In deinem prinzipiellen Ansatz hast du recht, im Ergebnis leider auch nicht ganz, das Ergebnis ist keinesfalls das gleiche wie beim analogen Foto. Ich hab folgende Aufstellung fürs dforum gemacht, was sich ändert und was nicht:
Es ist simpel - lediglich 4 Ausgangsgrößen sind nötig: reale Brennweite, Blendenöffnung, Naheinstellentfernung und Sensor/Filmgröße
Der Abbildungsmaßstab ergibt sich aus realer Brennweite und Entfernung, der größte Abbildungsmaßstab also aus Naheinstellgrenze und realer Brennweite -> hier ändert sich nichts durch den Crop (Beschneidung/Verkleinerung) des Sensors
Die Perspektive ist vor allem vom Bildwinkel abhängig und dieser wiederum von der realen Brennweite und der Sensorgröße. Der Bildwinkel wird durch einen kleineren Sensor kleiner! Ein Normalobjektiv hat einen Bildwinkel von um die 47°. An einer Kleinbildkamera ist dafür eine Brennweite von ca. 50mm erforderlich, an einer 1,6Crop-Kamera ein Objektiv mit ca 32mm.
Ausgehend von diesen Normalbrennweiten definiert man auch über den Bildwinkel Weitwinkel- und Teleobjektive. Ein Teleobjektiv oder ein Weitwinkel wird nicht durch seine reale Brennweite zu einem solchen sondern durch die Perspektive, also seinem Bildwinkel an einer entsprechenden Kamera. Ein Weitwinkelobjektiv an einer Kleinbildkamera kann so zu einem Teleobjektiv an einer Cropkamera (mit starkem Crop) werden.
Durch einen Crop hat man also sehr wohl einen 'Teleeffekt', auch wenn dies häufig anders dargestellt wird, da ein 'Teleeffekt' auf einer verengten Perspektive und somit einem verengtem Bildwinkel beruht.
Warum sehe ich nun diesen Teleeffekt nicht als Vergrößerung durch den Sucher einer Crop-DSLR? Antwort: Weil der Sucher einer DSLR im Gegensatz zu einer SLR ohne Crop nur beschnitten wird und das Auge als Aufnahmewerkzeug erhalten bleibt und seine spezifischen Eigenschaften nicht ändert. Anders ist es Beispielsweise bei den Consumer- und Prosumer-Kompaktkameras, da wird der (teilweise auch elektronische) Sucher entsprechend angepaßt. Bei einer DSLR von derzeit max 1,6 Crop erscheint das den Herstellern wohl zu aufwändig, interessant wäre es bei der E-1, leider konnte ich noch nicht durchblicken, ob man sich dort zu einer entsprechenden ANpassung durchgerungen hat.
Warum habe ich dann bei dem Sensor eine Vergrößerung? Anwort: Da wir die Bilder nach der Aufnahme zum Vergleich meist auf der gleichen Größe betrachten. Sowohl das Bild einer KB-Kamer, als auch das einer 1,6Crop-Kamera als auch einer 4Crop-Kamera wird beispielsweise auf 10x15cm ausbelichtet. Es erfolgt also eine Vergrößerung des kleineren Sensorbildes auf eine gewohnte Größe. Das Bild entspricht anschließend Perspektivisch und von der Vergrößerung her einem Bild einer Kleinbildkamera mit der 1,6fachen (bzw. 4fachen) Brennweite.
Die Vergrößerung berechnet sich aus Zielbildgröße/Sensor-Größe, wobei Zielbildgröße alles sein kann, vom 19" Monitor bis zum Papierabzug. Ist die Zielbildgröße also gleich, die Sensor- oder Filmgröße aber kleiner, so wird entsprechender Quotient und damit die Vergrößerung größer!
Warum ist dann ein starker (!) Crop kein toller Ersatz für eine große Brennweite? Anwort: Weil die Auflösung der Objektive (und auch der Sensoren) begrenzt ist, die Vergrößerung des Cropabbildes also irgendwann schwammiger wird als die Aufnahme mit großer Brennweite und großem Sensor.
