Gast_402205
Guest
Was ich nicht so ganz kapiere, vielleicht kann es mir jemand erklären:
Da laufen also irgendwelche Viecher bei einer Safari herum, warum im Gottes Namen muss man die jetzt unbedingt selber fotografieren?
Gute Frage

Wahrscheinlich werden viele Bilder schon "reflexartig" erzeugt. Löwe? Klick! Elefant? Klick! Und zuhause kann man nachweisen: Da: Löwe! Und hier: Elefant! Die meisten Bilder erfüllen eine dokumentarische Aufgabe, Werkzeug wurscht. Mit dem Wunsch, wirklich Bilder machen zu wollen, reisen die wenigsten an. Da entstehen die Bilder nur so nebenbei, unter Zeitdruck, weil man das so macht.
Aber ab und an passieren sogar dem Dilettanten ein paar großartige Bilder. Vielleicht nur drei oder vier, aber die sind's. Die lohnen den Aufwand, bilden einen Anker in der Biographie. Für Außenstehende vielleicht total daneben, unterbelichtet, verwackelt, totgeblitzt. Aber trotzdem ein Bild einer Station eines ganz einzigartigen Lebens, die Verdichtung eines Augenblicks, der noch in Jahren ein "damals …" bewirkt.
Klar ist es sinnlos, irgendwelche Löwen mit einer Kompakten fotografieren zu wollen, aber es geht bei diesen Bildern ja nicht um den Löwen, sondern um die Zeit. Menschen sind wohl die einzigen Tiere, die Bilder erzeugen können und es scheint uns als Art Genugtuung zu bereiten, die Bilder der Natur, die auf uns einstürzen, mit Bildern, die wir der Natur entrissen haben, in Zaum zu halten.
Als Bildgestalter kriege ich mich auch nicht ein, wenn jemand allen ernstes eine 200 Euro Knipse kaufen möchte um seinen Urlaub abzulichten. Dass das nichts wird, ist für mich sonnenklar -- aber die Kamera soll keine Wettbewerbsbilder machen oder Ansichtskarten erzeugen, die Knipskiste soll nur ganz individuelle, persönliche, intime Bilder produzieren, die niemanden außer den Knipskistenbediener je interessieren müssen.
Und vielleicht sind ein paar Bilder dabei, die den Weg auf einen Kalender finden oder auf ein Kaffeehäferl oder was sonst alles bedruckt wird -- Zweck erfüllt, ein kleines Stück Glücklichsein dem Strom der Zeit entrissen, dem Tod des Vergessenwerdens von der Schaufel genommen und manchmal als Geschenk weiter gegeben. "Da war meine Tochter in der Serengeti, wissen Sie, das ist in Afrika," klingt doch deutlich anders als: "Das Bild ist von Nick Brand, in der Gegend war meine Tochter auch schon mal".