Tasnal
Themenersteller
Tag zusammen,
als ambitionierter Amateur in Sachen Fotografie beschäftige ich mich viel mit Informationssammlungen zum Thema im Internet. Ich weiß nicht, ob das vor ein paar Jahren auch schon so war, aber in letzter Zeit stolpere ich immer wieder über eine Sache, mit der ich nicht so recht friedlich umgehen kann:
(Stellenweise blutige) Amateure, die durch irgendein aufgehendes Selbstvermarktungskonzept eine unfassbar große Fanbase um sich gescharrt haben und von da an kritisches Halbwissen und schlicht falsche Informationen zum Thema weitergeben.
Man braucht dazu eigentliche keine Links aufzählen - interessiert man sich dafür, findet man recht schnell diverse Beispiele via Facebook und Co.
Neben einer regelmäßig aktualisierten Internetpräsenz gibt es dann natürlich auch die volle Dröhnung an Blogs, Gastbeiträgen und den obligatorischen Workshops.
Auf den Seiten erfährt man dann so Dinge wie ...
... schlechte Objektive sorgen für höheres Rauschen in den Bildern
... das Licht bei den Gegenlichtaufnahmen überstrahlt deshalb so schön, weil die Kamera hochwertig ist
... das lichtstärkste, erhältliche Objektiv hat eine Offenblende von f1.4
... das (nachträglich um 5 Blendenstufen aufgehellte) Bild rauscht, weil die Kamera nicht hochwertig genug war
... Festbrennweiten sind generell besser als Zoom-Objektive / Zoom-Objektive teurer als Festbrennweiten
... je offener die Blende und je lichtstärker das Objektiv umso schöner die Bilder
... unscharfe Bilder bei Offenblende sind deshalb kaum zu erwarten, weil durch die Offenblende die Verschlusszeit schön kurz gehalten werden kann
... usw.
Die Liste an "Infos" kann man ewig so fortsetzen und nahezu täglich kommen neue Seiten mit neuem Zeugs dazu. Parallel dazu ist die fast ausschließlich aus Einsteigern bestehende Fanbase begeistert. Hin und wieder erlaubt sich irgendjemand in den Kommentaren eine Korrektur der diversen "Thesen" (die allerdings nicht als Thesen, sondern als korrektes Fachwissen eines Profis verkauft werden). Meist mit dem selben Effekt: Reagieren der Follower mit Sprüchen ala "Das ist für Anfänger geschrieben und leicht verständlich !" oder "Da macht sich jemand die Mühe, sein Wissen mit uns zu teilen und dann wird er dafür kritisiert !"
Ich habe überlegt, wieso mich das überhaupt so stört und wieso ich nicht einfach achselzuckend darüber hinwegsehen kann. Und ich denke, dass diese Situation so zum Teil auch die Entwicklung unserer heutigen Gesellschaft widerspiegelt.
Man hat irgendwo eine breite, kommerzgetriebene Masse geschaffen, die sich nur noch wenig mit (teilweise komplexen) Fakten auseinandersetzen will, sondern hippen, trendigen und leicht zu verarbeitenden Strömen hinterherrennt. Da für diese Anhänger meist das Komplexe wegfällt, werden auf einmal besser (aber nicht zu gut) informierte Anfänger zum "Profi". Die fehlende Auseinandersetzung mit der eigentlichen Materie verhindert auch, dass man über die Entwicklung der Fotografie und seine bekannteren Vertreter Bescheid weiß. So werden Bildstile (natürlich ohne Nennung der Inspirationsquelle) kopiert, als Eigenes verkauft und von den Fans gefeiert.
