Mich würde mal interessieren, wieviele User die hier immer wieder so postulierte "absolute Schärfe" durch Bedienfehler sowieso nie erreichen.
In diesem Thread geht so ziemlich alles durcheinander. Viele Aussagen stimmen hier so nicht und rühren vermutlich daher, dass einige User beide Objektive noch nicht in der Hand hatten und gegeneinander verglichen haben, oder beide nicht mal zusammen einsetzen.
Um mal ein paar Dinge gerade zu rücken:
- Beide Objektive sind sehr scharf, aber bei beiden äußert sich die Schärfe auf andere Weise, da sie auf andere Sachen hin optimiert sind. Während das 100L dem Zeitgeist angepasst wurde und offensichtlich auf Schärfe bei Offenblende optimiert wurde, so hat das 180L sowas zwar nicht so stark (2-3 Blenden abgeblendet und die Ränder sind auch sau-scharf), dafür aber einen ungeheuer großen Kontrast und Kantenkontrast. Letztere sind dafür verantwortlich, schwierige Details wie z.B. Insektenhaare deutlicher hervor treten zu lassen. Hier hat das 180L immer noch Vorteile, genauso wie bei der Beugungsunschärfe, die ein klein wenig später einsetzt. Gut, darüber kann man jetzt streiten, aber an der 5Dmk2 performt das 180L mit großen Blenden einfach ein Quentchen besser und Details verschmieren nicht so schnell wie beim 100L. Was diverse Tests angeht, so muss man genau hinschauen, was da eigentlich getestet wurde. Bei Baumflieger gewinnt das 180L, weil Briefmarken damit wegen des Kontrastverhaltens ein klein wenig schärfer abgebildet werden. Bei the-digital-picture (und vermutlich auch photozone) gewinnt das 100L weil dort auf die Grundschärfe getestet wird und der Kontrast vernachlässigt wird. Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum das 50/1.2 bei Photozone so schlecht abschneidet.
- Das 100L hat einen sehr schnellen AF. Das 180L aber auch, nur braucht der AF ein Stückchen länger um den gesamten Bereich durchzufahren, weil die Umsetzung 1. ein wenig feiner ist und 2. der Fokusbereich einfach viel größer ist (dafür gibts ja auch den Limiter). Dadurch ist das 180L manuell genauer zu fokussieren und hat eines der besten und genausten Fokusringe die ich so kenne. Ihr seht, man kann die AF-Geschwindikeiten gar nicht 1:1 vergleichen, genauso wenig wie das mit der Schärfe möglich ist.
- Das Bokeh vom 180L ist sehr sehr weich. Bei höheren Blenden sind die Unschärfekreise bei Spitzlichtern (z.B. Spiegelungen im Wasser) nicht mehr kreisrund. Hier hat das 100L ein paar Vorteile, deren Blendenlamellen etwas mehr abgerundet sind.
- Das 180L ist sehr wohl freihand zu benutzen. Durch sein relativ schweres Gewicht und der recht großen Länge liegt es sehr gut in der Hand. Dadurch verwackelt man nicht so schnell. Mir sind da auch noch mit 1/100s verwacklungsfreie Bilder freihand geglückt. Aber vieles ist davon abhängig, wie man das Objektiv hält. Auf der anderen Seite wird der IS des 100L maßlos überschätzt. In Makro-Distanzen bzw. -Maßstäben bringt der IS höchsten 2 kleine 1/3 Blendenstufen. Das ist nicht viel.
- Zur Ausstattung: Beim 180L ist sowohl eine Stativschelle, als auch die Geli im Lieferumfang dabei. Beim 100L muss man sich beides nachkaufen.
- Zum Einsatzzweck: 100mm entfinde ich immer ein wenig "weder Fisch noch Fleisch". Man kann weder extrem freistellen, noch bekommt man viel Hintergrund mit drauf (was schön für die Komposition sein kann). Zum 180er sollte man eigentlich immer noch ein kurzes Makro dazu in der Tasche haben. Öfters sind einfach Perspektiven gefragt, wo der Hintergrund mit einbezogen werden muss, oder wo man einfach nicht genügend Abstand halten kann (wenn z.B. Gräser in einer dichten Wiese im Weg sind).
Soviel dazu. Hoffentlich wird in Zukunft nicht einfach drauf los geschrieben, ohne solche Objektive nicht schon einmal ordentlich eingesetzt zu haben. So entstehen Foren-Mythen und Missverständnisse.