Mir scheint auch dass hier an der Frage vorbei geantwortet wird. Mikroprismenring und Schnittbildindikator sind seit dem Siegeszug des AF Anfang der 90er Jahre verschwunden. Af ist der elektronische Ersatz für die Einstellhilfen Mikroprismenring und Schnittbildindikator. Man braucht sie nicht mehr. Dass viele sie sich wieder einbauen hat andere Gründe.
So ist es!
Und nochmals ausführlich:
Grundsätzlich ist eine Einstellscheibe mit Schnittbild-Einstellhilfe (vulgo: Schnittbildmattscheibe) dann sinnvoll, wenn mit normalen Weitwinkel- und Standardbrennweiten bei Blendenöffnungen um ca. 4 gearbeitet wird und der Fotograf eine leichte Sehschwäche ausgleichen muß. Vor allem beim Einsatz einer klassischen, stark verdunkelnden Mattscheibe und bei relativ kleinem Umfang der Einstellhilfe, also bei der typischen Einstellscheibe einer Mittelformatkamera, kann ein Schnittbild-Indikator hilfreich sein.
Für alle anderen Fälle ist eine Einstellhilfe wie Schnittbildindikator oder Mikroprismenring entweder nutzlos oder ein übles Schätzeisen, das eine Präzision vortäuscht, die es in Wirklichkeit nicht besitzt.
Daher wissen es vor allem die älteren und erfahrenen Fotografen: Vor ca. dreißig und mehr Jahren, als noch die "Schnittbildmattscheibe" zur Erstausstattung einer Spiegelreflexkamera gehörte, wechselte der erfahrene und anspruchsvolle Fotograf diese umgehend gegen ein Exemplar ohne diese zweifelhaften und störenden Einstellhilfen aus. Ende der der 70er Jahre war die Zeit der klassischen Mattscheibe ohnehin abgelaufen. Zusammen mit den Modellen XD-7 und XG-9 führte Minolta eine neue Form der Einstellscheibe ein. Die Mattfläche bestand aus einem Mikrowabenlinsenfeld, das wesentlich heller als eine Mattscheibe war und darüberhinaus eine wesentlich gesteigerte Schärfe-Unschärfe-Dynamik aufwies. Diese Technologie wurde zunächst von Hasselblad übernommen und in der Folgezeit stellten alle renommierten Kamerahersteller ihre Einstellscheiben entsprechend um.
1. Die Mattscheibe ist schon lange tot.
Eine zwingende Notwendigkeit, in einer modernen Kamera eine Einstellhilfe in der Form eines Schnittbild-Indikators oder Mikroprismenrings zu installieren, ist wegen der Ablösung der Mattscheibe durch die Einstellscheibe mit Mikrowabenlinsenfeld komplett überflüssig. Es ist daher auch irreführend, von Mattscheiben zu sprechen, wenn moderne Einstellscheiben gemeint sind.
2. Schnittbildindikatoren haben einen sehr eingeschränkten Nutzen.
Einstellhilfen wie der Schnittbild-Indikator arbeiten nur bei bestimmten Blenden, meist optimiert für die Blendenwerte zwischen 4 und 5,6, und Standardbrennweiten genau. Außerhalb dieser Rahmenbedingungen ist die sichtbare Präzision reine Täuschung. Ein 1,4/50mm Objektiv z.B. wird im Schnittbildindikator mit Blende 4,5 fokussiert! Nikon z.B. bot daher für verschiedene Brennweitenbereiche auch unterschiedliche Ausführungen der Einstellscheiben an.
3. Schnittbild-Indikatoren versagen dort, wo die Fotografie erst interessant wird.
Egal ob Tele- und Makrofotografie, ob Portrait-, Architektur- und Astroaufnahmen, ob Auszugsverlängerungen und spezielle Objektive wie Fischaugen, Shift-, Tilt- oder VFC-Objektive: für alle diese Dinge gilt, daß Schnittbild-Indikator und Mikroprismenring zum manuellen Fokussieren in diesen Fällen hinderlich sind.
4. Der nachträgliche Einbau einer Einstellscheibe stiftet mehr Schaden als Nutzen.
Bestimmte Kameramodelle sind für den Wechsel von Einstellscheiben durch den Anwender vorbereitet. In diesen Fällen kann man problemlos die dafür vom Hersteller vorgesehenen Einstellscheiben wechseln. In allen anderen Fällen muß man mehr oder weniger starke Einschränkungen der Funktionalität hinnehmen, insbesondere eine ungenauere Belichtungsmessung, ein dunkleres Sucherbild oder nicht mehr sichtbare AF-Indikatoren.
5. Der Schnittbild-Indikator ist eine Modeerscheinung, die von tuningbesessenen Hobbyisten getragen wird und von der im wesentlichen amerikanische und chinesische Geschäftsleute profitieren.
Es grüßt
Joachim