Wenn du Street machst, pickst du Augenblicke aus dem Alltag heraus. Sehr wichtig ist darum der Fokus, und zwar nicht der der Schärfe, sondern der der Aufmerksamkeit. Viel lässt sich da sicherlich mit offener Blende und geringer Schärfentiefe machen, aber auch dann (und erst recht, wenn man nicht so weit aufblenden kann), gilt: auf den Hintergrund achten! Erster - wenn sicherlich auch weniger offensichtlicher, dafür aber unterbewusst umso stärker wirkender - Fehler ist hier, dass dein Hauptmotiv sich kaum vom Hintergrund abhebt. Das macht es leider hier nicht nur einigen, sondern wirklich vielen Dingen sehr leicht, von der Bildaussage abzulenken. Ich versuche mal, in etwa die Reihenfolge zu finden:
- das Schaufenster, welches deutlich heller als der Mann ist (Aufmerksamkeit: Helligkeit)
- die Reflexe und starken Kontraste darin (Aufmerksamkeit: Kontraste)
- der massive Verteilerkasten davor (Aufmerksamkeit: Kanten)
- das Baustellenschild und die Bake (Aufmerksamkeit: Symbole)
- die massiven Schaufenster-Beschriftungen und evtl. sogar das CD-Schild im Koffer (Aufmerksamkeit: Schrift)
Mit zunehmender Abstraktheit der Ablenkungen wechselt auch die Störung vom
Gefühl "irgendwas passt nicht" hin zur Unmöglichkeit, den
Kopf abzuschalten und das Bild "wirken" zu lassen.
Viel hättest du hier durch die Wahl eines anderen Standpunktes vermeiden können - nicht nur die ungünstigen Hintergrundelemente, sondern auch, dass ausgerechnet diese auch noch die zusammenhängenden Elemente Musiker und Instrumentenkoffer zerreißen und an den Rand drücken.
Graustufen und Vignette hast du hier zwar schon eingesetzt, ich vermute aber eher, weil du es bei anderer Streetfotografie so gesehen hast. Tatsächlich nutzt man diese beiden Stilelemente, um den (Aufmerksamkeits-) Fokus weiter auf das eigentliche Motiv zu lenken (keine Ablenkung durch Farben oder harte Bildränder und ggf. abgeschnittene Objekte). Beides würde grundsätzlich bei dir auch funktionieren, wenn die erwähnten Störelemente sich nicht in Summe als Hauptmotive aufdrängen würden.
Kurz: Den Blick für Motive hast du

(wen man nun fotografiert und wie man das mit dem Betroffenen rechtlich absichert, soll hier nicht Thema sein), du musst nur noch etwas an der Komposition arbeiten. Meine Empfehlung ist darum: such dir zu Anfang Motive, die sich möglichst wenig ändern (Musiker ist da schon ganz geeignet) und schleiche erst mal um sie herum, um ein Gefühl für die richtige Perspektive zu bekommen. Hilfreich ist es dabei, ein Auge zuzukneifen, um sich nicht von der 3-Dimensionalität ablenken zu lassen (den Eindruck muss im Bild das Spiel mit der Schärfe aufbauen!) und ggf. sogar einen Diarahmen in unterschiedlichem Abstand vor's Auge zu halten. Für solche Experimente wäre es allerdings vermutlich doch hilfreich, die Betroffenen vorher freundlich zu fragen. So werden zu Anfang zwar sicherlich einige eher gestellte Bilder dabei sein, aber sobald du Perspektive und Bildwinkel intuitiv findest, erhöht sich dann auch der Anteil der wirklichen "Momente".
Viel Erfolg!
