... na ja, auch in modernen Zeiten ist niemand gefeit gegen Mystik. Gerade diese Allround-Öle genießen ja ähnliches Ansehen wie Extrakte vom Nashorn in der asaitischen Volksmedizin. Heute gibt es aber weitaus bessere Mittel z.B. für die Desinfektion oder die Behandlung von Ohrenbeschwerden u.ä.
Das Image des Trappers (der sich "Pulver" in die Wunde streut) und des harten Hundes geht natürlich damit dahin. Damals hatten die Soldaten wahrscheinlich im Felde auch nichts Anderes.
Im Fotobereich würde ich Öle allerdings grundsätzlich nicht großflächig anwenden, da Fette und Öle die Wiederverschmutzung (durch Bindung von Staub) generell erhöhen (deshalb verwende ich ja auch einen Kugelkopf, der ohne Schmierstoffe auskommt). Außerdem funktiniert die Sensorreinigung meiner Kamera nicht gut bei feuchten und öligen Verschmutzungen und jedes Öl kommt irgendwann auch überall hin. Daher gilt für mich bei solchen Stoffen: Nur das Nötigste.
Die Holzstative sind ja bereits oberflächenbehandelt; da sollte auf lange Zeit Wasser und evt. Seife völlig ausreichen; bei Beschädigungen sieht es natürlich anders aus. Da kann man über das Öl durchaus diskutieren (es bei Beschädigungen aber nur punktuell einsetzen, bei alten verwitterten "rauhen" Stativoberflächen evt. auch großflächig ?).
Denn:
Bei farblos lackiertem Holz bewirkt das sehr gute Kriechverhalten eines seiner Hauptbestandteile (Weißöl), das es alle Inhaltsstoffe auch in kleinste Beschädigungen "mitreisst" und diese versiegelt, ohne dass man Nachlackieren müsste. Insofern ist das Öl evt. (?) gerade für ältere Stative geeignet.
Was mit den wenigen (aber im Trend liegenden) farbig lackierten Holzstativen (schwarz, grün) allerdings ist, müsste erst geklärt werden.
Aber: Der Einsatz von Waffenöl sollte logisch betrachtet dazu führen, dass man es immer öfter einsetzen muss.
Grund:
Die wasserabperlende Wirkung der ab Werk behandelten Oberfläche eines neuen Statives wird abgeschwächt, da das Öl ein Detergenz enthält, das an sich die Mischbarkeit (und damit die Kriechfähigkeit) des Öles erhöht - nämlich Ölsäure. Diese führt aber gleichzeitig durch seine Eigenschaften zu einer besonders leichten Abwaschbarkeit des Ölfilmes durch Wasser. Das Öl verbleibt also nur in Ritzen von Lackschäden und reinigt, führt aber nicht zu einer Schutzschicht auf dem intakten Lack. Stattdessen wird es schnell abgewaschen und reisst dabei noch Anteile der Originallackierung (die für die Wasserabperlende Wirkung bürgen) durch den Lösemitteleffekt mit sich.
Was sagt denn eigentlich der Stativhersteller zu dem Thema ?
Eine EMail an den Support sollte doch ausreichen.
Nochmal zum Waffenöl:
Für rohes unbehandeltes Holz (auch für gelaugtes im Küchenbereich ist dieses Waffenöl aber gänzlich ungeeignet. Durch die Molekülstruktur kann es unter Raumbedingungen weder polymerisieren (vernetzen) noch Sauerstoff anlagern. Die Oberfläche wird schmierig und es verschließt die Poren derart, dass man später andere Pflegemittel nicht mehr einsetzen kann (und auch nicht Nachlackieren kann).
Für behandeltes (lackiertes) Holz sind Weißöle (Bestandteil des Waffenöls)
dennoch oft auch in Möbelpolituren enthalten, aber es gilt oben Gesagtes, man sollte Bedenken, was man später mit dem Holz noch vorhat.
M. Lindner