AW: Pentaspiegel- oder Pentaprismen-Sucher ?
multicoated schrieb:
IMHO ist hier mit "Spiegelsucher" meist eine kastenartige Kostruktion aus metallisierten, eben "normalen" Spiegeln, gemeint. Natürlich ist auch ein Prisma im Prinzip eine Art Spiegel, es gibt aber eben aus Kostengründen eben auch sog. "Pentaspiegel"-Kontruktionen, die konstruktionsbedingt leider mehr Licht und Kontrast "schlucken". Drastisch ist das aber IMHO nicht.
Na dann eben noch etwas weiter ausgeholt. Wir befinden uns im Kapitel "Planoptik". Dabei sind die Begriffe in der Optik klar sortiert, in der Fotobranche werden leider oft die Begriffe falsch verwendet.
Prismen kann man nicht nur zur Beugung verwenden, um spektral aufgetrenntes Licht zu generieren. Häufig werden Prismengläser mit Verspiegelungen versehen, um den Lichtweg
ohne Brechung und Farbdispersion zu verändern, so auch im Sucher der SLRs.
Alle Prismensucher besitzen dabei an den entscheidenden Stellen Verspiegelungen, wie sonst könnte auch der Lichtweg ohne Brechung und Farbdispersion in der Richtung verändert werden. Wenn man schrägen Lichteinfall und Brechung hätte, dan gäbe es im Sucher ein Regenbogen-schillerndes Farbenfest. Der Prismensucher hat die konkrete Aufgabe, den Lichtweg seitenrichtig um 90° zu verändern. Hierfür wäre
ein Spiegel nicht hinreichend, da wir dann alles auf dem Kopf stehend und seitenverkehrt im Sucher sehen würden. Also muss man zweimal spiegeln, wobei zwei alternative Strahlengänge zur Verfügung stehen: Pentaprisma und Dachkantprisma - und beide sind Spiegelprismen!
Das Pentaprisma arbeitet folgendermassen:
- untere plane Fläche (1) ist geschliffen, poliert und transmissiv: Licht kommt hier von der Mattscheibe rein
- verspiegelte Fläche oben (2) ist nach vorne gekippt und spiegelt das Bild nach vorn-unten
- vorn-unten ist der nächste Spiegel (3), der das Bild gerade nach hinten spiegelt
- über die exakt senkrecht stehende Hinterfläche des Prismas (4; geschliffen, unverspiegelt) verlässt das Licht das Pentaprisma
- vier Flächen haben wir nun bereits, die fünfte Fläche (5) schneidet das sonst überschüssige Glas zwischen Vorderkante von (2) und Vorder-Oberkante von (3) weg
Oder es geht mit dem Dachkantprisma, welches folgendermassen arbeitet:
- untere plane Fläche (1) wieder geschliffen, poliert und transmissiv: Licht rein
- Licht fällt auf zwei, in exakt 90° zueinander stehende Spiegelflächen an der Oberseite, die in Art eines Dachfirstes (dies ist die Dachkante des Dachkantprismas) gleichzeitig in einem 45°-Winkel von hinten oben nach vorn unten abfallend stehen, so dass von unten kommendes Licht um 90° nach hinten, also direkt zum Okular gespiegelt wird.
- Licht tritt an der Okularseite wieder durch eine plane Fläche aus dem Prismenkörper aus
Den Effekt der 90° zueinander geneigten Spiegel kennt jeder, der schon einmal einen Spiegelschrank mit zwei innen aufgehängten Türen in dieser Weise positioniert hat. Man sieht sich bei 90°-Winkel zwischen den Türen plötzlich wieder seitenrichtig.
Der Vorteil des Dachkantprismas: es ist kleiner, leichter und erlaubt die kompakte Montage eines Aufschnapp-Blitzes. Bei Pentaprismen ist der Glasklops deutlich größer und schwerer und ein Aufschnappblitz passt kaum mehr davor bzw. sähe arg unschön aus.