AW: Digitales Schärfen - Grundlagen (Vorsicht: sehr lang mit vielen Bildern!)
14. Ebenenbasiertes Schärfen - Luminanz-Methode
Wie wir im vorherigen Abschnitt gesehen haben, ist das Verblassen-Werkzeug eine einfach und schnell anzuwendende Methode. Die ebenenbasierte Schärfungsmethode ist nicht sehr viel komplizierter. Auf den ersten Blick wirkt sie sogar so einfach, dass wir schnell geneigt sind, sie zu unterschätzen. Das wäre aber ein großer Fehler. Ebenenbasiertes Schärfen ist ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung zum optimierten Schärfen.
Das ebenenbasierte Schärfen hat drei große Vorteile. Erstens eliminiert es das Farbsaumproblem. Zweitens wird es auf einer eigenen Ebene angewandt, kann also ebenso vollständig rückgängig gemacht werden wie die Schärfung mit dem Hochpassfilter. Aber anders als dieser gewährt uns das ebenenbasierte Schärfen noch viel größere Flexibilität. Während die Schärfung mit dem Hochpassfilter uns nur eine Schärfungsmethode lässt (internes USM), können wir uns beim ebenenbasierten Schärfen die Methode aussuchen, die besser passt. Der größte Vorteil allerdings ist der, dass das ebenenbasierte Schärfen uns die Tür öffnet, die zu den Geheimnissen hervorragender Schärfungsergebnisse führt, indem wir mit Masken und Filtern aller Art arbeiten können.
Grundsätzlich gibt es zwei Wege für das Arbeiten beim ebenenbasierten Schärfen. Der erste führt über eine Kopie der Hindergrundebene ("HG-Kopie-Schärfung"). Dies wird angewendet, wenn die originalen Bildinformationen geschärft werden und die eigentliche Retusche-Arbeit auf übergeordneten Ebenen stattfinden soll. Der zweite Weg führt über eine Schärfung über alle Ebenen hinweg ("Alle-Ebenen-Schärfung"). Sie wird ganz zum Schluss angewendet, wenn sämtliche Bildbearbeitungsschritte abgeschlossen sind. Die Unterscheidung dieser zwei Möglichkeiten wird wichtig, wenn wir später zum dreistufigen Schärfen kommen.
Die "HG-Kopie-Schärfung "beginnt mit der Ebenen-Palette (Bild 7). Wir kopieren die Hintergrundebene durch ziehen der Ebene auf das Symbol "Neue Ebene erstellen". Den Überblendmodus stellen wir auf "Luminanz" und die Deckkraft auf 50%. Zur besseren Übersicht nennen wir die Ebene "Schärfung" (Bild 8).
Wir haben uns so eine eigene Schärfungsebene erzeugt, auf der wir jetzt ungehemmt schärfen können (zum eigentlichen Schärfen kommen wir gleich noch). So einfach ist das.
Bild 7, Bild 8
Es ist wichtig zu verstehen, was wir da gemacht haben. Im Wesentlichen haben wir eine exakte Kopie unseres Bildes erstellt, auf dem wir das Schärfen nun durchführen können. Ein wichtiger Punkt ist der, dass wir den Überblendmodus auf "Luminanz" gesetzt haben. Dieser Modus lässt uns mit den Helligkeitswerten des Bildes arbeiten, ohne die Farbtöne oder die Sättigung zu beeinflussen. Mit anderen Worten: Änderungen an den Helligkeitswerten werden sichtbar, Änderungen an den Farben nicht. Das ist deshalb wichtig, weil Schärfung ja durch Helligkeitsänderung an den Kontrastkanten den Kantenkontrast (Tonwertunterschied) ändern und somit den Schärfeeindruck verstärken soll. Weiterhin bewahrt uns dieser Überblendmodus davor, Farbsäume zu verstärken, weil ja nun gar nicht mit Farbwerten gearbeitet wird.
Bevor wir gleich zum eigentlichen Schärfen kommen, wollen wir uns kurz die "Alle-Ebenen-Schärfung" ansehen. Auch sie beginnt mit der Ebenen-Palette (Bild 9).
Bild 9
Wir sehen hier außer der Hintergrundebene mehrere weitere Ebenen, die im Verlauf einer vorangegangene Bildbearbeitung erzeugt wurden. Für die "Alle-Ebenen-Schärfung" brauchen wir eine zusätzliche Ebene, in welche wir die Effekte der vorhandenen Ebenen zusammenfassen. Bitte beachten: die Effekte werden zusammengefasst, nicht die Ebenen selbst! Diese bleiben weiter so bestehen, wie sie sind. Gehen wir also wie folgt vor: Wir aktivieren die oberste Ebene im Bild und erzeugen über das Menü "Ebene/Neu/Ebene" eine leere Ebene (alternativ über Alt-Klick auf das Symbol "Neue Ebene erstellen" in der Ebenen-Palette, Option-Klick beim MAC)). Ein Dialog erscheint (Bild 10).
Bild 10
Den Namen der neuen Ebene ändern wir auf "Schärfung". Die Option "Schnittmaske aus vorheriger Ebene erstellen" sollte nicht aktiviert sein, als Farbe wählen wir "ohne", der Modus steht auf "Normal", die Deckkraft auf 100%. Mit klick auf "OK" wird unsere neue Ebene als oberste Ebene über allen anderen erzeugt. Falls sie nicht ganz oben liegt, ziehen wir sie einfach dort hin.
