Denjenigen welche eine fehlerhaft funktionierende 70 D ergattert haben, kann man nur raten, die Kamera schnellst möglich zurückzugeben. Entweder vom Fachhändler vor Ort beim Kauf ein 14 tägiges Rückgaberecht einräumen lassen. Oder per Internet, wo man automatisch zwei Wochen lang ein Recht auf Rückgabe eingeräumt bekommt.
Grundsätzlich sollte man defekte Ware natürlich unverzüglich reklamieren. Bei dem 14-tägigen Widerrufsrecht bei Onlinekäufen wäre ich vorsichtig. Allgemein ist der Händler berechtigt, Wertminderung durch Nutzung dem Kunden anzulasten; das ist eigentlich auch nur fair, schließlich kann der Händler die Ware dann nicht mehr als neu verkaufen.
Bei defekter Ware greift - ungeachtet von Online- oder Kauf bei einem Fachhändler vor Ort - die zweijährige Gewährleistung, wobei innerhalb der ersten 6 Monate der Händler nachweisen muss, dass das Problem nicht schon beim Kauf bestand. Es handelt sich dabei nur um Defekte, die der Ware schon beim Kauf innewohnten. Da muss ich nichts Besonderes mit dem Händler vereinbaren, von daher würde ich mir diesbezüglich keine Sorgen machen.
Der interessante Punkt ist eher: Wurde eigentlich schon einmal genau definiert, was der 70D-Fehler - wie er hier im Forum öfter angesprochen wurde - genau ist? Ich glaube, dass hier unterschiedliche Problemsituationen unter dem gleichen Begriff zusammengefasst werden:
- Unterschiede zwischen Kontrast-AF (LiveView ohne AF-Quick) und Phasen-AF (LiveView mit AF-Quick oder über Sucher)
- Unterschiedliche Ergebnisse, je nachdem, ob der mittlere oder ein anderer AF-Punkt genutzt wurde
Bzgl. Unterschied zwischen Kontrast-AF und Phasen-AF:
Der Kontrast-AF ist nicht anfällig für Fertigungstoleranzen im Objektiv, der Kamera oder falsch eingestellter AFMA-Werte. Er ist nicht einmal anfällig für in älteren Objektiven fehlende Korrekturwerte neuerer Strahlengänge moderner AF-Systeme. Sofern der Kontrast-AF einen Fokus findet, wird er wohl so gut wie immer das Optimum darstellen. Er hat dafür (derzeit noch) andere Probleme wie die Geschwindigkeit.
Der Phasen-AF wird mehr oder minder gut an die Ergebnisse des Kontrast-AF drankommen, je nachdem wie
- gut justiert das Objektiv ist
- besser das AF-System des Objektivs ist (es gibt einfach Objektive, die beim Phasen-AF eine schlechte AF-Präzision aufweisen oder eine schlechte AF-Genauigkeit je nach Abstand zum Motiv)
- gut das Objektiv Korrekturwerte für die unterschiedlichen Strahlengänge moderner AF-Systeme abdeckt (sonst muss die Kamera Ersatzwerte nehmen)
- gut justiert die Kamera ist
Oft wird die Schlussfolgerung gezogen, dass das Objektiv ja an einer (oder mehreren) anderen Kameras problemlos funktioniert. Hierzu aber:
- Hat man die anderen Kameras bzgl. Phasen-AF ebenso kritisch betrachtet oder die Betrachtung ausgelassen (weil es ja bisher funktionierte - ggf. hat man Fehlfokus dort einfach als normal akzeptiert)?
- Kann man sicher behaupten, dass die andere Kamera nicht einfach nur deshalb besser mit dem Objektiv zusammenarbeitet, weil sich deren Justierung zufälligerweise am anderen Ende der Fertigungstoleranz befindet?
- Verwenden die anderen Kameras ein gleichartiges AF-Modul mit identischen Strahlengängen? Kann ich denn überhaupt die Schlussfolgerung ziehen, dass die 70D fehlerhaft ist, nur weil es an meiner 650D problemlos funktionierte? Schließlich hat meine 650D ein komplett anderes AF-Modul (9 AF-Punkte vs. 19) und ggf. andere Strahlengänge. Vielleicht ist ja einfach nur das Objektiv (z.B. das 50/1.4er) zu alt um mit dem modernen AF-System der 70D gut zusammenzuarbeiten? Vielleicht fehlen der Objektiv-Firmware (da zu alt) einfach Korrekturwerte für diese neuen Strahlengänge und die Kamera muss einen (nicht ganz so optimalen) Ersatzwert nehmen?
