Gast_194966
Guest
Moin!
In dieser Diskussion hatte ich angemerkt, dass man mit kleinen Sensoren keinerlei Schärfentiefe und Hintergrunsschärfe gewinnt, wenn man aus der gleichen Entfernung den gleichen Bildausschnitt fotografiert, solange man nicht auch mehr Beugungsunschärfe toleriert. Und das gilt sowohl im Fern- als auch im Makrobereich. Man hat allerdings einen Belichtungsvorteil, den man am größeren Sensor durch längere Belichtung oder höhere ISO ausgleichen muss (was aber ohne Einbuße an "Bildqualität" möglich ist). Und das weise ich im folgenden aus dem kleinen einfachen strahlenoptischen Modell nach, das jeder Schärfentieferechner benutzt, ergänzt um ein nicht minder einfaches Modell der Beugungsunschärfe. Hier also die Kopie meines Beitrags aus dem NF-F, jetzt hoffentlich für jeden lesbar:
Wir reden hier über eine "Balance" aus Beugungs- und Defokusunschärfe. Die Blende, bei der man die maximale Schärfentiefe erreichen kann, bevor die Beugungsunschärfe die Bildschärfe wieder verschlechtert, nennt man förderliche Blende. Wie die genau zu bestimmen ist, da gibt es verschiedene Ansätze. Einige Quellen rechnen die Blende aus, wo Beugungsunschärfe allein schon den zulässigen Zerstreuungskreis aus der Schärfentieferechnerei erreicht (was falsch wäre, denn dann ist die Schärfentiefe null). Richtiger ist es, Beugungs- und Defokusunschärfe jeweils den halben Beitrag am zul. Z-Kreis zuzugestehen. Je nachdem, wie man die beiden addiert, ergeben sich da schon wieder Unterschiede. Einige addieren einfach stumpf die beiden Unschärfedurchmesser. Ich und viele andere addieren die beiden quadratisch (also de facto die Flächen). Dann dürfen beide Anteile jeweils 1/√2 * zul. Z-Kreis sein. So werde ich im folgenden rechnen.
Der nächste Punkt, wo sich die Geister scheiden, ist die relative Gewichtung der beiden Unschärfeanteile, denn deren Helligkeitsverlauf über den Querschnitt des "Flecks" ist deutlich unterschiedlich. Defokusunschärfe erzeugt (nach dem einfachen strahlenoptischen Modell, das alle ST-Rechner benutzen) einen kreisrunden gleichmäßig hellen Fleck, die Beugung aber eine Airy-Scheibe. Wie ist nun der effektive Durchmesser von diesem Fleck, verglichen mit einem gleichmäßig hellen Fleck? Einige nehmen hier den Durchmesser des mittleren hellen Bereichs, ich nehme die Hälfte davon, und falconeye hat irgendwo ausgerechnet und mir bestätigt, dass das der "Wahrheit" ziemlich nah kommt.
Dieser effektive Durchmesser des Beugungsflecks wäre dann:
zB = 1,22*λ*B*(1+β)
mit β=Abbildungsmaßstab; λ=Wellenlänge des Lichts, i.a. wird 550nm angenommen; B=nominelle Blendenzahl.
Und die förderliche Blende, an der die Beugung nun gerade die Hälfte zur Unschärfe beiträgt, ist dann:
Bf = zzul/(√2*1,22*λ*(1+β))
Jetzt führe ich die Konstante k=1,22*λ ein, das ist leichter zu schreiben. Und die zulässigen Anteile am Zerstreuungskreis seien z0=zzul/√2. Übrigens, wenn man andere Annahmen zum effektiven Durchmesser des Beugungsscheibchens und zur Addition der beiden Anteile macht, ändern sich die Faktoren √2 und 1,22 und damit k, konstant bleiben sie aber.