Um die Ebeneneffekte unserer schon bestehenden Ebenen nun zusammenfassen zu können, aktivieren wir die neue Schärfungsebene. Wir drücken die ALT-Taste (Option beim MAC) und halten sie gedrückt und wählen mit gedrückter linker Maustaste im Menü "Ebene/sichtbare auf eine Ebene reduzieren". Die Schärfungsebene wird so zu einer exakten Kopie aller darunter liegenden Ebenen. Zum Schluss stellen wir den Überblendmodus auf "Luminanz" und die Deckkraft auf 50%. Bild 11 zeigt ein Ergebnisbeispiel.
Bild 11
Die erzeugte Schärfungsebene lässt nun - genau wie bei der "HG-Kopie-Schärfung" nur Änderungen an den Helligkeitswerten zu. Auch hier umgehen wir also das Farbsaumproblem recht einfach.
Die eigentliche Schärfung ist ziemlich gradlinig und für beide Methoden gleich. Wir wählen unsere Schärfungsebene aus und wenden dort einfach unsere bevorzugte Schärfungstechnik (z.B. USM oder den selektiven Scharfzeichner) an.
Nachdem wir das getan haben, kann es an die Feineinstellung gehen. Die erste Feineinstellung betrifft die Deckkraft. Eine Erhöhung der Deckkraft verstärkt die Schärfung, eine Rücknahme der Deckkraft verringert sie entsprechend.
Die zweite Feineinstellung betrifft den Farbbereich der Ebenen-Fülloptionen. Wir finden diese Einstellung über das Menü "Ebene/Ebenstil/Fülloptionen" oder einen Klick auf das entsprechende Symbol am unteren Rand der Ebenen-Palette. Bild 12 zeigt den geöffneten Dialog.
Bild 12
Für unser Schärfungsvorhaben sollte der Farbbereich auf "Graustufen" stehen. Der darunter zu findende Regler "Diese Ebene" ermöglicht uns nun, den Tonwertbereich einzugrenzen, auf den unsere Schärfung Anwendung finden soll. Wie wir im Abschnitt über den selektiven Scharfzeichner gelernt haben, sollten wir Tiefen, also dunkle Tonwertbereiche, vor dem Überschärfen schützen, weil Tiefen mehr Rauschen enthalten und wir ja nicht das Rauschen mitschärfen wollen und zu starke Schärfung der Tiefen ja auch die Aufmerksamkeit des Betrachters ungewollt auf die falschen Bildteile lenken kann. Wir haben dort auch gelernt, dass auch die Lichter geschützt werden müssen, um ein Ausbrennen zu vermeiden. Mit diesem Farbbereichsregler kontrollieren wir nun recht genau, auf welche Tonwertbereiche die Schärfung angewendet werden soll und schützen somit die Tiefen und Lichter im Bild.
Bewegen wir den linken Regler (schwarze Marke, Schattenregler) nach rechts, so beeinflussen wir, welche dunklen Tonwertbereiche ausgeschlossen werden. Bewegen wir den rechten Regler (weiße Marke, Lichterregler) nach links, so machen wir das gleiche für die Lichter. Bild 13 zeigt ein Beispiel.
Bild 13
In diesem Beispiel wurde der Schattenregler auf einen Wert von 15 gezogen (der Bereich geht von 0 bis 255). Das bedeutet, dass keinerlei Tonwert unter 15 von der Schärfung berührt wird. Der Lichterregler steht auf 240, was bedeutet, dass alle Tonwerte über 240 nicht geschärft werden.
Nichts desto trotz bereitet uns das aber ein kleines Problem. Es tritt nun ein recht abrupter Übergang von geschärften zu ungeschärften Bereichen im Bild auf. Alle Werte unter 15 werden nicht geschärft, alle darüber werden geschärft. Das könnte auf einem Ausdruck deutlich zu sehen sein. Das gleiche trifft auch auf die Lichter zu. Werte über 240 werden nicht geschärft, Werte darunter werden geschärft. Auch das mag zu deutlich sichtbaren Übergängen führen.
Glücklicherweise kennen wir aber eine Lösung (spätestens nach den nächsten Sätzen

). Wir klicken den jeweiligen Marker mit gedrückter ALT-Taste (Option beim MAC) an, was dazu führt, dass die Marke sich in zwei kleine Dreiecke teilt, wenn wir mit der gedrückten Maustaste ziehen. Falls das nicht sofort klappt, einfach ein paar Mal versuchen. Es geht wirklich. Mit diesen geteilten Markern können wir nun einen Übergangsbereich definieren. Die inneren Teilmarker geben an, wo der Schutzeffekt gegen die Schärfung beginnen soll, die äußeren geben an, wo der Schutz voll greifen soll. Bild 14 verdeutlicht das.
Bild 14
Die Schärfung in den Tiefen beginnt langsam bei Tonwert 20 zu verblassen. Ab Tonwert 7 wird gar nicht mehr geschärft. Auf der Lichterseite wird ab Tonwert 238 langsam weniger geschärft, ab Tonwert 252 gar nicht mehr. Die abrupten Übergänge haben wir so erfolgreich eliminiert. Zusätzlich erhalten wir eine größere Kontrolle über die zu schärfenden Bereiche und deren Schärfungsstärke.
Die Bilder 15 und 16 zeigen ein Beispiel für die ebenenbasierte Schärfungsmethode. Bild 15 zeigt den ungeschärften Ausschnitt, Bild 16 den geschärften.
Bild 15, Bild 16