Wenn Du mit einer X2D liebäugelst, solltest Du folgendes bedenken:
Die X2D ist nicht DIE perfekte Kamera. Für die Leistungsdaten des AFs oder der Bildfolge, hat man als Nutzer einer digitalen “Kleinbildkamera” nur ein müdes Lächeln übrig.
Aber die X2D macht vieles anders, weshalb sie auf dem Kameramarkt einen gewissen Status der Einzigartigkeit hat. Die X2D nutzt einen “Baby”-Mittelformat (MF) Sensor mit 44mm x 33mm Sensorgröße. Damit fällt die X2D in eine Kategorie mit z.B. der Fuji GFX 100ii / 100sii, Pentax 645z und Leica S3 (45 x 30).
Fairerweise muss ich sagen: Wer eine MF Kamera sucht, die möglichst wie aktuelle Kameras mit Sensor im Kleinbildformat ausgestattet ist oder irgendwelche Objektive adaptieren will, wird vermutlich mit einer Fuji GFX besser bedient sein.
Aber was macht die X2D aus?
- Nimmt man die X2D in die Hand, ist man sofort von der Ergonomie begeistert. Egal ob kleine oder große Hände, die X2D schmiegt sich in jede Hand, wie keine andere Kamera.
- Für eine MF-Kamera ist die X2D äußerst kompakt und unauffällig.
- Das schwedische Design ist sehr aufgeräumt, übersichtlich und äußerst wertig verarbeitet. Hier wird sich auf das Wesentliche konzentriert. Die Bedienung ist selbsterklärend und an eine Smartphonebedienung angelehnt. Wenn man Einstellungen verändern will, tippt man einfach drauf. Wichtige Funktionen kann man auf die vorhandenen Tasten/Einstellräder legen.
- Die Bildqualität des 100MPix-Sensors ist über jeden Zweifel erhaben. (Mit den grandiosen XCD Objektiven kann es die X2D sogar mit dem größeren Sensor der Hasselblad H6D 100c aufnehmen.)
- Exzellente Auflösung, besonders in Verbindung mit den XCD Objektiven
- großer Dynamikumfang
- Sehr angenehmes Rauschverhalten
- Wie die “große Schwester”, die H6D 100c nutzt auch die X2D Objektive mit Zentralverschluss. Der Zentralverschluss bietet volle Blitzsyncronisation bis 1/2000s bzw. 1/4000s (je nach Objektiv) ohne die erheblichen Leistungseinbußen des HSS-Blitzen. Und das in Verbindung mit dem 100MPix Sensor. Zudem ist ein Zentralverschluss erschütterungsfreier als ein Schlitzverschluss. Drahtloses TTL (Multi-) Blitzen funktioniert mit dem Profoto Air TTL System (Nikon Hotshoe) wunderbar.
- Der 5 Achsen IBIS ermöglicht aus der Hand um 7 Stufen längere Belichtungszeiten.
- Als “nice to have” bietet die X2D 1TB interner Speicher.
- Die X2D bietet Phasen- & Kontrast-AF und seit letztem Update auch einen Augenerkennungs-AF. Der AF ist sehr präzise und auch halbwegs flott, aber von einer Sporttauglichkeit weit entfernt. Was der X2D hier immer noch fehlt, ist ein kontinuierlicher AF (AF-C). Dies steht vermutlich bei Hasselblad auf der ToDo Liste für kommende Updates.
- Hasselblad bewirbt seine Hasselblad Natural Color Solution (HNCS). Ich hätte es ja nicht gedacht, aber der Farblook der Bilddateien ist schon irgendwie besonders. Obwohl ich ein Schwarzweiß-Liebhaber bin, ist dadurch mein SW-Anteil der Fotos gesunken, weil dieser Farblook einfach fasziniert.
- Der Sucher (äh, sorry), der Finder der X2D ist grandios. Obwohl ich eigentlich optische Sucher gegenüber diesen Mäusefernsehern bevorzuge, ist die X2D die erste Kamera, die mich in diesem Punkt richtig begeistert. 1.0 Vergrößerung bezogen auf den 44x33 Sensor, wow. Da mag man nicht mehr von “suchen” reden.
- Der große klappbare Touchmonitor macht einfach nur Spaß.
- Die X2D ist eine Fotokamera und als solche verzichtet sie konsequenterweise auf eine Videofunktion.
Ich muss leider auch sagen, dass es zwei Dinge gibt, die mir trotz aller Begeisterung an der X2D gar nicht gefallen.
- Hasselblad hat weder die Steckerbuchse für den Kabelauslöser von der X1Dii übernommen, noch bietet Hasselblad einen Kabelauslöser für den vorhandenen USB-C Anschluss an. Fernauslösung funktioniert bisher ausschließlich über die Phocus Mobile 2 App, die leider nur für Apple Geräte erhältlich ist. Als Anhänger eines einfachen kabelgebunden Auslösers oder Android-User ist man hier leider in den Popo gekniffen und auf die Krücke mit dem Selbstauslöser angewiesen.
- Hasselblad hat leider auch nicht die Gurtösen von der X1Dii übernommen, sondern hat die X2D mit den Gurtbolzen ausgestattet, in den man den Gurt mit entsprechenden Lugs einhaken kann. Gut, diese Bolzen gab es schon bei der 500cw, aber ich mag sie nicht. Irgendwie vertraue ich diesem Schnellverschluss nicht. Notgedrungen habe ich mich für einen Berlebach Speedy entschieden, der sicher mit der Arca-Swiss Schiene verbunden wird und diesen auch mittlerweile schätzen gelernt.
Würde ich mir die X2D trotz ihrer “Unvollkommenheit” wieder kaufen?
Ein ganz klares Ja. Die X2D bietet mir “Freude am Fotografieren” und eine Bildqualität wie kaum eine andere Kamera. Und für den Sportplatz und Wildlife habe ich andere Kameras.
Wer nicht zwingend eine Allroundkamera sucht, sondern eine Kamera, die etwas anders ist, sich auf die Fotografie konzentriert, hohe Bildqualität für Landschaft, Architektur, Portrait, … benötigt, volle Blitzleistung bei kurzen Verschlusszeiten nutzen will, der sollte sich vielleicht einmal die X2D anschauen. Aber Vorsicht, wenn man sie einmal in der Hand hatte…
Ich hoffe, diese kleine subjektive Bewertung hilft Dir.