- Wurde sichergestellt, dass vorher testweise getätigte Einstellungen (insb. ausprobierte AFMA-Werte) an der 70D wieder auf Standard gestellt wurden, bevor der große Kamera-/Objektivvergleich durchgeführt wurde? Diese Einstellungen werden im Nachhinein gerne übersehen! Ich hatte im persönlichen Gespräch schon solche Fälle, wo bspw. noch +13 eingestellt war. Mit der Basis wurden dann Tests gefahren...
Bzgl. Unterschied zwischen mittlerem und anderen AF-Punkten:
Bitte bedenken, dass beim mittleren Punkt bei Objektiven mit einer Offenblende von kleiner oder gleich 2.8 ein anderer Strahlengang durch das Objektiv verwendet wird (nämlich einer, der bei einer kleineren Blende von der Blende verdeckt wäre). Damit sind wir wieder bei den Objektivkorrekturwerten der Firmware (siehe oben).
Unabhängig davon ist z.B. das AF-System des 50/1.4ers wirklich nicht so solide als dass ich daraus auch nur irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen würde: Nehme ich bspw. 8 Fotos eines Testcharts in folgendem Muster aus: 2 Auslösungen kommend von unendlich, 2 Auslösungen ohne vorige manuelle Defokussierung, 2 Auslösungen kommend von der Naheinstellgrenze und wieder 2 Auslösungen ohne vorige manuelle Defokussierung; dann sind die Auslösungen, bei denen ich vor dem Phasen-AF nicht manuell defokussiert habe, die besten (gleichen dem Konstrast-AF am meisten) und die Auslösungen von der Naheinstellgrenze kommend mit Abstand die schlechtesten, und zwar sowohl an 650D als auch an 70D! Darüber hinaus verschiebt sich bei dem 50/1.4er der optimale AFMA-Wert extrem in Abhängigkeit zur Entfernung, aber auch das unabhängig von der Kamera! So kommt es, dass bei einer optimalen Schärfe bei Offenblende bei ca. 2,5 Metern dann Richtung unendlich eher ein Frontfokus und bei der Naheinstellgrenze eher ein Backfokus vorherrschen. Hinzu kommt, dass die Linse auch noch einen Fokus-Shift hat: Fokussiert wird ja bekanntermaßen mit Offenblende. Der Fokus verschiebt sich beim 50/1.4er aber geringfügig je nach eingestellter Blende; und je nach Motivabstand sogar stärker als sich das DOF ausbreitet! Die Justierung des 50/1.4ers stellt also wirklich nur einen groben Kompromiss für unterschiedliche Motivabstände und Blenden dar. In der Praxis ist das für mich aber durchaus vernachlässigbar: Bei Offenblende sind die 2,5 Meter eine gebräuchliche Distanz. Und wenn ich davon abweiche, kann ich den Fokus aufgrund obiger Erfahrungen kompensieren (ist es nicht auch das, was einen Fotografen ausmacht? Sein Werkzeug zu kennen und mit den Unzulänglichkeiten umgehen zu können, schließlich ist nichts perfekt). Bei deutlich kleineren Blenden ist der exakte Fokuspunkt dann meist eh nie ein Problem.
Früher hat man die meisten Fehlfokussierungen entweder dem Fotografen, dem Objektiv oder dem grundsätzlichen Prinzip des Phasen-AF zugeschrieben. Jetzt kommt es mir so vor, als wenn jeder Fehlfokus direkt der 70D angelastet wird. Ich glaube, der Ruf der 70D ist deshalb schlechter als ihr zusteht. Ich sage ausdrücklich nicht, dass es kein Problem mit der 70D gibt; ich habe - für mich - nur noch keine wasserdichte widerspruchsfreie Schlussfolgerungskette bilden können, die eindeutig die 70D als Schuldigen ausmacht (und nicht etwa doch das Objektiv).
Ohne eine eindeutige Definition, was "das 70D-Problem" eigentlich ist, überlagern sich so viele - ggf. gar nicht der 70D verschuldete - Einzelprobleme, dass Ursachen oder Schlussfolgerungen, welche Seriennummern denn betroffen wären, nicht zu ermitteln sind. Man muss ja auch noch bedenken, dass zu diesen Überlagerungen der Einzelprobleme auch noch Messfehler als Rauschen in die Gesamtheit eingehen. Wir sind halt alles Menschen, die auch Fehler machen können (auch bei den Messungen). Derzeit existiert nur eine Menge von Problemen unterschiedlicher Ursache und teilweise falschen Annahmen. Daraus Erkenntnisse wie einen Serienfehler zu gewinnen, könnte sich als unmöglich gestalten.