Ab einer gewissen Follower-Zahl wird das Ganze dann auch für Firmen interessant, die Chancen auf weitreichende Werbung bei Zusammenarbeit wittern. Mit dem Erfolg dieses "Konzepts" scheinen die Chancen fachlich visierter Fotografen zunehmend zu sinken bzw. deren Existenz immer uninteressanter zu werden (damit meine ich gar nicht den Berufsfotografen, sondern ebenfalls den Amateur, der vielleicht wunderbare Bilder produziert, fachlich fundierte Blogbeiträge liefert, seit Jahren in den sozialen Netzwerken unterwegs ist und es vielleicht auf 100 Anhänger gebracht hat). In der Regel interessiert sich der typische Follower nämlich nicht für Fotografie an sich (und informiert sich in alle Richtungen und für alle Fotografen), sondern bleibt seinem selbstauserkorenen "Idol" treu. Die Fotografie selbst scheint eher Nebensache zu sein. Die junge, frische und hippe Vermarktung, die ein "Wir-Gefühl" erzeugt (50.000 Follower +), in Kombination mit der scheinbaren Leichtigkeit des Stoffes führt zu einer sich nach oben schraubenden Spirale an weiteren Followern und zusätzlichem Erfolg.
Ich denke, dass ich bis hierhin mit nahezu allem einverstanden wäre, wenn es als das verkauft werden würde, was es ist: Leute, die Bock auf fotografieren haben, sich selbst und ihr Equippment ausprobieren und ihre Ergebnisse mit anderen teilen. Das gerne auch in Kombination mit einer jugendlichen Frische ala "uns gehört die Welt - wir machen was wir wollen".
Stattdessen wird aber der eigene Status als Profi verkauft, der seine angeblich in Stein gemeißelten Erfolgsrezepte zusammen mit zweifelhaftem Fachwissen einer breiten Masse zugänglich machen will. Zurück bleiben tausende von Anhängern, die ihre Fotografiekenntnisse auf falschen Informationen aufbauen (und dort meistens hängenbleiben) und durch die Bank weg unbefriedigende Ergebnisse erzielen (Zitat: "Wenn ich mir dann eine besser Kamera leisten kann, werden die Bilder sicherlich auch besser" oder "Tut mir leid, dass das Bild nicht so gut geworden ist, aber ich hatte nur das Kit-Objektiv und kann mir noch keine Festbrennweite leisten"). Hat man Pech, dann dauert es nicht lange, bis einer der Anhänger des halbwissenverbreitenden Anfängers ebenfalls seinen eigenen Blog inklusive allem drum und dran eröffnet und weitere Follower nach sich zieht.
Der gefeierte Amateur macht seinen Schnitt: Fotoaufträge, Werbeeinnahmen, bezahlte Workshops, Kooperationspartner, und und und
Am Ende heißt es dann gerne "der Erfolg gibt uns Recht". Und sieht man das von diesem Standpunkt aus, so haben sie tatsächlich Recht.
Allerdings frage ich mich manchmal schon, zu welchem Preis. Das Konzept hinterlässt nämlich neben einigen wenigen Gewinnern vor allem eine Menge Verlierer. Dann merkt man nämlich, dass nicht jeder Fotos machen kann. Dass manchmal schon das falsche Gesicht und die falsche Statur verhindert, dass tausende von potenziellen Interessenten sich für einen selbst (und nebenbei auch für die Fotografie) interessieren. Dass das teurere Objektiv und die modernere Kamera auch keine besseren Bilder produzieren. Und in vielen Fällen hat man sich zu diesem Zeitpunkt (an dem viele dann schon wieder aufgeben) noch nicht mal ansatzweise mit den eigentlichen Grundlagen der Fotografie beschäftigt (ganz einfach deshalb, weil das einzig konsultierte "Idol" gar nicht dazu in der Lage ist, diese Grundlagen zu bieten).
Mir scheint das so ein wenig die auf die Fotografie übertragene Geschichte "vom Tellerwäscher zum Millionär" zu sein. Und in der Regel haben diese Geschichten meistens dazu geführt, dass der Millionär reicher wird und der Tellerwäscher Tellerwäscher bleibt.
Naja - soweit meine Gedanken zum Thema.
Geht es da irgendjemandem ähnlich oder allen am *rsch vorbei (was ich voll und ganz verstehen könnte und wahrscheinlich der gesündere Umgang wäre).
