AW: 4,3 Mio. Dollar! Das ist das teuerste Foto aller Zeiten
Wenn man sich nun für diesen super-puristischen Approach entscheidet, fotografisch festzuhalten, was das menschliche Auge sehen kann, dann wäre es nur konsequent, vom Bildwinkel her (auf die Brennweite am Kleinbild umgerechnet) 35mm darzustellen, wovon jedoch nur ~46mm scharf dargestellt sind - und der Rest unscharf. Alles andere wäre eine Verfremdung von dem, was man wirklich sehen kann - im Bezug auf die Räumlichkeit und Größenrelationen der jeweiligen Bildbestandteile.
Das wär schlicht die konsequente Umsetzung von der Idee dieser "echten Fotografie". Ob ich nun aber durch Wahl der Perspektive / Brennweite das Bild verfremde, oder durch Bildbearbeitung, ist völlig wurscht, wenn es um die Aussage geht "so siehts aber nicht in echt aus!".
Und deswegen konnte man hier schon öfter (zu Recht!) lesen, dass Fotografie nur eine Interpretation der Realität, jedoch kein Ebenbild dieser ist.
Bei einer Fotografie muss ich davon ausgehen, dass das was im Bild ist auch genau so vor der Kamera war. Ausschnitt und Zeitpunkt und überhaupt das Thema ist dann im Wortsinn die Darstellung der Sichtweise des Fotografen. Also warum fotografiere ich überhaupt dieses Haus und nicht ein anderes. Beispielsweise.
Das mit den Bildwinkeln der Objektive stimmt nicht, weil das Sehen des Menschen ganz anders funktioneirt als eine Fotografie. Mit der Brennweite bestimmt man nur den Ausschnitt, aber sonst nichts. Also: Schaue ich in der Gegend herum, dann Weitwinkel, schaue ich konzentriert auf einen kleinen Ausschnitt, dann Tele, schaue ich nicht besonders interessiert, dann Normalbrennweite. Das steuert der Fotograf mit der Wahl der Brennweite und vermittelt auch damit dem Betrachter seine Sicht auf die Sache.
Fotografie ist - finde ich - keine Interpretation der Realität sondern eine selektive Sciht auf die Realität. Aber immer die Realität, also was man in diesem Augenblick sehen konnte. Nur insofern Interpretation, weil man sich ja mit den Farben und Kontrast spielen kann.
Also ich kann beispielsweise durch härtere Verarbeitung einen Bereich im Schwarz absaufen lassen. Ich kann einen Bereich, der ausgeblendet werden soll unscharf abbilden. Aber dann sieht man: Da wäre was, man sieht es nur nicht. Aber es ist nicht so wie ein Wimmerl im Gesicht, das nicht da ist, denn da sehe ich: Hier ist kein Wimmerl. Und das ist nicht wahr. Das heißt, um etwas aus der Wahrnehmung auszublenden - also damit nicht auf mir uninteressant erscheinendes die Aufmerksamkeit gezogen wird - darf ich statt dessen nicht etwas anderes zeigen, das nicht so da war. Man muss sehen, dass es ausgeblendet ist.
Es gibt keine natürliche Farbwiedergabe von natürlichen Farben im Bild. Das ist heute technisch nicht möglich. Die Farbcharakteristik sind also frei zur Interpretation, finde ich. Das konnte man früher durch Auswahl des Films und heute durch spezielle Bearbeitung erreichen. Damit kann man dann die Sichtweise des Fotografen mehr vermitteln; evlt. auch schwarzweiß. Das ist durchaus natürlich, weil je nach Stimmungslage die Wahrnehmung der Farben eine andere ist und das Gedächtnis ist Schwarzweiß. Das kann man damit vermitteln. Also durch die Farbcharakteristik die Sichtweise des Fotografen. Also mehr oder weniger gesättigt oder härter oder weicher oder heller oder dünkler ist dann auch Geschmackssache, das beeinflusst ja nicht den Inhalt des Bildes, also das was gezeigt wird. Alles was ich sehen kann ist so, alles was irgendwie im Dunkeln ist ist unklar, aber es wird damit auch nicht gesagt, dass dort nichts ist.
So meine ich das jedenfalls. Ich meine, dass es eben das besondere Merkmal der Fotografie ist, alles so abzubilden wie es ist. Wenn ich das manipulieren will, dann brauche ich dafür keine Fotografie. Dann ist die Fotografie nur ein Ersatz fürs Malen mit welcher Technik auch immer.
Es ist dann im Grunde nichts anderes als eine Collage aus einem oder mehreren Bildern, wo Teile weggelassen werden und andere dazugemalt werden. Es wird halt lediglich nicht mit Papierfotos und Malfarbe gearbeitet, sondern am Computer, was im Prinzip aber egal ist. Die Besonderheit am Computer ist halt, dass die Technik so perfekt möglich ist, dass es dann wie eine echte Fotografie ausschauen kann.
So sehe ich das halt. Ich erwarte nicht dass sich dieser Sichtweise jemand anschließt, aber ich glaube, dass künftig diese Unterscheidung stärker getroffen werden wird als schon derzeit. Also die Kategorisierung als Fotografie nur dann, wenn es eine echte Fotografie ist.