Kann das Sigma 18-200 Superzoom mit Bildstabi tatsächlich nicht volle 10 MP auflösen?
Du solltest wissen, daß die praktische Ausnutzbarkeit von 10 MP von mehreren Faktoren abhängt. Man kann nicht sagen "dieses Objektiv löst 10 MP auf", sondern man muß weitere Dinge berücksichtigen.
1) Ohne absolute Verwacklungsfreiheit gibt es niemals die volle Auflösung; zwischen "ich finde das Bild scharf" und "das Bild ist so scharf wie technisch möglich" ist ein großer Unterschied. Wenn man sich im Grenzbereich bewegt (auch unter Ausschöpfung des Bildstabilisators) kriegt man immer nur subjektiv scharfe Bilder, aber keine technisch optimal scharfen.
2) Irgendwo hat jedes Objektiv seine "optimale Blende"; größere Blenden zeigen Objektivfehler deutlicher, während zu kleine Blenden Beugungsunschärfe verursachen. Das trifft auf billige wie teure Objektive zu, aber auf unterschiedlichem Niveau. Teure (lichtstarke) Objektive muß man für gute Qualität meist nicht so stark abblenden wie billige - aber ein Billigobjektiv bei optimaler Blende wird meist besser abbilden als ein Spitzenobjektiv bei Offenblende oder stark abgeblendet. Das ist einer der vielen Gründe, warum man aus einzelnen Beispielfotos niemals auf die Gesamtqualität des Objektivs schließen kann.
3) Im Fall des Zoomobjektivs kommt noch die Brennweite hinzu. Superzooms bieten meist am unteren und oberen Ende nicht die bestmögliche Qualität; dazwischen gibt es einen Brennweitenbereich mit etwas besserer Abbildungsleistung.
4) Ja, klar, auch die Qualität (und damit häufig der Preis) des Objektiv spielt eine Rolle. Bei "billig" und "teuer" ist allerdings zu beachten, daß dies nicht nur eine Frage der Qualität, sondern auch eine Frage der Ausstattung ist. Für beste Qualität muß man gar nicht viel investieren - wenn man dafür auf Flexibilität verzichtet. So kann unter jeweils optimalen Bedingungen eine preiswerte Festbrennweite wie das Nikon 1,8/50 besser abbilden kann als ein sauteures Profi-Zoom wie das 2,8/17-55DX - und das liegt seinerseits deutlich über der Leistung sämtlicher Superzooms (incl. Nikon 18-200VR).
In der Praxis des Hobbyfotografen wird man, egal welche Objektive man benutzt, nur selten die Auflösung einer 10-MP-Kamera ausnutzen können. Ist man ohne Stativ unterwegs, arbeitet man dazu entweder mit zu großen Blenden, oder man kann nicht kurz genug belichten, oder beides. Und es nutzt ja auch nicht viel, immer die optimale Blende zu suchen, wenn man aus gestalterischen Gründen (oder weil das Licht knapp wird) eine bestimmte Blende braucht.
Tatsächlich gibt es nur verschwindend wenige Motive, für die man mehr als 6 MP Auflösung braucht, aber mit 10 MP auskommt. Wirklich hohe Auflösung braucht man nur, wenn das Motiv viele feine Details hat
und man ein Poster davon drucken läßt, das diese Details auch zeigt. Motive ohne feine Details benötigen keine hohe Auflösung, egal wie groß man druckt. Und wenn das Motiv wirklich hohe Auflösung erfordert (ich nenne als Beispiel immer gern die Gruppenaufnahme mit mehreren tausend Personen), reichen 10 MP ohnehin nicht aus.
Lange Ausführung, kurzer Sinn: Die Frage, ob (und ggfs. unter welchen Bedingungen) das Objektiv 10 MP auflöst, ist ähnlich unwichtig wie die Frage, ob die Kamera 6 oder 10 MP hat. Das sind Unterschiede, mit denen sich Kameratester gern befassen, weil es eh so wenig Qualitätsunterschiede zwischen DSLRs gibt - und mit irgendwas müssen die ihre Zeitschriften ja füllen. Vermutlich hat selbst das Sigma-Superzoom irgendwo im mittleren Brennweitenbereich und bei mittlerer Blende eine Einstellung, die gut genug ist, um den Unterschied zwischen 6 und 10 MP in starker Vergrößerung sichtbar zu machen. Aber für den praktisch denkenden Fotografen ist sowas ziemlich egal, denn da zählt nur das, was am Ende auf dem Fotopapier zu sehen ist.
Wer wirklich auf hohe Auflösung angewiesen ist, wird weder eine 6- noch 10-MP-Kamera nehmen, sondern irgendwas mit 28 MP oder mehr - und dann natürlich auch für die entsprechend optimalen Aufnahmebedingungen sorgen.