unbewusst ablaufenden Prozesse rational nachvollziehbar zu machen. Oft liest man zum Beispiel, dass eine Diagonale den Betrachter in das Bild hineinführt. Da ist es ja auch nicht so, dass mein Blick der Diagonalen folgt, weil ich diese Regel kenne. Mein Blick folgt der Diagonale unwillkürlich, und die Analyse nutzt das Wissen um diesen unterbewusst ablaufenden Prozess, um einen Teil der Bildwirkung zu erklären.
Könnte ich dir jetzt nicht sagen. Offensichtlich wäre es die dritte von links, ich würde mich dennoch für die orange/blaue daneben entscheiden, die Frage ist halt nach welchen Kriterium man geht. Wobei es für den Fall das es die dritte von links ist, die Frage stellt ob man Rückschlüsse zu irgendeiner Theorie ziehen kann, man könnte dann die ganze Sache aus andersherum arrangieren und hätte ebenso das gleiche forcierte Ergebnis - ich bin gespannt welche Krawatte es ist, ob es überhaupt eine ist.
Natürlich könnte es man andersherum arrangieren. Aber der Witz ist, dass da nichts arrangiert ist. Ich habe kürzlich im Internet gelesen, dass Krawatten mit den Streifen von links unten nach rechts oben "positiver" wirken sollen. Durch diesen Thread angeregt habe ich mir mal meinen Fundus an gestreiften Krawatten angeschaut, Ergebnis siehe Foto. Das Ergebnis kann natürlich Zufall sein, was ich bei dem eindeutigen Ergebnis für eher unwahrscheinlich halte. Es könnte daran liegen, dass die entsprechend gestreiften Krawatten auf mich als Käufer einen positiveren Eindruck gemacht haben, ohne dass ich mir dessen bewusst gewesen wäre. Oder es kann daran liegen, dass die Krawattenhersteller an diese Theorie glauben, egal, ob jetzt was dran ist oder nicht.