Mit Google finde ich halt auch nur die "großen" Sachen, aber interessantere Möglichkeiten die in der nähren Umgebung liegen sind dann schon schwerer zu finden.
Da würde ich dem letzten Halbsatz gerne widersprechen und eine Lanze für die Umgebung "vor der Haustür" brechen. Ich finde viele Stellen wo ich dann auch immer wieder fündig werde und Fotos machen kann durch Google Maps.
Abgesehen davon aber auch durch einfach mit offenen Augen durch die Welt gehen bzw. fahren - sei es beim Ausblick aus Bus oder Bahn oder wenn ich mal bei jemandem im PKW mitfahre. Im Gespräch mit anderen Leuten die man zufällig trifft sind auch manchmal neue Infos dabei.
Ich fahre ja mangels Führerschein und Auto nicht selbst und bin eigentlich nur im Großraum Stuttgart und den angrenzenden Landkreisen im ÖPNV & dann zu Fuß unterwegs.
Und trotzdem habe das Gefühl, selbst dieser scheinbar überschaubare Raum hält eine unergründliche Fülle möglicher Spots (mal mehr und mal weniger versteckt) parat, die ich erkunden will.
Und viele Gebiete wandeln sich im Erscheinungsbild ja über die Jahre (und Jahreszeiten), sodass in Bezug auf viele Zielarten quasi jede Saison wieder die Karten neu gemischt werden.
Der Knackpunkt ist nicht etwa Google, oder gar die Gegend, die (klar) immer ausgerechnet bei einem selbst "nichts taugt" und wo es "nichts gibt".
Es ist viel eher, dass man gewisse Kenntnisse braucht, über die insbesondere Leute die rein von der Fotohobby-Seite frisch ans Thema herangehen oft nicht ausreichend verfügen.
Möglichst präzise Lebensraumansprüche kennen spielt eine Schlüsselrolle. Sozusagen eine Ebene darüber auch das Verbreitungsareal kennen. Und das dann kombiniert mit Wissen zur jahreszeitlichen Phänologie.
Als nächstes ist es nicht minder wichtig, die verschiedenen Lautäußerungen zu kennen - also nicht nur den Gesang, sondern halt auch die Rufe (Kontakt- / Warn- / Flug- / Bettelrufe).
Nicht zu vergessen auch andere Geräusche wie Flügelklatschen und das vor dem Hintergrund wann und wo man sich gerade befindet der Art zuordnen können (bspw. in halboffener Landschaft im Frühjahr in der Dämmerung Waldohreule im Balzflug).
Wissen wo Tageseinstände, Schlafplätze, Nistplätze liegen können und wo (und mitunter auch wie) Nahrung geholt wird, Kotspritzer, Gewölle unterscheiden, sieht ein Höhleneingang verkratzt oder mit Erde verschmiert aus (Bodenjäger) etc.
Dann noch etwas vom charakteristischen Verhalten verstehen, dass z.B. einzelne Grauammern gerne auch mal unter Trupps anderer Ammern, manchmal aber auch mit Feldlerchen oder Wiesenpiepern vergesellschaftet sind im Winter auf dem Acker.
Luftbildansichten aus Maps bzw. topografische Gegebenheiten die man draußen selbst wahrnimmt deuten und das dann mit den zuvor genannten Aspekten
kombinieren, diese Skills im Laufe der Jahre immer weiter verfeinern.
Das führt meiner Erfahrung nach langfristig ziemlich sicher zum Erfolg. Wo ist der Haken? Naja, es gibt m.M.n. keine so richtige Abkürzung für diesen Prozess. Ich mache es nachfolgend an ein paar Beispielen deutlicher.
1.
Was passiert in der Senke zwischen den hügeligen Äckern entlang des Grabens nach Regen? Es könnten sich große Lachen bilden und zur Zugzeit evtl. Limikolen daran rasten und stochern. Bergpieper sind jetzt aber auch gerne an sowas.
Mehrere Gräben durchziehen das Grünland und treffen sich irgendwo, unweit davon ist eine Wiese stellenweise im Luftbild subtil anders gefärbt, irgendwie gelbgrünlicher und "saftiger" als weiter abseits davon. Da wachsen vielleicht andere Gräser, bspw. Seggen - ein Hinweis auf Staunässe.
Für einige Limikolen ist das zwar gar nichts. Zwischen Anfang Oktober bis Ende März könnten aber sehr wahrscheinlich Bekassinen oder mit mehr Glück auch Zwergschnepfen in sowas drin stecken.
Und wenn es Frost hat und stehendes Wasser gefriert, dann sind die Schnepfen am fließenden Wasser - womöglich also an den Gräben daneben.
Manchmal sehen in den Luftbildern solche Stellen in Grünland regelrecht aus wie "Wasserflecken" an Textilien. Wenn du vielleicht weißt wo Biber am Werk sind - die fördern das Entstehen solcher Habitate.
2.
