Da ich beruflich regelmäßig mit dem Thema „Produktfoto“ zu tun habe, will auch ich meine Sichtweise darstellen.
Der Begriff „das Produktfoto“ ist tatsächlich nirgendwo genau definiert. Das stelle ich unter anderem daran fest, dass sich die Vorstellungen derer, die bei mir Produktbilder anfragen, immer wieder unterscheiden. Ginge es nach Jeff Bezos, so besteht ein Produktfoto aus der Darstellungen eines Produkts, das 80% der Bildfläche ausfüllt und keinen Schatten, keine Spiegelung, keinerlei Deko und nicht mal einen Hintergrund zeigen darf. Danach wäre hier alle inkl. der Sieger an dem Thema gescheitert.
Zum Glück wurde das so nur für die Galeriebilder seiner Verkaufsplattform vorgegeben. Im weiteren Listing kommen dann auch gern freiere Fotokonzepte zum Einsatz. Wobei aber da nicht mehr jedes Bild in die Kategorie „Produktfoto“ gehört. Das sind dann eher Anwendungsbilder, gestaltete Sachaufnahmen bis hin zum Stilllifes und Lifestyle-Bildern. Von denen wir hier auch einige gesehen haben, die durchaus mit mehr Aufwand als manches Siegerbild entstanden sind.
Produktbilder die verkaufen sollen, sollten auf offenen Verkaufsplattformen eine Vergleichbarkeit innerhalb einer Produktkategorie ermöglichen. Auf geschlossenen Plattformen, sprich dem eigenen Webshop, gilt das nur bedingt. Aber auch da sollte sollte nicht wüst zwischen verschiedenen Konzepten, Perspektiven, Lichtführungen und Gestaltungen herumgesprungen werden.
Von daher ist für mich „das Produktbild“ eine sehr reduzierte Art der Produktpräsentation, die nicht nur auf ein Produkt individualisiert wird, sondern eine gewisse Allgemeingültigkeit hat. Was aber nicht bedeutet, dass es innerhalb solcher vereinfachten Fotokonzepte nicht doch auch große Unterschiede bei der Umsetzung geben kann.
Auch wenn ein Produktfoto je nach Verwendungszweck auch ein Werbefoto ist, gilt das umgekehrt nicht unbedingt. Ein gutes Werbefoto zielt oft nicht nur auf eine optimale Produktdarstellung ab. Hier dürfen auch Geschichten erzählt und Stimmungen erzeugt werden. Durch einen freieren Umgang mit dem Licht, den Perspektiven, Unter- und Hintergründen, Dekomterial, etc.. Was häufig zu Lasten der optimalen Produktdarstellung geht, dem Fotografen aber mehr als sauberes Handwerk, nämlich auch Kreativität abverlangt. Und zu den schöneren Fotos als „Gesamtkunstwerk“ führt. Von daher wundert es mich nicht, dass nach dieser meiner „Definition“ einige übers Ziel hinaus geschossen sind und schöne Werbefotos, aber eben keine Produktfotos gemacht haben.
Nicht umsonst sind in der professionellen Studiofotografie Werbeaufnahmen höher dotiert als reine Produktaufnahmen. Bei letzteren setzt man voraus, dass jeder Profi sein Handwerk versteht, bei ersterem „verkauft“ der Fotograf seine Seele.
Deshalb brachte mich auch der „Bockwurst-Beitrag“ auf den Gedanken, alle die Lust darauf haben, im Rahmen eines Foodfotografie-Wettbewerbs allein mit dem gemeinsamen Hero Bockwurst gegeneinander anzutreten. Mal nur so als Anregung für @Frosty. Bei gleicher Ausgangssituation aber freier Interpretation kann ich mir da interessante Beiträge vorstellen.
Zu meinem Wettbewerbsbeitrag, dem Bluetooth-Speaker auf schwarzem Acryl kamen ein paar Anmerkungen, die ich gern aufgreifen möchte.
Meist gestellte Frage, warum die Spiegelung angeschnitten sein. Die Spiegelung an sich hat keinen Anteil an der eigentlichen Produktdarstellung, liefert also keine zusätzlichen Information, sondern veredelt nur den Gesamteindruck. Das würde bei einer Bockwurst genau so funktionieren, wie bei einer Rolex. Von daher hat sie von mir nicht den gleichen Raum bekommen wie das Produkt selbst. Wäre die Spiegelung ganz zu sehen, dann wäre das Motiv klappsymmetrisch und damit noch unspannender als es ohnehin schon ist. Soweit meine Begründung. Ich verstehe aber auch jeden, der sich im Rahmen dieses Contest daran stört.
Nein, das ist kein Rendering, wie einer hier vermutete. Der vielleicht etwas zu cleane Eindruck ist möglicherweise u.a. damit zu erklären, dass die Aufnahme mit einer Fachkamera entstanden ist, mit der z.B. die Schärfe auf die diagonale Ebene der Box gelegt werden kann. Das heißt nicht, dass so eine Aufnahme mit einer starren Kamera aufgenommen unscharf wäre. Es ist aber doch ein anderer Eindruck an Schärfe.
Nein, das ist kein Bild, das ich beim Hersteller geklaut habe. Hersteller fotografieren in den seltensten Fällen selbst, sondern lassen bei Menschen wie mir fotografieren. Vielleicht stammt daher der Eindruck.
Die blaue Leuchtdiode ist schon echt und Produktbestandteil. Zu allem Überfluss blinkte das Ding auch noch im Paring-Modus. Daher auch die 30 sec. Belichtungszeit. Dass da laut Exif kein Blitz ausgelöst wurde ist natürlich Quatsch. Das Bild wurde mit Studioblitzen mit abgeschaltetem Einstellllicht bei abgedunkeltem Studio gemacht.
Zuletzt sei noch gesagt, dass viele in ihren Beitrag weitaus mehr Energie und Zeit gesetzt haben. Dagegen habe ich ein Produkt gewählt, von dem ich aus Erfahrung wissen konnte, dass es recht dankbar mit dem Licht umgeht und schwarz in schwarz mit Spiegelung immer eine plakative Darstellungsform ist. Mal ganz abgesehen davon, dass ich unter Studiobedingungen arbeiten konnte. Was bei einem solchen Thema natürlich schon ein enormer Wettbewerbsvorteil ist, der den meisten nicht gegeben ist. Daher noch mal Danke für eure Punkte und Glückwunsch an alle, die sich hier ebenso wacker geschlagen haben. Selbst wenn sie dieses Mal leer ausgegangen sein sollten.
Grüße vom Raben