Ganz interesannt,
im gegensatz zu unseren foren experten sehen andere schon erhebliche unsicherheiten. Siehe:
https://www.heise.de/newsticker/mel...OLG-Koeln-schafft-etwas-Klarheit-4092556.html
Ach ja? Welche denn?
Soweit ich es sehe hat das gericht geklaert was eh klar war, naemlich das presse noch arbeiten kann.
Wie so oft empfehle ich einen Blick in das Original, sprich die Urteilsbegründung. Natürlich behandelte diese, Überraschung, den eigentlichen Fall, bei dem es nun mal um Pressearbeit ging. Darüber hinaus hat das Gericht aber wohl begründet festgestellt und ist dabei, Überraschung, nicht irgendwelchen Anwälten, vielmehr den Kommentaren aus den Rechtswissenschaften gefolgt:
"Die umfangreichen Abwägungsmöglichkeiten im Rahmen des KUG erlauben dann auch – was künftig geboten sein dürfte – eine Berücksichtigung auch der unionsrechtlichen Grundrechtspositionen."
Das Gericht stell also fest, dass das KUG eine umfassende Abwägung der Grundrechtspositionen der Grundrechtecharta ermöglicht. Nun kommen die Öffnungsklauseln der DSGVO ins Spiel...
"...auch Erwägungsgrund 153 der DS-GVO wünscht in diesem Bereich nur eine - national im Zuge des § 823 Abs. 1 BGB als Rahmenrecht bzw. bei §§ 22, 23 KUG ohnehin erfolgende - umfassende Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen."
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2018/15_W_27_18_Beschluss_20180618.html
Schauen wir uns nun den Artikel an, auf den sich der Erwägungsgrund 153 bezieht...
In Artikel 85 heißt es:
"Für die Verarbeitung, die zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von [Aufzählung Kapitel II bis IX] vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen."
Weshalb dieses "die KUG gilt", iwie laecherlich klingt.
Ich helfe dir sehr gerne weiter...
Gesetze stehen, wie an anderer Stelle schon ausführlich erklärt, in einer Hierarchie. Die DSGVO leitet sich von Artikel 8 der EU-Grundrechtecharta ab.
Grundrechte sind i.a.R.
nicht ausschließliche Rechte, da es zwischen den einzelnen Grundrechten Zielkonflikte gibt. Wäre z.B. das Grundrecht Artikel 8, Schutz personenbezogener Daten ein
ausschließliches Grundrecht, wären die folgenden Grundrechte, und nicht nur die, in Artikel 9 bis 17 im höchsten Maße gefährdet, insbesondere natürlich Artikel 11, Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit.
Es muss also immer eine Abwägung zwischen den einzelnen Grundrechten statt finden.
Du erkennst, auf was es hinaus läuft? Jetzt nicht nachlassen, wir haben es gleich geschafft...
Durch Artikel 85 der DSGVO wird eine nationale Gesetzgebung zur Wahrung der Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit ermöglicht. Das Gericht stellt fest, dass das KUG genau so eine nationale Gesetzgebung ist.
Das KUG kann demnach abwägend und vorrangig gegenüber Kapitel II bis IX DSGVO heran gezogen werden.
Schauen wir nun in das KUG...
Hier heißt es in §23 (1)
"Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:"
Es folgen die umfangreichen Ausnahmen, unter anderem die Ausnahme des Beiwerks, Versammlungen und vor allem auch das höhere Interesse der Kunst.
Setzt sich die Rechtsprechung durch, und ein Urteil eines OLG ist ein erster Schritt hierfür, trifft § 22 und die Ausnahmen zur Einwilligung nach § 23 KUG zu. Die Veröffentlichung ist also "gedeckt" und kann nicht durch die Berufung auf die DSGVO unterbunden werden. Es "überschreibt" die DSGVO nicht, wie du dich ausdrückst, sondern, viel besser, interpretiert die DSGVO im Sinne der Meinungs- und Informationsfreiheit.
Puuuh, geschafft.
Gemerkt? Es bleibt ein offener Punkt übrig: Die Veröffentlichung ist damit gedeckt, die Anfertigung der Fotografie, die ja bereits eine Verarbeitung darstellt, allerdings nicht.
Und nun?
Die Gerichte können nun entscheiden, wofür einiges spricht, dass auch die Anfertigung auch nach § 22 und 23 zu behandeln ist oder der Gesetzgeber kann durch das Wort "angefertigt" Klarheit schaffen.