Ich habe heute Abend einen Direktvergleich zwischen Beamer und Diaprojektor (mit ausbelichtetem Digitalbild) angestellt. War sehr interessant und teilweise auch für mich überraschend; bisher hatte ich immer nur eins von beiden gesehen, aber nie den Direktvergleich.
Beamer war der BenQ W600 (günstiger Heimkino-Beamer mit DLP-Technik und 1280x720 Pixeln; für mein Foto im Format 3:2 wurden davon ca. 1080x720 genutzt). Als Farbmodus war sRGB (ohne weitere Korrekturen) eingestellt.
Diaprojektor war ein Leica Pradovit P600IR mit 250-Watt-Lampe und dem Hektor 2,8/85 als Projektionsobjektiv.
Das Foto hatte ich bei einem Dienstleister auf Fuji Sensia 100 ausbelichten lassen. Die Bildddatei wurde per Netbook/VGA an den Beamer übertragen.
Ich habe zunächst den Diaprojektor in Betrieb genommen. Das Projektionsbild erschien mir sehr klar und einwandfrei.
Als ich dann den Beamer einschaltete, kam mir dessen Bild jedoch viel heller, schärfer und farblich deutlich besser vor.
Laut Belichtungsmesser ist der Beamer (trotz Sparschaltung) ca. 1 Blende heller als der Diaprojektor. Entscheidender für meinen subjektiven Eindruck war aber wohl die Farbtemperatur, die beim Diaprojektor sehr viel wärmer ist.
Hier merkt man, wie das Auge sich täuschen lässt: Solange man nur das Bild des Diaprojektors sieht, empfindet man dessen Farben als neutral. Hat sich das Auge dann an den Beamer gewöhnt, empfindet man den Diaprojektor viel zu gelb. Wobei ich den Eindruck habe, dass man sich an die tageslicht-ähnliche Beamer-Farbtemperatur leichter gewöhnt.
Die subjektive Detailschärfe hängt erwartungsgemäß vom Betrachtungsabstand ab. Etwa aus der Entfernung, die der doppelten Leinwandbreite entspricht, sind beide Bilder scharf und man sieht kein Pixelraster; lediglich in feinen Details (im gezeigten Beispiel z. B. die Dachplatten des Hauses) sieht das Beamer-Bild etwas unsauber aus, so als seien leichte Artefakte drin. Insgesamt erscheint das Beamer-Bild etwas schärfer/scharfgezeichnet und hat keine Randunschärfen wie das (ungeglast gerahmte) Dia.
Aus etwas größerer Betrachtungsentfernung nivellieren sich alle diese Eindrücke. Geht man sehr nah an die Leinwand, sieht man allerdings deutlich das Pixelraster des Beamers, während das Dia viel homogener wirkt und seinen zweifellos vorhandenen Auflösungs-Vorteil ausspielt.
Mein Gesamteindruck: Der Beamer liefert das hellere, farblich bessere und auf den ersten Blick schärfere Bild, zeigt aber in der Detailwiedergabe aus kürzerer Entfernung Unsauberkeiten. Zuschauer, die in der Entfernung von mindestens doppelter Leinwandbreite sitzen, werden ganz sicher das Bild des Beamers vorziehen.
Für große Projektion oder kürzeren Betrachtungsabstand wünscht man sich noch etwas mehr Auflösung. Inwieweit ein DLP-Beamer mit 1920x1080 Pixeln oder ein LCOS-Beamer mit 1400x1050 Pixeln diese Anforderungen erfüllt, konnte ich in Ermangelung solcher Geräte nicht ausprobieren.
Die Eindrücke sind schwer im Foto wiederzugeben, aber ich versuche es trotzdem:
"vergleich_angepasst" zeigt beide Bilder, nachdem ich an der Kamera Belichtung und Weißabgleich jeweils korrekt eingestellt hatte. (Das Dia wurde doppelt so lang belichtet wie der Beamer.)
"vergleich_angepasst_crop" zeigt, was man aus unmittelbarer Nähe sehen kann (aber so nah geht man normalerweise nicht ran).
"vergleich_direkt" zeigt beide Projektionsbilder als Direktvergleich ohne Anpassung von Helligkeit und Weißabgleich.
EDIT: Ich habe noch ein vollständiges Abbild der Beamer-Projektion in höherer Auflösung hochgeladen:
KLICK Darauf sieht man recht gut die auflösungsbedingten Unsauberkeiten (Treppchen-Effekte etc.), die aus zu kurzer Betrachtungsdistanz sichtbar werden.
Stellt sich die Frage, was man aus diesem Vergleich lernen kann. Ich habe ja weder einen Edel-Diaprojektor noch einen Edel-Beamer verwendet.
Es gibt bessere Projektoren (auch solche mit stärkeren Lampen von kühlerer Farbtemperatur), bessere Diarahmen, bessere Projektionsobjektive.
Es gibt aber auch bessere Beamer (mit noch mehr Helligkeit, besseren Kontrastwerten, höherer Auflösung und/oder weniger sichtbarem Raster).
Ich denke dennoch, so als erster Vergleich zwischen einem bezahlbaren Beamer und einer bezahlbaren Dia-Ausbelichtung hat mein Versuch durchaus Aussagekraft.