vermeintlich "absolute" Auflösungszahlen sind alles Andere als absolut
Ich habe geringfügig physikalische Optik studiert und möchte ein wenig zur Beruhigung beitragen.
Es ist einerseits ein menschliches Interesse: "meine Objektiv kann soundsoviel" wie auch ein kommerzielles Interesse der Magazine, (Pseudo-) Daten zu liefern.
Es ist nicht schwer, es ist unmöglich, Auflösung in 5 Minuten zu behandeln.
Mehrere Verfahren:
- Objektiv auf eine optische Bank und mit einem Mikroempfänger das abgebildete Wellenmuster abfahren, aufzeichnen, auswerten
- Früher: maximal auflösenden Film in die Kamera tun, fotografieren, entwickeln, unter dem Mikroskop visuell auswerten oder automatisch einen Graphen erstellen
- Objektiv auf eine Digitalkamera tun und Mirentafeln aufnehmen
Egal, welchen Weg man geht, alle Zahlen fallen unterschiedlich aus.
Weitere Faktoren:
- Physikalisch definiert muss das Objekt eine harmonische Welle sein, also sinusförmig heller und dunkler werden. Werden schwarz/weisse Balkenraster verwendet, ist die praktische Auflösung um einen bestimmten Faktor höher wg des besseren Objektkontrastes, also geschönt. Fast alle praktischen Tests erfolgen mit reinen schwarz-weiss-Mustern, physikalisch unsauber.
- Die Schärfe / Auflösung erfolgt durch Auswerten der MTF ( modulation tranfer function) Kurve. Dazu muss man definieren, bei welchem Y-Wert man die Auflösungsgrenze definiert, üblich sind 30% Restmodulation, die bleiben müssen. Ein Pleite gegangener deutscher Fotokonzern hat die Daten seiner Filme so geschönt, dass er die Auswertung dort vornahm, wo die Kurve in der X-Achse verschwand, d.h. er hat z.B. 5% Modulation noch als praktisch verwertbar angegeben, zu Filmzeiten ein Unding.
- Es gibt effektive Methoden zur Schärfe/Auflösungssteigerung. Die klassische Methode ist unscharfe Maskierung, eher bekannt unter Scharfrechnung oder Nachschärfung. Das ist nichts Ehrenrühriges, das machen ALLE. Selbst der Film hat früher während der Entwicklung durch fotochemische Nachbareffekte sich selbst nachgeschärft, ich habe solche Brühen hergestellt.
- Auf einem wissenschaftlichen Vortrag (vom Schweizer Militär) durfte ich mit ansehen, wie Aufnahmen, auf denen das menschliche Auge zuerst nichts erkannt hat, nach ausgefuchster Behandlung mit Fouriertransformationen klar lesbare Schrift hervorbrachten. Was ist nun Auflösung? Die Information war ja im Bild drin!
Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst mitgefälscht hast, und glaube keiner Auflösungszahl, deren Randbedingungen der Erstellung Du nicht in jedem Detail kennst.
Diese Details kennen wir nicht.
Früher war unter den Filmherstellern Kodak der Seriöseste, denn Kodak hat dokumentiert, was und wie sie messen. Wer legt das heute noch offen im Digitalzeitalter?
In weiten Grenzen behaupte ich: legt ein Objektiv mit Sensor vor und wir finden einen Testaufbau, eine Nachbearbeitung und eine Auswertung, die eine gewünschte Zahl ergibt, hört sich vermessen an, ist letztlich aber fast nur eine Frage des Aufwandes oder der Methode.
Einige haben es bereits vermutet: diese Zahlen sind im direkten Vergleich nützlich, wenn man sonst alles gleich lässt. Diese Vergleichbarkeit ist aber selten gegeben.
Fuji rechnet sich dumm und dusselig zum Erreichen von guten Zahlenwerten.
Ich habe nichts gg Fuji, ganz im Gegenteil, die können was, sind innovativ, haben z.T. sehr gute Produkte (auch wenn der Trans-Sensor letztlich weniger auflöst als ein Bayer ohne AA).
Wer ein digitales Bild nicht scharfrechnet, bekommt Augenkrebs. Ich gebe mir viel Mühe, zu Fuss ein raw so scharf zu bekommen wie ein gut gemachtes jpg (z.B. Pentax KP). Ohne Scharfrechnen geht NIX! Aber hat das Scharfrechnen etwas mit der Auflösung des Objektives zu tun? Natürlich ja, das primäre Abbild des Objektes durch das Objektiv auf den Sensor ist aber nur die Basis für die nachfolgende Bildverrechnung / -bearbeitung.
Also müssten wir 10 Objektive nehmen, alle elektrischen Kontakte abkleben, auf ein allseits anerkanntes Gehäuse montieren, nach VORHER festgelegten Regeln die raws bearbeiten und so kämen wir der Prawda schon ein wenig näher. Wenn wir ein identisches Objektiv auf 10 verschiedene Gehäuse montieren, bekommen wir das Problem, dass die Optikrechnung den Filterpack vor dem Sensor optimal berücksichtigen muss. Ein Pentax-Objektiv auf einer mft-Kamera ist da falsch. Den Rechenweg vom Sensor auf die Speicherkarte kennen wir nicht, das ist das Pfund der Hersteller, das würde ich auch keinem verraten.
Wenn Kamerahersteller X jetzt in seiner Bildmaschine pfiffiger rechnet als Hersteller Y, kann Hersteller X mit einem "schlechteren" Objektiv oder einem "schlechteren" Sensor Hersteller Y überholen. Wir sehen ein Gesamtergebnis, das aber noch nicht final ist, weil unsere persönliche Nachbearbeitung noch kommt.
PS erlaubt mir eine Unscharfmaske mit 500% und radius 0,1px.
Wenn ein neuer PS mir 2000% mit rad 0,05px ermöglichen würde, werde ich schärfer.
Der Kamerahersteller hat diese Beschränkungen in seinen jpgs nicht, der programmiert das frei, deshalb kommt der weiter als ich mit PS.
Pentax demonstriert das mit der Nachschärfung im Modus "hohe Schärfe" bzw EX, leider haben die in diesem Modus die Schwelle falsch programmiert, sont wäre das der Knaller. Fuji ist bekannt dafür, in verschiedenen Bildregionen und bei verschiedenen Objektiven anders zu rechnen.
Ich hänge mich ins Fenster und fotografiere jahraus jahrein meinen Garten, die Weide dahinter und dann den Waldrand. In meinem kleinen System kann ich vergleichende Auflösungsaussagen machen, und so macht Ihr es auch, vertraut Euren Augen und Eurem sauberen Handwerk im Zweifelsfalle mehr als den Zahlen der Industrie, zumindstens ich kann damit nichts anfangen.
allzeit gutes Licht, Grüsse aus der Eifel
maro