Grüße,
Tasnal
als ambitionierter Amateur in Sachen Fotografie beschäftige ich mich viel mit Informationssammlungen zum Thema im Internet. Ich weiß nicht, ob das vor ein paar Jahren auch schon so war, aber in letzter Zeit stolpere ich immer wieder über eine Sache, mit der ich nicht so recht friedlich umgehen kann:
(Stellenweise blutige) Amateure, die durch irgendein aufgehendes Selbstvermarktungskonzept eine unfassbar große Fanbase um sich gescharrt haben und von da an kritisches Halbwissen und schlicht falsche Informationen zum Thema weitergeben.
Man braucht dazu eigentliche keine Links aufzählen - interessiert man sich dafür, findet man recht schnell diverse Beispiele via Facebook und Co.
Neben einer regelmäßig aktualisierten Internetpräsenz gibt es dann natürlich auch die volle Dröhnung an Blogs, Gastbeiträgen und den obligatorischen Workshops.
Auf den Seiten erfährt man dann so Dinge wie ...
... schlechte Objektive sorgen für höheres Rauschen in den Bildern
... das Licht bei den Gegenlichtaufnahmen überstrahlt deshalb so schön, weil die Kamera hochwertig ist
... das lichtstärkste, erhältliche Objektiv hat eine Offenblende von f1.4
... das (nachträglich um 5 Blendenstufen aufgehellte) Bild rauscht, weil die Kamera nicht hochwertig genug war
... Festbrennweiten sind generell besser als Zoom-Objektive / Zoom-Objektive teurer als Festbrennweiten
... je offener die Blende und je lichtstärker das Objektiv umso schöner die Bilder
... unscharfe Bilder bei Offenblende sind deshalb kaum zu erwarten, weil durch die Offenblende die Verschlusszeit schön kurz gehalten werden kann
... usw.
Die Liste an "Infos" kann man ewig so fortsetzen und nahezu täglich kommen neue Seiten mit neuem Zeugs dazu. Parallel dazu ist die fast ausschließlich aus Einsteigern bestehende Fanbase begeistert. Hin und wieder erlaubt sich irgendjemand in den Kommentaren eine Korrektur der diversen "Thesen" (die allerdings nicht als Thesen, sondern als korrektes Fachwissen eines Profis verkauft werden). Meist mit dem selben Effekt: Reagieren der Follower mit Sprüchen ala "Das ist für Anfänger geschrieben und leicht verständlich !" oder "Da macht sich jemand die Mühe, sein Wissen mit uns zu teilen und dann wird er dafür kritisiert !"
Ich habe überlegt, wieso mich das überhaupt so stört und wieso ich nicht einfach achselzuckend darüber hinwegsehen kann. Und ich denke, dass diese Situation so zum Teil auch die Entwicklung unserer heutigen Gesellschaft widerspiegelt.
Man hat irgendwo eine breite, kommerzgetriebene Masse geschaffen, die sich nur noch wenig mit (teilweise komplexen) Fakten auseinandersetzen will, sondern hippen, trendigen und leicht zu verarbeitenden Strömen hinterherrennt. Da für diese Anhänger meist das Komplexe wegfällt, werden auf einmal besser (aber nicht zu gut) informierte Anfänger zum "Profi". Die fehlende Auseinandersetzung mit der eigentlichen Materie verhindert auch, dass man über die Entwicklung der Fotografie und seine bekannteren Vertreter Bescheid weiß. So werden Bildstile (natürlich ohne Nennung der Inspirationsquelle) kopiert, als Eigenes verkauft und von den Fans gefeiert.