Außerdem ist der Cropfaktor C noch gar nicht enthalten. Ich nehme mal als Referenz mit C=1 das Kleinbildformat (mit jedem anderen ginge es auch), und da will ich den Abbildungsmaßstab β0 erreichen. Der zul. Z-Kreis ist z0. Mit anderen Formaten will ich die gleiche "Formatfüllung" bekommen, also muss dort der Abbildungsmaßstab β=β0/C sein. Und der zul. Z-Kreis ist zzul=z0/C. Das kann ich nun alles oben einsetzen und bekomme:
Bf = z0/(C*k*(1+β0/C))
Und etwas umgeformt:
Bf = z0/k/(C+β0)
Dies ist aber die nominelle Blende, wie man sie bspw. an einem Objektiv mit Blendenring einstellen würde. Der Effekt der Auszugsverlängerung auf die Beugung wird oben schon durch den Faktor (1+β) berücksichtigt, bei der Schärfentieferechnung wird er ohnehin berücksichtigt. Nur für die Belichtung, also die Bestimmung der passenden Belichtungszeit und ISO, ist die effektive Blende B‘ maßgeblich, und die ist B‘=B*(1+β). Nikon-Kameras zeigen mit vielen Objektiven diese effektive Blende an, andere tun das nicht. Die förderliche effektive Blende ist aber wieder ganz einfach, und übrigens unabhängig vom Abbildungsmaßstab:
B‘f = z0/k/C
Mit der förderlichen Blende Bf erreiche ich die beste Balance aus Beugungsunschärfe und Schärfentiefe. Eine offenere Blende führt zu geringerer Schärfentiefe, eine geschlossenere führt zwar zu noch geringerer Defokusunschärfe, aber stattdessen zu Beugungsunschärfe im gesamten Bild. Ich habe hier aber noch gar nicht gesagt, wieviel Unschärfe ich tolerieren will. Ich setze nur voraus, dass ich bei allen verglichenen Bildern gleich viel Unschärfe toleriere. Die tolerierte Unschärfe bestimmt natürlich die förderliche Blende und sie ändert dadurch auch die Schärfentiefe, aber sie ändert nichts an den Relationen bei verschieden großen Sensoren.
Der nächste zu klärende Punkt ist die äquivalente Brennweite. Es sollen aus gleichen Abständen g0 gleich große Motive formatfüllend, also mit dem Abbildungsmaßstab β = β0/C, fotografiert werden, wie mit dem Referenzformat bei Brennweite f0. Hier muss erwähnt werden, dass g0 die Gegenstandsweite ist, gemessen ab der normalerweise unbekannten vorderen Hauptebene. Es ist nicht der Arbeitsabstand vor der Frontlinse und auch nicht die Fokusdistanz ab der Sensorebene! Eingesetzt in die Linsengleichung und ein bisschen umgeformt findet man:
f = f0*(1+ β0)/(C+ β0)
Nur bei kleinen Abbildungsmaßstäben β0, also bei großen Fokusentfernungen, wird daraus das bekannte f= f0/C. Für die weiteren Rechnungen hier kann ich aber einfach die Brennweite f über den Abstand g0 und den Abbildungsmaßstab β ausdrücken:
f = g0/(1+1/ β) = g0/(1+C/ β0)
Für die Berechnung der Schärfentiefe verweise ich mal hierauf. Die "alles entscheidende" Größe dort ist zrel∞. Die Schärfentiefe selber ist
∆g = 2* g0/( zrel∞-1/ zrel∞)
Die hängt also bei dem hier konstant angenommenen g0 nur noch von zrel∞ ab. Und das ist nun wieder zrel∞=f* β/B/ zzul (im verlinkten Beitrag steht auch β0, aber das hat dort eine andere Bedeutung). Wenn man hier nun die oben gefundenen zzul, Bf, β und f einsetzt und ein bisschen umformt, findet man:
zrel∞ = g0* β0² *k/ z0²
Aus diesem Ausdruck ist der Cropfaktor C verschwunden, zrel∞ und damit die größte erreichbare Schärfentiefe ∆g ist also unabhängig von der Sensorgröße.
Man muss dafür aber an großen Sensoren kleinere nominelle Blenden einstellen und insbesondere ergeben sich bei großen Abbildungsmaßstäben, die ja am großen Sensor noch größer sein müssen, noch kleinere effektive Blenden. Diese effektiven Blenden stehen aber genau im Verhältnis der Cropfaktoren. Man kann also bei kleinen Sensoren um 1/C² kürzer belichten oder um 1/C² geringere ISO benutzen. Wenn man gleiche Belichtungszeiten wählt und diesen Ausgleich über die ISO macht (also höhere ISO am großen Sensor), bekommt man sogar näherungsweise gleiches Bildrauschen und Dynamik.
Nun wird aber oft und gern behauptet, dass kleine Sensoren gerade bei Makro einen grundsätzlichen Schärfentiefevorteil haben. Ist das nur der Belichtungsvorteil bei gleicher erreichbarer Schärfentiefe? Oder was übersehe ich hier? Wer findet den Fehler?
