Nun nenne ich sie schon mehrere Monate mein Eigen, die 200D. Zeit, einige persönliche Erfahrungen zu berichten, teils im Vergleich zu meinem bisherigem Arbeitspferd 100D. Es ist kein umfassender Testbericht. Ich gehe nur auf einzelne Details ein, die vielleicht anderen bei der Kaufentscheidung helfen können.
Gehäuse:
Es wirkt stabil und wertig, nichts knarzt oder klappert. Etwas größer und schwerer als die 100D, hat es einen "erwachsen" gewordenen Griff. So läßt sich die Kamera auch gut halten, wenn ein größeres Objektiv dran ist (bei mir: 18-135 STM mit knapp 500 g, gelegentlich 135/2 mit 750 g). Mit meiner bisherigen Reise-Standardkombi 100D plus 18-135 konnte es am Ende eines langen Fototages schon etwas krampfig in der rechten Hand werden.
Akkus:
Zuerst ärgerte es mich: Die 200D nutzt andere Akkus als die 100D. Warum gibt es für jede Kamera einen eigenen Akkutyp? Überrascht hat mich aber, wie lange der Akku hält (gefühlt doppelt so lange wie bei der 100D). Dafür nehme ich das Hantieren mit verschiedenen Akkus und Ladegeräten dann doch in Kauf.
Bedienung:
Die störenden, standardmäßig eingeschalteten Anfängertips auf dem Display kann man ausschalten und hat dann die gewohnte Anzeige.
Das Moduswahlrad ist versenkt, so kann es sich beim Herausangeln der Kamera aus einem Rucksack o.ä. nicht so leicht verstellen (ist mir bei der 100D öfter passiert).
Immer noch ungewohnt: Der Ein-Aus-Schalter. "OFF" ist ganz rechts aufgedruckt, weswegen man den Schalter zum Ausschalten nach ... genau: links schiebt. Das ist nicht intuitiv und braucht immer einen Moment bewußter Aufmerksamkeit. Trotzdem lande ich oft genug im Videomodus. Obwohl er recht klein ist, und man beim Schalten kräftig dran hebeln muß, wirkt der Schalter stabil genug, so daß man keine Angst haben muß, ihn zu betätigen.
Die Disp- und ISO-Tasten auf der Oberseite sind bei normaler Kamerahaltung am Auge nur mit Fingerverrenkungen erreichbar. Die ISO-Taste der 100D (und auch der bisherigen 650D) ist leichter erreichbar.
Minuspunkte:
Sicher nur eine Kleinigkeit, doch für mich ein echter Minuspunkt: Der fehlende Augensensor, den ich seit der 400D kenne und schätze. Bei Schummerlicht und mit dem Auge am Sucher kann das grelle Leuchten des Displays im Augenwinkel schon störend sein. Es geht zwar aus, wenn man den Auslöser antippt, aber schnell wieder an, wenn man ihn losläßt. (Das tue ich gewohnheitsmäßig, wenn ich nach kurzem Anfokussieren des Motivs noch in Ruhe den passenden Ausschnitt suche.)
Man könnte das Display natürlich mittels der Disp-Taste ausschalten, wenn man die Kamera dafür noch mal vom Auge nimmt. Da muß man eine zusätzliche Bedienaktion in Kauf nehmen (und eine zweite, wenn man es dann wieder einschalten will). Angenehmer wäre es, wenn man beim Fotografieren in dunkler Umgebung wenigstens die Displayfarbe auf nachtsichtfreundliches Rot umschalten könnte. Die 100D kann das, bei der 200D habe ich bisher noch keine Möglichkeit dazu gefunden.
Und ein zweites: Schade, daß der alte Infrarot-Fernauslöser RC-1, der schon seit analogen Zeiten immer mit allen Kameras zusammenarbeitete, an der 200D nicht mehr funktioniert. Ihn konnte ich praktischerweise am Schulterriemen befestigen, so daß er immer dabei war und nicht verlorengehen konnte. Klar, da gibt es jetzt was Neues, mit Bluetooth. Aber ob das so einfach und geschmeidig geht wie mit dem RC-1? Auf jeden Fall ist es eine unnötige Zusatzausgabe, und das nur für diese eine Kamera...
Und da ich gerade dabei bin: Beim Durchscrollen der aufgenommenen Bilder mittels des Rändelrades neben dem Auslöser gibt es jetzt jedes Mal eine Anzeige, die über die Konfiguration des Bildsprungs informiert. Gut gemeint, aber nicht gut gemacht, denn es verdeckt jedes Mal sekundenlang einen Teil des Bildes (siehe anhängendes Foto). Man muß zwar nicht das Rändelrad zum Scrollen nutzen, aber mir ist es angenehmer als die vielen Tastendrücke mit verkrampftem Daumen.
Fotografieren:
Viele beschweren sich über nur 9 Fokuspunkte - mir genügt einer. Ich will schließlich selber bestimmen, was scharf sein soll. Im Liveview mit seinen vielen Fokuspunkten staune ich manchmal, was die Kamera so für bildrelevant hält. Der schnelle Liveview-AF ist jedoch schon klasse, auch wenn ich ihn nur selten nutze, da ich die Kamera beim Fotografieren lieber ans Auge nehme und nur selten mal ein Video drehe.
Viel umstritten ist auch der kleine Sucher. Für mich paßt er, da er einen besseren Gesamtüberblick bietet. Ein KB-Sucherbild vermag ich nicht komplett zu überblicken. Wie oft habe ich mich zu analogen KB-Zeiten über das störende Detail am Bildrand geärgert, das ich erst auf dem Print gesehen habe...
Da ich meist JPG OOC fotografiere, schätze ich die nun auch vorhandene Objektivkorrektur für Verzeichnungen sehr. Jetzt kommt es mir zupaß, daß ich mich irgendwann mal entschieden habe, nur Canon-Objektive zu nutzen.
Überraschung:
Wenn das 24 STM oder das 50 STM drauf ist, zieht die Kamera beim Ausschalten den inneren Tubus fototaschenfreundlich ein. Fast wie bei einer Kompakten, die ihr Zoomobjektiv einfährt. Gilt vermutlich auch fürs 40 STM. Die 100D kann das nicht.
Fazit:
Die 200D kann fast alles, was meine 650D auch konnte (und vieles davon besser). Und sie kann manches zusätzlich. Und ist dabei auch noch kleiner und leichter. Also eigentlich die perfekte Kamera für mich. Schade nur, daß das gute Gesamtbild durch diese wirklich unnötigen Kleinigkeiten mit dem Augensensor, dem Fernauslöser und der Displayanzeige getrübt wird. Da wirkt die 100D für mich trotz sparsamerer Ausstattung "runder" und durchdachter. Sicher kann man sich an die Minuspunkte der 200D gewöhnen, aber ich ertappte mich schon bei der Frage, wie lange sie wohl bleiben würde, bis ich was besseres finde - einer Frage, die ich mir beim Kamerakauf sonst nie gestellt habe. Also abwarten, was der Nachfolger, die ... ääh ... 300D?, bringt? Aber die hat dann vielleicht nur noch 6 MP und kein Liveview...