Einen wunderschönen,
am Dienstag war (für mich) Weihnachten und der nette Postbote hat ein hübsches Paket mit einer 5DIII, dem 24-70VC und dem EF24-105L ins Haus gebracht. Letzteres, da ich mich nicht zwischen den beiden Objektiven entscheiden kann und daher mal die Vorzüge des Fernabsatzgesetztes nutzen werde .. sprich: Eins von beiden muß im Laufe der nächsten Woche zurück.
Nach einer Reihe von Test- und auch "real life" Aufnahmen gestern, habe ich im direkten Vergleich folgende Erkenntnisse gewonnen und würde mich freuen, wenn Ihr sie bestätigen/widerlegen könntet:
Haptik/Bauqualität/Größe/Gewicht
Die beiden Objektive sind fast gleich groß, fast gleich schwer und nehmen sich in der Verarbeitung nichts. Das EF wirk geringfügig Wertiger (da mehr Metall) und hat ein winziges bisschen weniger Spiel, aber das ist nicht praxisrelevant. Der Angeberfaktor ist beim Tamron vielleicht geringer (kein roter Ring - dafür aber eine größere Frontlinse

).
Was mich persönlich am EF sehr stört, ist der wirklich sehr kleine und nah an der Kamera gelegene Zoomring - dieser Kollidiert mit meiner antrainierten Kamerahaltung. Das Tamron war mir daher auf Anhieb sympathischer, auch wenn der Zoomring ungewohnt "falsch rum" läuft. Aber er ist für mich größer, griffiger und besser positioniert. Für Videoprofis mag das EF besser sein (Zoomring größer und genauer), mir ist in dieser Disziplin unterm Strich das Tamron lieber.
Stabilisator
Hier habe ich eine Versuchsreihe mit Zeiten von 1/5 bis 1/30 Sekunden (freihand, 70mm, f/4, je 10x das gleiche Motiv) gemacht und anschließend gezählt, welches von beiden besser war. In diesem Test hat das EF geringfügig besser abgeschnitten (z.B. bei 1/5 sec.: 8/10 Bilder scharf beim EF, 7/10 beim Tammi). Allerdings muß man bedenken, dass beim Tamron noch die Blende 2.8 zur Verfügung stünde, also halbierte Zeiten. Ein etwas eigenartiger Effekt ist, dass beim EF die Zahl der verwackelten Bilder linear zur Verschlußzeit zunimmt, während das Tamron relativ zufällig verteilt ab 1/20 mal ein Bild versaut. Aber ganz klar: scharfe Bilder bei 70mm und 1/5 sec. ist eine super Leistung von beiden, auch wenn es einzelne Ausfälle dabei gibt.
Der zweite Aspekt ist, dass dem Stabi des Tamron ja nachgesagt wird, bei bestimmten Verschlusszeiten Bilder zu versauen bzw. eine lange Einschwingzeit zu brauchen. Das habe ich versucht bei verschiedenen Zeiten zwischen 1/30 und 1/125 zu provozieren, auch mit Schnappschüssen (gewartet, bis der Stabi aus ist, dann direkt den Auslöser durchgedrückt). In keinem Fall konnte ich diesen Effekt beobachten. Allerdings ist mir aufgefallen, dass manchmal das Sucherbild ca. 1-2 Sekunden nach Aktivierung des Stabi "springt". Wenn man just in dem Moment auslöst, dürfte das Bild schrott sein.
Alles in allem: Der VC des Tamron macht einen guten Job, aber der IS des EF macht es ein bisschen (!) besser. Punkt für das Canon.
Autofocus
Beim AF sind zwei Dinge zu unterscheiden, nämlich Genauigkeit und Geschwindigkeit.
Bei der Geschwindigkeit bin ich erst mal von beiden Objektiven etwas enttäuscht. Mein EF-S 17-55 an der 40D ist wesentlich schneller und packt auch exakter zu (an beiden Kameras: Single-Shot, zentrales AF-Feld). ein EF 70-200 ist dann noch mal in einer anderen Liga.
