AW: Ist die Technik so langsam am Ende des physikalisch Machbaren?

Solange Fotografen glauben, dass man ein 18 - 200 mm Zoom bezüglich Schärfeleistung, Vignettierungsvermeidung, Verzeichnung und CA über den gesamten Bereich wirklich sinnvoll korrigieren kann, wird man natürlich solche "Scherben" verkaufen können.
und schon wieder jemand, der ganz offensichtlich so eine scherbe noch nie selber ausprobiert hat, sich aber bemüßigt fühlt, ein urteil darüber abzugeben.
verkauft werden solche objektive deswegen, weil sie einen absolut brauchbaren kompromiss zwischen bequemer handhabung und akzeptabler leistung und moderaten preis und geringem gewicht haben - und nicht, weil es leute gibt, die davon überzeugt sind, dass sie jede festbrennweite in den schatten stellen.
dort, wo der festbrennweiten-fotograf noch überlegt, welche seiner objektive er anflanschen soll an seinem body, hat der superzoom-fotograf das bild schon längst im kasten.
aber zu diesem thema kann man sich immer wieder die finger wund tippen und trotzdem werden es einige nicht kapieren, wozu solche linsen gebaut werden.
Qualitätsfanatiker sind heute schon dabei - für wirklich wichtige Situationen - wieder auf Festbrennweiten auszuweichen, die man mit vertretbarem Aufwand relativ perfekt korrigieren kann. Über den Staub am Sensor, der beim oftmaligen Objektivwechsel eindringt, sollte man natürlich auch nachdenken.
die frage ist nur: ist es
notwendig, ein qualitätsfanatiker zu sein? was
bringt die ach so tolle qualität dem qualitätsfanatiker? printen die tatsächlich jedes bild mit einer kantenlänge von 2 meter aus? und stellen sich dann im abstand von 30cm vor dieses bild, um sich an der tollen qualität zu ergötzen?
ich selbst fotografiere jetzt schon über 35 jahren mit SLRs - seinerzeit ausschließlich mit festbrennweiten. im vergleich sind meine aufnahmen mit dem 18-270er so weit voraus wie eine mondrakete von einem pferdegespann. und diese bilder sind als prints in DIN-A3 kaum zu unterscheiden von meinen sehr, sehr guten bildern vom tokina 2.8/11-16mm + tamron 2.8/17-50mm non-VC + tokina 2.8/50-135mm. und ich bin überzeugt: auch die beste FB würde hier keine wirklichen unterschied zeigen - immer unter dem aspekt, dass die bilder in normalem abstand betrachtet werden.
pixelpeeping ist leider eine extreme und scheinbar unheilbare krankheit geworden unter den foto-amateuren ...

Unzulänglichkeiten bewusst in Kauf zu nehmen, um sie softwareseitig wieder herauszurechnen ist beim derzeitigen Stand der Technik - noch - nicht wirklich sinnvoll möglich. Als Beispiel nur das Beseitigen des Moire-Effekts (Bildrauschen), bei dem auf Kosten des Detailreichtums eine Fläche homogen dargestellt wird. Genauso ist es mit dem Entfernen der chromatischen Aberration (CA), wobei natürlich auch "echte" Farbsäume, die im Motiv vorhanden sind, eliminiert werden. In diesen Fällen kann man dann gleich mit niedrigerer Auflösung arbeiten.
moire hat mit rauschen genauso viel zu tun wie eine kuh mit walzertanzen. moire ist der effekt, der entsteht, wenn 2 muster überlagert werden - also einerseits das muster am sensor (das pixel-grid) und andererseits ein regelmäßiges, feines muster im bild. und der effekt ist daher umso größer, je feiner das objektiv das muster auflösen kann. somit trifft moire in erster linie jene, die hoch auflösende objektive haben - und nicht jene, die superzooms verwenden.
über den unsinn der CAs lasse ich mich jetzt gar nicht aus ...

Für mich ist heute der Engpass bei der Sensorgröße (irgendwann wird es eine brauchbare, transportierbare und bezahlbare Kamera mit 6x7 cm Sensor geben. Wenn KB weiter als "Maß der Dinge" gelten soll, muss vor allem auf dem Objektiv-Sektor Entwicklungsarbeit geleistet werden. Hier dürfte das größte Potential liegen.
wenn dir die qualität der heutigen kameras tatsächlich nicht reicht, dann bist du einfach zu früh auf die welt gekommen. ich vermute mal, dass mehr als 99% aller DSLR-user nicht nur höchst zufrieden sind mit den ergebnissen - sie unterfordern sogar ihre ausrüstung; sprich: die kamera samt objektiven leisten heute schon deutlich mehr, als sie je brauchen werden.
daher bin auch ich der meinung: mehr auflösung (sowohl was den sensor betrifft als auch die objektive) ist absolut entbehrlich für das gros der fotografierenden. man sollte jetzt deutlich mehr energien in sinnvolle gadgets stecken, die einem noch mehr spaß mit der kamera bringen. für mich wären das die entwicklung einer spiegellosen DSLR, welche die heutigen nachteile (langsamer AF, schlechtes sucher-display) ausmerzen. weil wem die auflösung tatsächlich nicht mehr reichen sollte, der findet im mittelformat sicher seine kamera. zwar etwas teurer, aber wer den absoluten perfektionismus braucht, muss seit jeher tief in die tasche greifen.