Gruß, Matthias
In dieser Diskussion hatte ich angemerkt, dass man mit kleinen Sensoren keinerlei Schärfentiefe und Hintergrunsschärfe gewinnt, wenn man aus der gleichen Entfernung den gleichen Bildausschnitt fotografiert, solange man nicht auch mehr Beugungsunschärfe toleriert. Und das gilt sowohl im Fern- als auch im Makrobereich. Man hat allerdings einen Belichtungsvorteil, den man am größeren Sensor durch längere Belichtung oder höhere ISO ausgleichen muss (was aber ohne Einbuße an "Bildqualität" möglich ist). Und das weise ich im folgenden aus dem kleinen einfachen strahlenoptischen Modell nach, das jeder Schärfentieferechner benutzt, ergänzt um ein nicht minder einfaches Modell der Beugungsunschärfe. Hier also die Kopie meines Beitrags aus dem NF-F, jetzt hoffentlich für jeden lesbar:
Wir reden hier über eine "Balance" aus Beugungs- und Defokusunschärfe. Die Blende, bei der man die maximale Schärfentiefe erreichen kann, bevor die Beugungsunschärfe die Bildschärfe wieder verschlechtert, nennt man förderliche Blende. Wie die genau zu bestimmen ist, da gibt es verschiedene Ansätze. Einige Quellen rechnen die Blende aus, wo Beugungsunschärfe allein schon den zulässigen Zerstreuungskreis aus der Schärfentieferechnerei erreicht (was falsch wäre, denn dann ist die Schärfentiefe null). Richtiger ist es, Beugungs- und Defokusunschärfe jeweils den halben Beitrag am zul. Z-Kreis zuzugestehen. Je nachdem, wie man die beiden addiert, ergeben sich da schon wieder Unterschiede. Einige addieren einfach stumpf die beiden Unschärfedurchmesser. Ich und viele andere addieren die beiden quadratisch (also de facto die Flächen). Dann dürfen beide Anteile jeweils 1/√2 * zul. Z-Kreis sein. So werde ich im folgenden rechnen.
Der nächste Punkt, wo sich die Geister scheiden, ist die relative Gewichtung der beiden Unschärfeanteile, denn deren Helligkeitsverlauf über den Querschnitt des "Flecks" ist deutlich unterschiedlich. Defokusunschärfe erzeugt (nach dem einfachen strahlenoptischen Modell, das alle ST-Rechner benutzen) einen kreisrunden gleichmäßig hellen Fleck, die Beugung aber eine Airy-Scheibe. Wie ist nun der effektive Durchmesser von diesem Fleck, verglichen mit einem gleichmäßig hellen Fleck? Einige nehmen hier den Durchmesser des mittleren hellen Bereichs, ich nehme die Hälfte davon, und falconeye hat irgendwo ausgerechnet und mir bestätigt, dass das der "Wahrheit" ziemlich nah kommt.
Dieser effektive Durchmesser des Beugungsflecks wäre dann:
zB = 1,22*λ*B*(1+β)
mit β=Abbildungsmaßstab; λ=Wellenlänge des Lichts, i.a. wird 550nm angenommen; B=nominelle Blendenzahl.
Und die förderliche Blende, an der die Beugung nun gerade die Hälfte zur Unschärfe beiträgt, ist dann:
Bf = zzul/(√2*1,22*λ*(1+β))
Jetzt führe ich die Konstante k=1,22*λ ein, das ist leichter zu schreiben. Und die zulässigen Anteile am Zerstreuungskreis seien z0=zzul/√2. Übrigens, wenn man andere Annahmen zum effektiven Durchmesser des Beugungsscheibchens und zur Addition der beiden Anteile macht, ändern sich die Faktoren √2 und 1,22 und damit k, konstant bleiben sie aber.
