Das ursprüngliche Verhältnis zwischen Nutzsignal und Rauschen bleibt bei der Verstärkung "eigentlich" gleich, jedoch kommt bei der analogen Verstärkung zusätzliches Rauschen dazu.
Deshalb wird das Signal der lichtempfindlichen Zellen, bei der neuesten Technik, sehr früh mit hoch empfindlichen Analog-Digital Wandlern digitalisiert, denn bei der anschliessenden mathematischen Multiplikation (Verstärkung) eines digitalen Signales, bleibt das Verhältnis von Nutzsignal zum Rauschen gleich und es kommt durch die digitale Verstärkung kein zusätzliches Rauschen dazu. Digitale Verstärkung erhöht das Rauschen nicht.
Genau umgekehrt ist es richtig: die analoge Verstärkung rauscht an und für sich deutlich weniger als die AD-Wandlung. Es lohnt sich also, ein zu geringes Nutzsignal vorab zu verstärken, weil dann die AD-Wandlung in Relation zum Nutzsignal eine geringere Rauschkomponente hinzufügt.
Wenn nun alle, in unserem Wissen beschränkten Annahmen stimmen, dann ist es doch verwunderlich, dass ein in der Helligkeit angeglichenes Bild, das z.B. mit ISO 400 aufgenommen wurde, weniger rauscht, wie ein Bild bei gleicher Helligkeit, das mit 100 ISO aufgenommen wurde.
Die Lösung steht oben, wurde von Waartfarken bereits angeführt und wird unten nochmals mit einem Zahlenbeispiel illustriert.
Ich vermute, dass diese Ursache nicht einfach zu finden ist, denn den Prozess vom einfallenden Licht auf eine lichtempfindliche Zelle, bis zum digitalen Wert in einer RAW Datei ist uns nur rein theoretisch teilweise bekannt. Was in einer Kamera wirklich ab geht, ist uns teilweise unbekannt. So wäre es zum Beispiel möglich, dass bei einer ISO Einstellung von 400, die Kamera automatisch leicht entrauscht, was bei ISO 100 nicht der Fall ist? Dies ginge einher, mit einer leichten Auflösungsreduktion?
Sorry, aber das ist größtenteils Unfug.
Nochmal schrittweise:
Bei den üblichen kurzen Verschlusszeiten ist vergleichsweise einfach: in hellen Bildpartien überwiegt das Schrotrauschen der eintreffenden Photonen (= "shot noise"). In sehr dunklen Bildpartien überwiegt das Ausleserauschen.
Da das Ausleserauschen erst in der AD-Wandlung hinzukommt, kann eine rauscharme Vorverstärkung zwar nichts gegen das Photonenrauschen des Eingangssignals ausrichten, wohl aber das Ausleserauschen gegenüber dem Nutzsignal absenken.
In konkreteren Zahlen:
Ein bei ISO-100 üppig belichtetes Pixel bekomme 30.000 Photonen ab und erzeuge bei einer Quanteneffizienz von 30% 10.000 Elektronen Ladungstrennung. Dieses Eingangssignal rauscht mit Wurzel(10.000) = 100 Elektronen. Bei einem Ausleserauschen von z.B. 4 Elektronen ist das Ausleserauschen gegenüber dem Rauschen des Eingangssignals vernachlässigbar klein.
Ein bei ISO-100 knapp belichtetes Pixel bekomme 27 Photonen ab, aus denen 9 Elektronen Ladungstrennung resultieren. Das Rauschen dieses Engangssignals beträgt Wurzel(9) = 3 Elektronen und wird zusätzlich mit den 4 Elektronen Rauschen der AD-Wandlung belastet, so dass im digitalen Ergebnis das Korrelat von 5 Elektronen (5 = Wurzel(3^2 + 4^2) Rauschen existieren. Das Ausleserauschen ist nun also ein dominanter Anteil des Rauschens in den Schatten geworden und wird bei nachträglicher Aufhellung um 2 EV einen Wert von 2^2 * 5 Elektronen = 20 Elektronen annehmen und damit ggf. bereits erkennbar.
Jetzt belichte ich die gleiche Szene mit ISO-400 bei unveränderter Belichtungszeit und Blende. Wenn nun eine rauscharme Verstärkung von AD-Wandlung einen gegenüber ISO-100 4-fach höheren Gain erzeugt, kommt das Signal am AD-Wandler im hellen Bildanteil mit 40.000 Elektronen und 400 Elektronen Rauschen an. So lange hier nichts geclippt wird, ist alles gut und das Rauschen ist genau gleich hoch, wie bei der Belichtung mit nachträglich um 2 EV aufgehellten ISO-100. In den Schatten aber kommt das linear verstärkte Eingangssignal nun mit 36 Elektronen und 12 Elektronen Rauschen an. Wiederum werden bei der Wandlung 4 Elektronen Rauschen aufmoduliert. Das Ergebnis trägt nun 12,65 Elektronen Rauschen (Wurzel(12^2 + 4^2) = 12,65). Da man nun aber für gleiche Bildhelligkeit keine nachträgliche Aufhellung mehr benötigt, bin ich mit den 12,65 Elektronen @ ISO-400 gegenüber den 20 Elektronen bai aufgehellten ISO-100 im Vorteil.
Letztlich noch zur Eingangsfrage:
Selbst wenn ich in "basis-ISO" fotografiere, kann eine analoge Verstärkung (oder/und weitere Signalkonditionierungen) stattgefunden haben. Basis-ISO bedeutet also mitnichten, dass die Ladungstrennungen in den Pixeln ohne jede Zwischenverarbeitung in den AD-Wandler geschoben werden.
Die mit Veränderungen des ISO-Wertes einhergehenden Signalverstärkungen können bei jeder ISO-Drittelstufe kontinuierlich (z.B. Nikon Df), alle ganze ISO-Stufe (z.B. Canon 6D), kontinuierlich plus einer einzigen großen ISO-Schwelle (z.B. Sony a7R-II) oder auch gar nicht (z.B. Nikon D7100) geschehen. Schön erkennbar ist dies in dieser Grafik:
http://www.photonstophotos.net/Charts/RN_e.htm (bitte die o.g. Kameras rechts aktivieren). Ist die Verstärkung diskontinuierlich, so werden die Feinabstufungen aller ISO-Drittelstufen digital, d.h. nach AD-Wandlung eingerechnet.