Manche Kameras (z. B. Nikon) bieten tatsächlich eine simulierte Mehrfachbelichtung im Menü. Dabei werden zwei oder mehr Rohdateien aufgenommen und deren Werte addiert. Teilweise kann man sogar vorhandene Rohdateien nachträglich in-Kamera zu neuen Rohdateien und/oder JPEGs verrechnen.
Sinnvolle Anwendungen für eine solche simulierte Mehrfachbelichtung gibt es allerdings wenige. Dazu gehören an ehesten künstlerische und experimentelle Sachen. Man kann die Funktion auch nutzen, um mit einer einzigen Lichtquelle mehrere Lichtquellen zu simulieren (z. B. Repro-Aufnahmen mit Ausleuchtung schräg von zwei/vier Seiten). Sowas geht mit simulierter Mehrfachbelichtung in der Kamera tatsächlich genauer und einfacher als mit nachträglicher Verrechnung im Bildbearbeitungsprogramm.
(Das Simulieren einer analogen Mehrfachbelichtung funktioniert generell mit Rohdateien besser als mit fertigen JPEGs oder TIFFs, weil in der Rohdatei die Farbwerte noch linear vorliegen. Ich kenne aber keine Software, mit der man außerhalb der Kamera die Werte von Rohdateien addieren könnte. Insofern hat hier die simulierte Mehrfachbelichtung in der Kamera ihre Berechtigung.)
Andere Anwendungen der Mehrfachbelichtung, die in der analogen/chemischen Fotografie üblich waren, funktionieren mit der simulierten Mehrfachbelichtung entweder gar nicht oder sind nicht mehr lohnend.
Es gab auf chemischem Film z. B. die Möglichkeit des Mehrfachblitzens, wo man mittels Mehrfachbelichtung das Licht vieler Blitzauslösungen addiert hat. Mit der simulierten Mehrfachbelichtung funktioniert das so nicht mehr, weil jede Einzelaufnahme das Rauschen erhöht; dann könnte man auch nur einmal blitzen und den ISO-Wert hochschrauben. Im dunklen Raum könnte man zwar statt Mehrfachbelichtung den Verschluss auf B stellen und dann innerhalb einer Einzelbelichtung mehrfach blitzen, aber auch schon die längere Auslesezeit sorgt an digitalen Sensoren für mehr Rauschen.
Es gab früher auch sogenannte Doppelgänger-Filter, mit denen man jeweils eine Hälfte des Bildes abdunkelte. Ein Mehrfachbelichtung erlaubte dann das Zusammenfügen beider Hälften. Das könnte man zwar mit einer simulierten Mehrfachbelichtung an einer Digitalkamera immer noch machen, aber es ist heute viel zu umständlich, weil so ein Doppelgänger-Effekt mit Ebenen im Bildbearbeitungsprogramm viel schneller und flexibler geht.