Es gibt kein Objektiv, was alles kann und die Objektive, die so etwas versprechen, sind optischer Murks.
Also kommst Du nicht umhin, Dir Gedanken zu machen, mit welchen Motiven Du Dich am meisten beschäftigen willst.
Zum Freistellen und zum Tele ist einiges gesagt worden. Ich möchte aber noch einiges zu sehr lichtstarken Objektiven bemerken. Bei großen Offenblenden, z.B. bei Blende 1,8 beim Canon 50/1,8 ist die Schärfentiefe sehr klein. Das ist gewollt, wenn man freistellen will, d.h. der Hintergrund unscharf sein soll. Befindet sich das Motiv in der Nähe, z.B. ein Gesicht, dann kann es sein, dass man nicht das ganze Gesicht scharf bekommt, sondern z.B. nur die Nase. Ganz allgemein gilt, dass große Offenblenden schwierig richtig zu fokussieren sind. Kleinste Fehlfokusse und kleinste Fehler beim Fokussieren machen sich sehr stark negativ bemerkbar. Es passiert recht oft, dass im Sensorfeld das oder die Motive unterschiedliche Entfernungen haben und da die Kamera nicht weiß, auf was es Dir ankommt, sind solche Fotos oft fehlfokkusiert. Um das in den Griff zu bekommen, müsste man manuell mit Stativ und mit LiveView und Lupe fokussieren. Das erfordert einige Erfahrung und Feingefühl. Zum "Anlernen" ist das 50/1,8 gut geeignet und wegen des geringen Preises ist es nicht so schlimm, wenn das Freistellen doch nicht so Dein Ding sein sollte.
Bei Telebrennweiten solltest Du bei einer DSLR auf sehr kleine und schnelle Motive verzichten. Zu den undankbarsten Motiven gehören Vögel in freier Wildbahn. Ein "normales" Tele mit max. Brennweite von 250 oder 300 mm ist da nicht geeignet, von der mangelhaften Bildqualität bei großen Brennweiten abgesehen. Als Einsteigermodelle für Tele sind Canon 55-250 und Tamron 70-300 geeignet, aber nur die neuesten Versionen.
Für Landschaft und Architektur, insbesondere enge Städte, braucht man ein Ultraweitwinkel mit 8 oder 10 mm Anfangsbrennweite (bei einer Crop-Kamera), es sei denn Du willst Details heran holen. Bei UWW sollte man sich aber vorher bezüglich Bildkomposition beschäftigen. Geknipste UWW-Bilder sehen oft recht schlecht aus.
Dein 18-55 IS ist optisch viel besser, als es der Preis vermuten lässt. Auch sauteure L-Objektive sind in diesen Brennweitenbereich nicht viel besser.
Ein gute Foto entsteht nicht in erster Linie durch teure Kameras oder Objektive, sondern durch originelle Bildideen und Bildgestaltung.
Ich empfehle Einsteigern immer, erst einmal mit dem 18-55 IS zu fotografieren und sich insbesondere mit der Bildgestaltung zu beschäftigen. Hierbei merkst Du, welche Brennweiten usw. Dir am meisten fehlen.
Es gibt kostenlose Software, die Deine Bildordner analysieren kann und Dir eine Statistik zu den verwendeten Brennweiten erstellt. Jeder Fotograf hat da andere Lieblingsmotive und Gewohnheiten und die kannst Du Dir nicht einreden lassen, sondern musst sie selbst durch viel Fotografieren heraus finden. Wenn z.B. sehr viele Bilder bei 18 mm gemacht wurden, ist das ein Indiz dafür, dass Du ein UWW gebrauchen könntest. Sind sehr viele Bilder bei 55 mm Brennweite, ist das ein Indiz für ein Tele.
Ich war davon überrascht, wie meine Brennweitenanalyse ausgefallen ist. Etwa 20 ... 25 % der Bilder haben eine Brennweite von 10-15 mm, 1 ... 2 % eine Telebrennweite und der Rest eine Brennweite von 18 bis 35 mm. Aber jeder Fotograf hat da seine Statistik.
Für den Anfang würde ich an Deiner Stelle auf solche Motive verzichten, die sehr spezielles Equipment und viel Erfahrungen erfordern und mich lieber von einfachen Motiven langsam zu schwierigeren Motiven ranarbeiten.
Welche Motive sind für Anfänger weniger geeignet:
- Vögel und kleinere Tiere in der Natur
- sehr schnelle Motive, z.B. Rennautos, Pferderennen, schnelle Tiere, ...
- schwierig zu fokussierende Motive, z.B. gatte Flächen im Sensorfeld, Gitter, Maschendraht, Grashalme, Blätter im Sensorfeld (mit Hauptmotiv dahinter)
- schlechte Lichtverhältnisse
- Makros
Wenn Du Dich für eine DSLR entschieden hast, sollte man mal überlegen, was deren Vorteile gegenüber einer guten Kompakten sind:
- man kann Objektive wechseln
- eine DSLR kann bei entsprechender Ausrüstung auch bei schlechten Licht arbeiten
- es gibt UWW und Makroobjektive - beides gibt es bei Kompakten nicht
- es gibt ordentliche externe Blitzgeräte (die internen Blitzgeräte sind nur sehr schwach) - ein internes Blitzgerät reicht nicht viel weiter als 2 ... 3 m, meines auch 20 m. Diese Blitzgeräte kommunizieren mit einer DSLR, nicht aber mit einer Kompakten.
- mit externen Blitzgerät kann man indirekt blitzen - sehr großer Vorteil wegen natürlicher Hautfarben und fehlender Schlagschatten
- man kann Belichtungserien machen
- man hat mehr Freiheiten, manuell oder teilautomatisch zu arbeiten und damit mehr Möglichkeiten zur Bildgestaltung
- DSLR haben meist einen ordentlichen optischen Sucher. Ein optischer Sucher ist in 95 % der Fälle besser als der Kameramonitor.
- es gibt Objektive mit sehr großen Blende, z.B. 1,4
- die Bildqualität ist deutlich besser als bei einer Kompakten. Man kann im Gegensatz zu einer Kompakten auch hochqualitative Poster herstellen.
- Man kann spezielle Filter benutzen, z.B. Polfilter und Graufilter usw.
Langfristig solltest Du überlegen, wofür Du Deine DSLR besser einsetzen kannst als eine Kompakte. Sonst hättest Du Dir das Geld und das Schleppen der Ausrüstung ersparen können.
Was kann eine gute Kompakte besser:
- geringeres Gewicht
- größere Brennweiten
- große Schärfentiefe - gut für schnelle Motive bei guter Helligkeit
Ich habe als Sicherheit meist eine kleine gute Kompakte mit, falls die DSLR mal ausfällt oder für schnelle Motive.