Dem Objektiv ja, dem Fotograf aber nicht. Irgendwie scheint dein "Fehler" der zu sein, dass du keinen praktischen Bezug zum ganzen ziehst. Du postulierst einfach mal eben, es muss die selbe Lichtstärke besitzen, ohne an die entsprechenden praktischen Konsequenzen zu denken.
Abstrakte, realitätsferne Definitionen sind eine Berufskrankheit bei Mathematikern.
Aber ernsthaft: Die Unterschied liegt glaube ich in der völlig unterschiedlichen Motivation, überhaupt über KB statt Crop nachzudenken.
Mir ging es in erster Linie darum, in Situationen noch brauchbare Bilder machen zu können, in denen ich zumindest mit der 40D an Grenzen stieß: Wenn bei ISO 1600 (schon ordentliches Rauschen) und Offenblende immer noch die Belichtungszeit zu lang wird, kann man nur noch Blitzen (je nach Situation keine gute Option) oder aufgeben. Nach dem, was ich so sehe, bringt eine aktuelle Cropkamera da etwas mehr als eine Blende, d.h. ISO 3200 würden noch etwas weniger (störend, nicht unbedingt messtechnisch) rauschen als ISO 1600 der 40D. Wenn schon neuer Body, wollte ich die Grenze aber soweit verschieben wie möglich und den weiteren Unterschied von etwas mehr als einer Blende zum KB auch haben. Die Kosten: Teurerer Body und Obsoleszenz des 17-55/2.8.
Vor diesem Hintergrund erschien es mir schlicht komplett widersinnig, an den KB-Body dann ein lichtschwächeres Objektiv zu stecken, weil das den ganzen Umstieg sinnlos machen würde. (Ich habe aber auch geschrieben, dass jemand, der sich aus anderen Gründen für KB entscheidet, das anders sehen mag.)
Diese Konsequenzen sehen aber so aus:
Mit der selben Lichtstärke am KB, bekommst du grundsätzlich ein höheres Freistellungs-Potential und ein besseres Rauschverhältnis. Du hättest dich bei derselben Lichtstärke also verbessert. Wie kannst du hier also von "äquivalent" sprechen?
Einfach weil die Verbesserung durch den Sensor kommt, nicht durch das Objektiv. Das tut nur genau das gleiche, abgesehen davon, dass es einen größeren Bildkreis ausleuchtet. Dadurch
ermöglicht es die Verbesserung, die ein größerer Sensor bringt, erzeugt sie aber nicht selbst.
Das wäre ungefähr so, als würdest du sagen ein 2-Liter Benzin-Motor sei äquivalent zu einem 2-Liter Dieselmotor, weil sie beide ja den gleichen Hubraum haben. Dass der Dieselmotor aber mehr PS und mehr Drehmoment hat und damit den Benzinmotor in Grund und Boden stampft, ist wohl unerheblich...?
Der Vergleich hinkt deswegen, weil hier Objektiv und Sensor schon wieder zu einer Einheit verschmolzen sind: Was vom Motor soll denn Objektiv und was Body sein?
Etwas treffender (wenn auch zugegebenermaßen immer noch weit hergeholt) wäre die Betrachtungsweise, die beiden Motoren als äquivalent anzusehen, wenn ihr Drehmoment gleich ist. Nun mag es sein, dass einer der beiden das Drehmoment bei einer höheren Drehzahl erreicht, sodass du bei diesem mehr Möglichkeiten hast, mit einem zusätzlichen Getriebe bei immer noch ausreichender Drehzahl mehr Moment herauszuholen. Das ändert aber nichts daran, dass die Motoren drehmomentgleich sind.
Ich denke, da nähern wir uns der Sache: Für mich zählt das Drehmoment, für dich die Leistung (Drehmoment mal Drehzahl). In Objektiven gedacht: Ich sehe zwei Objektive als gleich an, wenn sie die gleiche Lichtdichte (Licht pro Fläche) erzeugen. Du siehst sie als gleich an, wenn die Lichtmenge auf dem Sensor (also die Dichte über die Fläche aufintegriert) gleich ist.
Merkwürdigerweise machst du diesen Fehler beim Bildwinkel nicht: hier sagst du richtigerweise, dass bezüglich des Bildwinkels z.B. ein 85mm an KB äquivalent zu einem 50mm am Crop ist, obwohl die Brennweite der Objektive unterschiedlich ist. Wieso lässt du dies aber nicht für die Lichtstärke gelten?
Gut, ein Stück weit hast du mich hier: Ich argumentiere, dass ich nur auf das Objektiv gucke, nicht auf den Sensor. Der Bildwinkel hängt aber auch vom Sensor ab. Ein Widerspruch.