Außerdem ist der Cropfaktor C noch gar nicht enthalten. Ich nehme mal als Referenz mit C=1 das Kleinbildformat (mit jedem anderen ginge es auch), und da will ich den Abbildungsmaßstab β0 erreichen. Der zul. Z-Kreis ist z0. Mit anderen Formaten will ich die gleiche "Formatfüllung" bekommen, also muss dort der Abbildungsmaßstab β=β0/C sein. Und der zul. Z-Kreis ist zzul=z0/C. Das kann ich nun alles oben einsetzen und bekomme:
Bf = z0/(C*k*(1+β0/C))
Und etwas umgeformt:
Bf = z0/k/(C+β0)
Dies ist aber die nominelle Blende, wie man sie bspw. an einem Objektiv mit Blendenring einstellen würde. Der Effekt der Auszugsverlängerung auf die Beugung wird oben schon durch den Faktor (1+β) berücksichtigt, bei der Schärfentieferechnung wird er ohnehin berücksichtigt. Nur für die Belichtung, also die Bestimmung der passenden Belichtungszeit und ISO, ist die effektive Blende B‘ maßgeblich, und die ist B‘=B*(1+β). Nikon-Kameras zeigen mit vielen Objektiven diese effektive Blende an, andere tun das nicht. Die förderliche effektive Blende ist aber wieder ganz einfach, und übrigens unabhängig vom Abbildungsmaßstab:
B‘f = z0/k/C
Mit der förderlichen Blende Bf erreiche ich die beste Balance aus Beugungsunschärfe und Schärfentiefe. Eine offenere Blende führt zu geringerer Schärfentiefe, eine geschlossenere führt zwar zu noch geringerer Defokusunschärfe, aber stattdessen zu Beugungsunschärfe im gesamten Bild. Ich habe hier aber noch gar nicht gesagt, wieviel Unschärfe ich tolerieren will. Ich setze nur voraus, dass ich bei allen verglichenen Bildern gleich viel Unschärfe toleriere. Die tolerierte Unschärfe bestimmt natürlich die förderliche Blende und sie ändert dadurch auch die Schärfentiefe, aber sie ändert nichts an den Relationen bei verschieden großen Sensoren.
Der nächste zu klärende Punkt ist die äquivalente Brennweite. Es sollen aus gleichen Abständen g0 gleich große Motive formatfüllend, also mit dem Abbildungsmaßstab β = β0/C, fotografiert werden, wie mit dem Referenzformat bei Brennweite f0. Hier muss erwähnt werden, dass g0 die Gegenstandsweite ist, gemessen ab der normalerweise unbekannten vorderen Hauptebene. Es ist nicht der Arbeitsabstand vor der Frontlinse und auch nicht die Fokusdistanz ab der Sensorebene! Eingesetzt in die Linsengleichung und ein bisschen umgeformt findet man:
f = f0*(1+ β0)/(C+ β0)
Nur bei kleinen Abbildungsmaßstäben β0, also bei großen Fokusentfernungen, wird daraus das bekannte f= f0/C. Für die weiteren Rechnungen hier kann ich aber einfach die Brennweite f über den Abstand g0 und den Abbildungsmaßstab β ausdrücken:
f = g0/(1+1/ β) = g0/(1+C/ β0)
Für die Berechnung der Schärfentiefe verweise ich mal hierauf. Die "alles entscheidende" Größe dort ist zrel∞. Die Schärfentiefe selber ist
∆g = 2* g0/( zrel∞-1/ zrel∞)
Die hängt also bei dem hier konstant angenommenen g0 nur noch von zrel∞ ab. Und das ist nun wieder zrel∞=f* β/B/ zzul (im verlinkten Beitrag steht auch β0, aber das hat dort eine andere Bedeutung). Wenn man hier nun die oben gefundenen zzul, Bf, β und f einsetzt und ein bisschen umformt, findet man:
zrel∞ = g0* β0² *k/ z0²
Aus diesem Ausdruck ist der Cropfaktor C verschwunden, zrel∞ und damit die größte erreichbare Schärfentiefe ∆g ist also unabhängig von der Sensorgröße.
Man muss dafür aber an großen Sensoren kleinere nominelle Blenden einstellen und insbesondere ergeben sich bei großen Abbildungsmaßstäben, die ja am großen Sensor noch größer sein müssen, noch kleinere effektive Blenden. Diese effektiven Blenden stehen aber genau im Verhältnis der Cropfaktoren. Man kann also bei kleinen Sensoren um 1/C² kürzer belichten oder um 1/C² geringere ISO benutzen. Wenn man gleiche Belichtungszeiten wählt und diesen Ausgleich über die ISO macht (also höhere ISO am großen Sensor), bekommt man sogar näherungsweise gleiches Bildrauschen und Dynamik.
Nun wird aber oft und gern behauptet, dass kleine Sensoren gerade bei Makro einen grundsätzlichen Schärfentiefevorteil haben. Ist das nur der Belichtungsvorteil bei gleicher erreichbarer Schärfentiefe? Oder was übersehe ich hier? Wer findet den Fehler?

Gruß, Matthias
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