Weiträumiges Ackerland das nicht alle paar Meter von Siedlung, Wald, Gehölzstreifen, oder vielen Hecken durchschnitten ist, dafür hier und da eine Brache oder kniehoch Gründung, vielleicht sogar ein Ried in der Nähe?
Dann sind ziemlich sicher gerade Kornweihen und mit noch mehr Glück evtl. auch mal eine Sumpfohreule im Gebiet zu finden. Und im Spätsommer ziemlich sicher durchziehende Rohrweihen, falls nicht alles nur voller Mais steht.
Gerade für die Greife und Eulen aber bei der Begehung neben dem permanent aufmerksamem Rundumblick im Glas auch die Graswege & Ackersäume beachten: Sieht man viele Mäuselöcher und Gänge? Wenn nein ist das ein schlechtes Zeichen.
Vielleicht geht aber mal ein Trupp Goldregenpfeifer runter oder ein Sperber oder Merlin zischt flach den aufgeschreckten Feldlerchen, Wiesenpiepern, oder Bluthänflingen hinterher und sitzt dann ausgepowert auf einer Erdscholle oder im nächsten Gehölzstreifen.
Gibt es doch mehr Hecken bzw. Randbereiche zu kleinen Gehölzstreifen (gerne entlang von Gräben) oder Wacholderheiden, dann alle Spitzen abscannen wo der nächste Raubwürger hockt.
Etwas mehr Brachen mit Wilder Karde, wildere Ackersäume und Hecken wechseln sich kleinräumig mosaikartig ab? Vielleicht stecken da Rebhühner drin, bald nimmt die Rufaktivität der Hähne wieder stark zu, also auch darauf in der Dämmerung achten.
Evtl. auch mal bei Ornitho anmelden, Regionalkoordinator(in) anschreiben und beim MsB mitmachen? Kontakte knüpfen (evtl. gibt es Jahrestreffs oder so), Wissen der Spezialisten aufsaugen, parallel im Feld eigene Erfahrung machen.
In denselben Brachen, die Rebhühnern Deckung bieten, singen im Frühling Dorngrasmücken von den Spitzen. Schwarzkehlchen überwintern teils auch in solchen Strukturen, durchziehende sitzen natürlich auch drin oder dann Braunkehlchen usw.
3.
Nadelwald mit ordentlichem Angebot an Spechthöhlen in der Gegend? Dann raus und abhören ob der Sperlingskauz ruft. Frühjahrsbalz setzt schon ein und hat meist so im Februar den Höhepunkt.
Wichtig: Starker Wind, Regen, "Aprilwetter" taugt nicht. Bei klaren ruhigen Wetterlagen die etwas länger stabil andauern ist die Aktivität am stärksten. Und was kann man im Nadelwald nebenbei relativ easy auf dem Weg "abgreifen"?
Klar, Wintergoldhähnchen oder Haubenmeisen z.B. - mitunter wuselt es direkt am Wegrand um einen herum. Oder eben das Rotkehlchen abends auf einem dünnen Zweig im Unterholz. Sowas geht auch oft gut ohne Tarnung und Fütterungsansitz.
Man muss halt wie gesagt auch lauschen und dann wissen was es ist und mal verharren, warten und gucken wo es in den Zweigen zuckt. Die Rufe der WGH sind ja z.B. sehr hochfrequent und leise.
In Rückegassen, an nassen Wegrändern oder auch einfach mal so im Unterholz hocken dann im Frühling wieder Waldschnepfen die in der Dämmerung mit quorrend und puitzenden Rufen zum Balzflug starten.
Zugegeben, sitzende Exemplare sind ohne Wärmebild verdammt schwierig zu finden. Die macht man eher versehentlich hoch und erschreckt sich daran als dass man ein Foto kriegt. Wobei ich auch schon reizvolle Flugbilder in der blauen Stunde mit kürzeren Brennweiten gesehen habe ...
Ja und dann ist das zeitige Frühjahr natürlich auch noch die Balzzeit der Spechte.
4.
Du bist im Herbst - Winter in einer größeren Stadt mit Fluss und abends fliegen immer mehr Möwen entlang in eine Richtung. Dann wird es da wohl einen Schlafplatz geben. Gerne z.B. im Hafenbereich.
Da sind dann auch im tiefen Binnenland potenziell mal alle möglichen Seltenheiten dabei, oder halt einfach Arten die man im sonstigen Jahresverlauf hier nicht so hat wie Steppenmöwe oder Zwergmöwe.
Wäre auch eine Einladung zu kreativer spielerischer Fotografie im urbanen Umfeld mit Gegenlichtern, bunten Farben, Silhouetten etc. Diverse Entenarten kann man da nun auch haben die man zur Brutzeit sonst nicht sieht.
Und vielleicht hört man doch mal was hoch piepsen und es kommt ein Flussuferläufer niedrig angeflogen und landet am betonierten Ufer, wo er in moosigen Fugen stochert. Graureiher oder Kormorane hat es in solchem Umfeld auch.
5.