Welche Aufnahmeparameter ändern sich durch den Crop nicht? Es ändern sich nicht die Aufnahmeparameter die lediglich von der realen Brennweite abhängen: Abbildungsmaßstab (Ergebnis aus Brennweite und Abstand), Blende (Ergebnis aus Brennweite und Blendenöffnung), Tiefenschärfe (jetzt wirds ein wenig kompliziert, auf Wunsch kann ich später gerne mal näher drauf eingehen: die Tiefenschärfe bei gleicher Blende ist prinzipiell stark abhängig vom Abbildungsmaßstab und leicht von der Brennweite, wobei das mit dem Abstand variiert. Wählt man nun als Vergleichsbild die gleiche Perspektive, so fällt auf, daß der Abbildungsmaßstab bei der Cropkamera dann kleiner, die Brennweite kürzer gewählt werden muß, aufgrund der Gewichtung von ABbildungsmaßstab und Brennweite bei der Tiefenschärfe wird diese bei einer Cropkamera bei gleicher Perspektive größer sein! Legt man dagegen als Vergleich die Brennweite zugrunde, so wird die Tiefenschärfe bei gleicher Brennweite gleich sein, sich dann aber die Perspektive ändern).
Welche Aufnahmeparameter ändern sich durch den Crop? Es ändern sich die Aufnahmeparameter, die auch von der Größe des Bildwinkels abhängen: Perspektive, Verwacklungsunschärfe.
Insbesondere letzteres war ja Diskussionsgegenstand in einem anderen Thread, man sollte sich darauf besinnen, daß Unschärfe immer relativ zur Bildgröße zu quantifizieren wird. Beim Verwackeln bietet sich an dementsprechend auf den Bildwinkel zurückzugreifen, da Verwackeln gut als Winkelbewegung der Kamera betrachtet werden kann. Da der Quotient aus Winkelbewegung und Bildwinkel bei einer Cropkamera größer wird, wird dann auch logischerweise die Verwacklungsunschärfe größer.
Auch bei festgehaltenen Bewegungen muß man an die veränderte Perspektive denken. Jedem ist klar, daß man mit einer Kleinbildkamera einen in gleicher Entfernung vorbeifahrenden Zug bei 200mm Brennweite entsprechend kürzer Ablichten muß als bei 28mm. Dies liegt aber weniger an der Brennweite als vielmehr an der veränderten Perspektive und am Verhältnis der Bewegung des Zuges zum Bildwinkel. Ähnliches ist dann natürlich auch bei einer Cropkamera zu beobachten. Bei gleicher Brennweite und damit veränderter Perspektive ist die Belichtungszeit also anzupassen!
Also nochmal in Kürze: Der Crop ändert den Bildwinkel und damit alle (!) mit diesem verbundenen Parameter. Der Crop ändert aber nicht die reale Brennweite.
Ein Crop ist zudem keine fotografische Neuerfindung sondern im Grunde eine alltbekannte Sache, da auch Großformat, Mittelformat und Kleinbild bei gleicher Brennweite zu anderen Bildwinkeln und damit anderen Perspektiven kommen. Die damit verbundenen Phänomene sind demnach von allen Fotografen, die mit unterschiedlichen Formaten fotografieren, beobachtet worden und fließen werden u.a. bei der Fotografenausbildung thematisiert, wenn die Folgen (sowie Vor- und Nachteile) der unterschiedlichen Formate erörtert werden.
(Anmerkungen: die obigen ANgaben sind simpel auf Grundlage des Realschulwissens in den Bereichen Geometrie und Geometrische Optik nachvollziehbar, wer sie anzweifelt sollte sich die Mühe machen, geeignetes Vorwissen anzusammeln und sie dann versuchen nachzuvollziehen - anschließend darf natürlich auch gerne gefragt werden. Die Zusammenhänge wurden teilweise extrem vereinfach, z.B. bei der Tiefenschärfe, hier spielen noch weitaus mehr Parameter eine Rolle, in ihrer Kernaussage aber richtig, wer nähere Informationen wünscht, kann mich gerne fragen. Alles andere würde hier den Rahmen derzeit sprengen.)