Aber gut, wir reden hier über ein Standard-Zoom, wo der AF-Speed nicht sooo relavant ist. Die beiden Objektive unterscheiden sich eigentlich nicht so stark, aber es gibt psychologische unterschiede. Der AF des Canon legt sofort schnell los, schieße gerne mal übers Ziel hinaus und korrigiert dann leicht zurück. Das Tamron braucht erst mal 1/10 oder 2/10 sec. bis es losläuft, hält kurz vor dem Ziel an und korrigiert dann nach. Dabei wirkt es so (und klingt auch so - der AF ist etwas lauter), als wenn es deutlich mehr Masse bewegen müsste.
Grundsäzlich gilt (wie immer): Je dunkler es ist und je weniger Kontrast ein angepeiltes Objekt hat, desto länger dauert es.
Bei der Genauigkeit des AF konnte ich keine Unterschiede erkennen, weder im one-shot noch bei der Nachführung. Beide Objektive treffen sehr gut, auch bei (sehr) wenig Licht.
Unterm Strich ein leichter Vorteil für den AF des Canon. Ich würde das aber in keinster Weise als "AF-Problem" sehen.
Bildqualität
Auf zum für einen Laientest schwersten Teil. Zunächst eine Anmerkung: Ich habe in allen Tests die Bilder per RAW nach Lightroom gebracht, dort die Objektivprofilkorrektur eingeschaltete (weil: das mache ich immer!), Schärferegler auf 25 / 1,0 / 25 / 0 , nach JPEG exportiert, in PS5 geöffnet und dort beurteilt - 1x in der Gesamtansicht und 1x in 100%. Warum so und nicht anders? Weil das meine "echtes Leben" Referenz ist. Als Vergleich habe ich mal 40D + EF-S 17-55 mitgetestet (ja, ich bin mir der Problematiken bewusst!)
Ergebnis:
- EF und Tami sind bei 24mm deutlich schärfer als das EF-S 17-55 bei 17mm (Alle Blenden, alle Bildbereiche)
- Bei 24mm ist das Tamron IN DER MITTE bei f/2.8 schon genauso scharf wie das EF; bei f/4 sogar besser. Ab f/5.6 erkenne ich keinen Unterschied mehr
- Bei 24mm ist das Tamron AM RAND bei allen Blenden < f/8 leicht schwächer als das Canon (aber dennoch gut brauchbar)
- Bei 70mm und f/4 ist das Tamron IN DER MITTE besser als die beiden anderen (wobei sich das EF-S nicht verstecken muss). AM RAND hat das 24-105 leicht Vorteile, das EF-S landet abgeschlagen hinten.
- Bei f/2.8 ist das EF-S in der Mitte schärfer als das Tamron, am Rand verliert es dagegen.
- Die Leistung des 24-105 bei 105mm finde ich enttäuschend. Ein Crop des Tamron dürfte qualitativ besser sein.
Aber um das mal auf den Punkt zu bringen: Alle abgelieferten Aufnahmen aller Objektive waren
uneingeschränkt brauchbar, auch bei f/2.8.
Einen Sieger habe ich hier nicht gefunden - für Landschaftsfotografen dürfte das 24-105 besser sein, für Portraitleute wie mich wohl eher das Tamron. Gleichstand
Verzeichnung / Vignettierung / CAs / Sonstiges
Da mein Workflow immer RAW -> Lightroom umfasst, habe ich nur geschaut, welche Probleme NACH der Standardverarbeitung in LR übrig bleiben - nämlich bei aktivierter Objektivkorrektur GAR KEINE. Klar, das Tamron hat stärkere Abschattungen am Rand, aber die können manchmal sogar nützlich sein, ansonsten kann man sie mit 2 klicks restlos entfernen. Daher:Gleichstand beider Objektive an dieser Stelle.
Das Thema "Abblende-Problem zwischen 2.8 und 4.0" (Lamellen schließen nicht) -> habe ich bewusst getestet, mein Objektiv hat das Problem nicht (s/n 17xxx)
Offene Punkte
Ist das bei Euch auch so? Im AI-Serve führt das EF fast lautlos nach, während das Tamron (mit einem wie schon gesagt etwas lauterem AF) quasi ein ständiges "tacktacktack" von sich gibt
Und, welches Objektiv behalte ich? Wirklich keine einfache Entscheidung, beide sind toll. Ich denke, es steht momentan 70:30 für das Tamron. Ich mache noch ein paar Tests in der Woche unter realen Bedingungen, wenn dann nichts negativ auffällt, wird es das wohl werden.
Grüße,
Scooby