Meine eigene Set-Erfahrung über Video-DSLRs in professionellen Produktionen:
Alles dauert länger!
Man sitzt länger am Makeup, weil HD generell nicht gerade angenehm zur Aufzeichnung der menschlichen Haut ist
Bis das Licht steht und gut aussieht braucht man mehr Lampen, größere Lampen und gibt alles, was man an Filmmaterial spart, nur noch für noch mehr Technik aus um die Kamera irgendwie lauffähig zu halten. Die Dinger haben halt nicht gerade einen Dynamikumfang, der einfach in Griff zu kriegen ist. Hier zeigt sich eine deutliche Limitation der Kamera, weswegen es sich auf halbwegs vernünftigen Produktionen nicht durchgesetzt hat, auf einer Video-DSLR zu drehen (auch bei der immer wieder zitierten "House MD"-Folge haben sie darüber geflucht und am Ende 1/3 mehr Budget ausgegeben als sie es klassisch mit 35mm gehabt hätten; aber sie wollten halt den Look).
Die Focus Puller arbeiten sich dabei zu Tode weil auch nur minimal unscharf nicht mehr halbwegs akzeptabel sondern direkt der Tod des Bildes ist. Also verlängern sich Zeiten für Schärfenproben, Schärfen nehmen usw.
Dies dauert oft sogar noch länger als wenn auf 35mm anamorph gedreht wird.
Dazu ist das Equipment einfach nicht für den professionellen Gebrauch ausgelegt. Man muss damit ständig umgehen, wie mit einem rohen Ei und muss sich tausend Dinge anbauen um damit überhaupt drehen zu können.
Außerdem ist Monitoring ein Problem... keine professionellen Ausgänge, also braucht man wieder eine Breakout-Box und blablabla.
Dann baut man sich die Kamera wieder so zu, dass man auch direkt mit einer richtigen Kamera drehen kann.
Dazu braucht man dann auch wie bei jeder digitalen Kamera einen Digital Imaging Technician (DIT), der ständig das Bild kontrolliert und optimiert, sowie einen Data Wrangler, der die Daten sichert. Gerade der DIT ist ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Ich arbeite selbst als DIT und kriege dafür so meine 380€ am Tag bei Serie und Film, für Werbung entsprechend mehr.
Wer etwas anderes behauptet (alles ist so einfach und toll und Schärfe macht ja eh der Kameramann selbst... na klar... das kommt auch mal vor, aber ist nur in bestimmten Situationen praktikabel), hat einfach noch nicht mit richtigem Equipment gedreht. Selbst mit einer semi-professionellen Sony PMW-EX1 ist es einfacher zu guten Bildern zu kommen und die Paintbox der Sony-Kameras ist ein mächtiges Tool (Farbkorrektur und Lookerstellung direkt in der Kamera).
Es gibt aber einen wirklich positiven Nutzen von DSLRs... sie sind halt klein und machen dafür bei guten Lichtverhältnissen (egal ob künstlich erzeugt oder available light) recht ordentliche Bilder, die sich gerade für Zwischenschnitte eignen. Gerade bei Actionszenen kann man so Kameras schnell mal an ein Auto mounten oder überall hinschmeißen. Die werden dann geschrottet und hoffentlich ist die Speicherkarte noch heil. So wurden sie z.B. auch bei "Iron Man 2" verwendet (siehe Bericht im "American Cinematographer May 2010). In halbsekündigen Zwischenschnitten sorgen sie so für spektakuläre Einstellungen, die man so nicht bekommen hätte, bzw. nur recht aufwändig hätte planen müssen.
Bei "Black Swan" (derselbe Kameramann wie bei "Iron Man 2") wurden die kleinen Dinger für die U-Bahn-Szenen benutzt, einfach weil man kein Geld hatte um sich eine richtige Drehgenehmigung zu leisten und eine U-Bahn zu mieten, die nur für einen fährt. Also ist man mit Duldung der Bahngesellschaft mit kleinem Team in die U-Bahn und hat sich ein Abteil freigesperrt. Dort hat man sich aus Platzgründen für ne Mark IV entschieden. Und man hat auch supersimpel gedreht. Dort hat der Kameramann nämlich in der Tat auch selbst die Schärfe gemacht und alles. Wenn man aber hinschaut gibt es in der Bahn auch keine Bewegung und man hat so die ISO hochgedreht, damit man auf einer Blende 8 oder 11 drehen konnte. Das Rauschen hat man dabei problemlos in Kauf nehmen können, da der restliche Film auf s16mm 500ASA-Material (recht grobkörnig bei 16mm) gedreht wurde. Man muss hierbei aber auch beachten, dass die Farbkorrektur von dem Material wirklich ordentlich was an Zeit geschluckt hat.
Auch ein Nachteil, der Codec dieser Kameras ist "zum kotzen", man hat kaum mehr Möglichkeiten in der Farbkorrektur, bzw. sitzt da tagelang an einzelnen Szenen, bis sie gut aussehen. So etwas ist mit Analogfilm oder den großen digitalen Kinokameras wie der F35 oder Alexa nicht der Fall, diese sind fast beliebig manipulierbar.
So, das sollte erst mal reichen und mehr fällt mir gerade spontan nicht ein.
Quellen... beruhen natürlich viel auf eigene Erfahrung und von dem, was andere Kameraleute, Assistenten und sonstige Crewmitglieder erlebt haben. Einiges kann auch ergooglet werden. Ich empfehle dir einige Ausgaben des "American Cinematographers" zu bestellen (theasc.com), da dort in letzter Zeit natürlich auch viele Produktionen betrachtet werden, die auf den Photoknippsen drehen und die Kameraleute dort direkt über ihre Eindrücke und Probleme, aber auch über die Vorteile reden. Dort sieht man auch, dass die Kameras wirklich eher im Low Budget-Bereich vertreten sind und auf richtigen Filmsets eine doch deutlich untergeordnete Rolle spielen.