Ab einer gewissen Follower-Zahl wird das Ganze dann auch für Firmen interessant, die Chancen auf weitreichende Werbung bei Zusammenarbeit wittern. Mit dem Erfolg dieses "Konzepts" scheinen die Chancen fachlich visierter Fotografen zunehmend zu sinken bzw. deren Existenz immer uninteressanter zu werden (damit meine ich gar nicht den Berufsfotografen, sondern ebenfalls den Amateur, der vielleicht wunderbare Bilder produziert, fachlich fundierte Blogbeiträge liefert, seit Jahren in den sozialen Netzwerken unterwegs ist und es vielleicht auf 100 Anhänger gebracht hat). In der Regel interessiert sich der typische Follower nämlich nicht für Fotografie an sich (und informiert sich in alle Richtungen und für alle Fotografen), sondern bleibt seinem selbstauserkorenen "Idol" treu. Die Fotografie selbst scheint eher Nebensache zu sein. Die junge, frische und hippe Vermarktung, die ein "Wir-Gefühl" erzeugt (50.000 Follower +), in Kombination mit der scheinbaren Leichtigkeit des Stoffes führt zu einer sich nach oben schraubenden Spirale an weiteren Followern und zusätzlichem Erfolg.
Ich denke, dass ich bis hierhin mit nahezu allem einverstanden wäre, wenn es als das verkauft werden würde, was es ist: Leute, die Bock auf fotografieren haben, sich selbst und ihr Equippment ausprobieren und ihre Ergebnisse mit anderen teilen. Das gerne auch in Kombination mit einer jugendlichen Frische ala "uns gehört die Welt - wir machen was wir wollen".
Stattdessen wird aber der eigene Status als Profi verkauft, der seine angeblich in Stein gemeißelten Erfolgsrezepte zusammen mit zweifelhaftem Fachwissen einer breiten Masse zugänglich machen will. Zurück bleiben tausende von Anhängern, die ihre Fotografiekenntnisse auf falschen Informationen aufbauen (und dort meistens hängenbleiben) und durch die Bank weg unbefriedigende Ergebnisse erzielen (Zitat: "Wenn ich mir dann eine besser Kamera leisten kann, werden die Bilder sicherlich auch besser" oder "Tut mir leid, dass das Bild nicht so gut geworden ist, aber ich hatte nur das Kit-Objektiv und kann mir noch keine Festbrennweite leisten"). Hat man Pech, dann dauert es nicht lange, bis einer der Anhänger des halbwissenverbreitenden Anfängers ebenfalls seinen eigenen Blog inklusive allem drum und dran eröffnet und weitere Follower nach sich zieht.
Der gefeierte Amateur macht seinen Schnitt: Fotoaufträge, Werbeeinnahmen, bezahlte Workshops, Kooperationspartner, und und und
Am Ende heißt es dann gerne "der Erfolg gibt uns Recht". Und sieht man das von diesem Standpunkt aus, so haben sie tatsächlich Recht.
Allerdings frage ich mich manchmal schon, zu welchem Preis. Das Konzept hinterlässt nämlich neben einigen wenigen Gewinnern vor allem eine Menge Verlierer. Dann merkt man nämlich, dass nicht jeder Fotos machen kann. Dass manchmal schon das falsche Gesicht und die falsche Statur verhindert, dass tausende von potenziellen Interessenten sich für einen selbst (und nebenbei auch für die Fotografie) interessieren. Dass das teurere Objektiv und die modernere Kamera auch keine besseren Bilder produzieren. Und in vielen Fällen hat man sich zu diesem Zeitpunkt (an dem viele dann schon wieder aufgeben) noch nicht mal ansatzweise mit den eigentlichen Grundlagen der Fotografie beschäftigt (ganz einfach deshalb, weil das einzig konsultierte "Idol" gar nicht dazu in der Lage ist, diese Grundlagen zu bieten).
Mir scheint das so ein wenig die auf die Fotografie übertragene Geschichte "vom Tellerwäscher zum Millionär" zu sein. Und in der Regel haben diese Geschichten meistens dazu geführt, dass der Millionär reicher wird und der Tellerwäscher Tellerwäscher bleibt.
Naja - soweit meine Gedanken zum Thema.
Geht es da irgendjemandem ähnlich oder allen am *rsch vorbei (was ich voll und ganz verstehen könnte und wahrscheinlich der gesündere Umgang wäre).
Grüße,
Tasnal