Dennoch: Den gleichen Bildwinkel zu fordern halte ich für naheliegend, da sonst das Bild zwangsläufig ein gänzlich anderes ist. Hingegen davon auszugehen, dass die Lichtdichte nun genau halb so groß zu sein hat, da ja schließlich die Fläche doppelt so groß ist und am Ende das Integral gleich sein soll, kommt mir willkürlich vor.
Es ist nunmal so: selbe Lichtstärke am KB führt grundsätzlich zu einem höheren Freistellungspotential (kannst du nahtlos auch für Mittelformat anwenden). Als kann die gleiche Lichtstärke unmöglich als "äquivalent" bezeichnet werden. Gleiches Thema bezüglich ISO: an KB führt die selbe ISO grundsätzlich zu weniger Rauschen, also kann die selbe ISO auch nicht als äquivalent bezeichnet werden.
Ich verstehe wirklich nicht, warum du dich so schwer tust...? Wie gesagt vermute ich, dass du dir keine Gedanken über die Konsequenzen des gemachten Fotos machst.
Beim Rauschen sehe ich nicht, was das mit dem Objektiv zu tun hat. Nur weil mir die größere ausgeleuchtete Fläche technisch die Möglichkeit gibt, dort einen Sensor hinzubauen, der halb so stark rauscht, soll das Objektiv auch bitte nur das halbe Licht durchlassen, damit es wieder hinkommt? Nein, das Rauschen hat nichts mit dem Objektiv zu tun.
Bei der Schärfentiefe muss ich dir recht geben, die hängt in der Tat vom Objektiv ab.
Warum ich mich da "so schwer tue"? Auch hier kommt es auf die Ausgangssituation an: Unter schwierigen Lichtbedingungen muss man ohnehin die Blende öffnen und dann gestalterisch mit der entstehenden Schärfentiefe irgendwie klarkommen (notfalls die Position so verändern, dass alles Interessante in einer Ebene liegt - wenn das nicht geht, entscheiden, was unscharf wird). Das wird auf Grund der längeren Brennweite noch etwas schwieriger. Trotzdem wird man schwerlich auf Grund der Schärfentiefe anfangen, die Blende zu schließen - für diesen Luxus gibt es einfach nicht genug Licht. (Klar, ich stelle hier die Extremsituation dar. Aber genau die ist es, für die ich am Ende wirklich den KB-Sensor brauche.)
Ich beurteile ein Objektiv folglich danach, welchen Bildwinkel es liefert und welche Lichtdichte hinten herauskommt. Die Schärfentiefe ist etwas, mit dem ich mich dann arrangieren muss.
Du benutzt für den Bildwinkel die Äquivalenz, wohingegen du bei den restlichem Parametern wie der Lichtstärke an der "Gleichheit" festhälst. Auf diese Weise könnte ich auch argumentieren, dass ein Objektiv nur dann äquivalent ist, wenn es die selbe Brennweite hat. Konsequenz eines veränderten Bildwinkels? Interessiert mich nicht, eine Linse ist nur dann äquivalent wenn die Brennweite die selbe ist...
Wie gesagt: Die Definition hängt hier von den Anforderungen ab. Jemand mit einem extrem hochauflösenden Sensor könnte das durchaus so sehen: Es kommt darauf an, wieviel Licht ich aus dem Objektiv bekomme. Das Bild wird hinterher ausgeschnitten, also ist die Brennweite egal, solange sie nur klein genug ist, damit alles drauf ist, was ich brauche.
Also: Du hast mir aufgezeigt, dass meine Definition der Äquivalenz von Objektiven sehr stark von bestimmten Randbedingungen geprägt ist. Wenn man von der Ähnlichkeit der entstehenden Bilder auch in Bezug auf Schärfebereich und Rauschen durch die aktuell verfügbaren Sensoren ausgeht, mag deine mehr Sinn ergeben.
Das eigentlich interessante Fazit der Diskussion für mich ist, dass man zu den Gründen, sich für für KB zu entscheiden, einen weiteren hinzufügen kann, der mir nicht bewusst war:
- Bei gleichem Rauschen mit weniger Licht auskommen.
- Bei gleichem Bildwinkel besser freistellen (können).
Und eben auch:
- Unter bestimmten Anforderungen an den Objektivpark das historisch gewachsene Angebot an Objektiven dahingehend günstiger ausnutzen, dass man bei ähnlichen Bildergebnissen trotz des teureren Bodys insgesamt billiger wegkommt.
Das dürfte vor allem durch die 6D ermöglicht worden sein. Um die Mehrkosten einer 5D II (als sie neu war) gegenüber etwa einer 7D (zum gleichen Zeitpunkt) durch die Anschaffung (joesac-)äquivalenter KB-Objektive statt denen für Crop auszugleichen, dürfte deutlich schwerer sein.
Welche Objektive man jetzt in der Praxis auch qualitativ wirklich als äquivalent ansieht, kann man natürlich beliebig streiten. (50/1.8 statt 35/1.4 ?!)