Streuobstwiesen, gerne im Wechsel mit Offenland (Wiese, Acker, Weide) sind natürlich wunderbar für Spechte (auch für den seltenen Wendehals). In meiner Region kommt da auch der Halsbandschnäpper vor.
Aber auch für den Steinkauz ist sowas ganz typisch und da wo es örtlich etwas dichtere Baumbestände und evtl. kleine Nadelbaum-Cluster gibt sind gerne Waldohreulen drin. Also im Frühling gut abhören was da los ist.
Wo evtl. Kleingärten und Hecken angrenzen rufen sobald sie im März wieder eintrudeln überall Zilpzalps und Mönchsgrasmücken raus, aber auch im Wald(rand).
Das sind wie gesagt nur einige Beispiele neben weiteren noch feiner differenzierbaren Lebensräumen und den dort typischen jahreszeitlichen Szenarien (Laubwald, Felsen, Weinberge oder Weiher habe ich jetzt z.B. ausgelassen).
Das Analysieren und Deuten von Gelände und Vegetation muss man im Kopf mit der jahreszeitlichen Phänologie und Verbreitung der Arten zusammenbringen und wenn dann für eine gewisse Art "alles zu passen" scheint, dann geht man dorthin und sucht.
Wie gesagt, das ist m.E. der sinnvollste Weg, eigene Spots zu finden. Aber das ist halt ein Prozess der mit nicht unerheblicher Mühe und Zeit verbunden ist.
Klar kann man Hotspots googlen und z.B. die immer wieder genannten bekannten Stellen ansteuern wie Federsee, Dümmer, Texel, oder sowas. Ich bin auch 1x oder 2x im Jahr am Federsee und Bodensee.
Aber wenn man nur auf die Weise vorgeht, kratzt man gerade mal an der Oberfläche. Und darunter gibt es so viel mehr zu entdecken. Für mich jedenfalls ist auch gerade dieses Entdecken ein wesentlicher Faktor für die Freude daran.
Zuletzt möchte ich noch einige sinnvolle Seiten verlinken:
Die OGBW will auf der Grundlage und in Fortsetzung der bisherigen ornithologischen, naturschützerischen und naturpolitischen Arbeit in Baden-Württemberg mit eigenen Untersuchungen nach wissenschaftlichen Methoden zur Erforschung der Vogelwelt Baden-Württembergs und zu einem umfassenden Schutz...
www.ogbw.de
(Ist zwar von Baden-Württemberg, aber ein grober Anhaltspunkt sind die Diagramme trotzdem auch für andere Bundesländer.)
The European Breeding Bird Atlas is one of the most ambitious biodiversity mapping projects ever done. A total of 596 breeding bird species in Europe. A collaboration across political borders strengthening a network of 120,000 people and organisations who worked together in one of the biggest...
ebba2.info
(Links aufklappen, die Art auswählen und den Haken setzen bei der gewünschten Verbreitungskarte.)
Unraveling European-wide spatiotemporal patterns of bird distribution. Mobilizing 100,000 volunteer birdwatchers and 30 millions of new bird records every year to unravel European-wide spatiotemporal patterns of bird distribution
www.eurobirdportal.org
(Hier kann man sich zu einigen Arten animiert das Zuggeschehen darstellen lassen, die Punkte in der Karte stehen dabei jeweils für reale Beobachtungen zu den jeweils angegebenen Zeiträumen.)
(Auch eine sehr gute Seite für weit mehr als nur Verbreitungskarten, denke mal selbsterklärend.)
xeno-canto.org
(Hier dreht sich alles vorrangig um Lautäußerungen, man gibt eine Art oben ein und findet zahlreiche Tonaufnahmen der User aus der ganzen Welt. Aber nebenbei sind eben auch dort Karten mit den Verbreitungen hinterlegt.)
(Oben bereits mal erwähnt, das zentrale Meldeportal bei uns. Die Daten daraus sind auch sehr wertvoll für wissenschaftliche Auswertungen. Es gibt Projekte wie das Monitoring häufiger und seltener Brutvögel.
Es gibt auch immer wieder jahreszeitlich aktuelle Tipps auf der Startseite. Man lernt wer so im Umkreis fleißig beobachtet und trifft sich dann vielleicht auch mal im Feld. Wer selbst genug eigene Beobachtungen beiträgt, erhält irgendwann gewisse Suchrechte.
Man kann sich auch über gewisse Konfiguration des Filters Diagramme wie jene beim ersten Link oder Karten anzeigen lassen.)
www.hgon.de
(Auch die Hessen haben viele Infos zusammengefasst und eine Seite mit Gebieten.)
Das war jetzt sicher ne ganze Menge Input und auch nur über Vögel. Aber das sind letztlich Grundlagen, um besser zu werden mit Spots selbst finden.
Egal ob vor der Haustür, am anderen Ende vom Land oder vom Kontinent. Die grundlegenden Dinge dazu sind damit beschrieben.
Mit anderen Tieren kenne ich mich halt nicht wirklich gut aus, da Bären, Rehe, Füchse etc. nicht so mein Interesse sind.