Nönö. Ach, bin keineswegs böse.
Fühl mich durch solche Fragen (hab ja selbst oft solche) eher angespornt, mal wieder nachzugucken, und Tests zu machen, wenn ich es selbst nicht mehr im Kopf habe.
...und ich merke grad, dass wir tatsächlich in einem gewissen Punkt aneinander vorbei geschrieben haben (also vielmehr ich), obwohl es um das gleiche Thema geht.
Vielleicht so: Du fragst die ganze Zeit nach Gewissheit über das Thema Auto-ISO, und ich hab die ganze Zeit versucht klarzumachen, dass die Kamera sogar
zwei Parameter automatisch gegeneinander abwägt.
Beim Drübernachdenken in der letzten halben Stunde ist mir aber auch nochmal selbst die Frage aufgekommen, was die Kamera eigentlich mit der Blende macht.
Also mal meine heutigen Ergebnisse, die es hoffentlich wieder etwas klarer werden lassen. Vorab empfehle ich aber noch zur Lektüre
den Wikipedia-Artikel zum Lichtwert. Der erklärt ganz prima, worum es sich beim von mir angesprochenen EV-Wert handelt.
Feststellungen:
. Bevor Du in den Liveview gehst, kannst Du an der D90 einstellen, was immer Du magst.
. Bis auf die Blendenzahl und den gewünschten Ziel-EV (Du weißt schon, der mit der +/--Taste) vergisst die Kamera
alles andere, wenn Du in den Liveview gehst. Auch wenn man - stolz wie Oskar - alles im manuellen (also M-)Modus eingestellt hat.
. Die Blendenzahl wird nur
einmal beim Wechsel in den Liveview übernommen und an der Iris eingestellt *klack*. Änderungen im Liveview werden ignoriert: Du siehst zwar, wie das Display den gewählten Wert anzeigt, aber die Kamera tut nicht dergleichen. Ausnahme: Wenn Du ein Objektiv mit manueller Blende verwendest (auf jeden Fall kein G-Objektiv). Dann bleibt das auch nach dem Wechsel in den Liveview in Deiner Hand.
. Auto-ISO ist im Liveview (und damit für Video)
immer aktiv. Punkt. Die Achillesferse der D90.
Und jetzt schliesse ich wieder an meine alten Posts an. Mathematisch etwas falsch, aber abstrahiert hier mal eine Formel mit zwei Unbekannten:
Ziel-EV = Belichtungszeit * ISO
Jetzt verstehst Du vielleicht, was ich immer mit dem Abwägen zwischen zwei Parametern meinte: Bei konstanter Blende kann die Kamera also zur Erhöhung des Lichtwerts (weil Du z.B. in eine dunkle Ecke zielst)
entweder die Belichtungszeit (wir wissen: Auslesezeit) erhöhen, oder die ISO-Zahl hochschrauben (da im wahrsten Wortsinne ein Faktor). Sie kann natürlich auch beides anheben...
Und hier noch einmal die Krux für alle D90-Filmer: Man hat keinen Einfluss darauf. Daher stammt der Tipp, die Belichtung (AE) zu blockieren, damit die Kamera nicht völlig am Rad dreht.
Jetzt zu dem einzigen Fehler, den Du noch machst: Du könntest eine echte Grauwertkarte nehmen und es würde funktionieren! Der Tipp mit der hellen Wand ist trotzdem besser. Grund: Man vermindert die Gefahr ausbrennender Lichter in hellen Partien. Beim Videodreh ist es allemal akzeptierter, lieber dunkle Partien absaufen zu lassen.
Beispiel Innenraum mit Interviewpartner: Du versammelst Dich mit Deinem Interviewpartner an hellem Vordergrund, möglicherweise ist eine dekorative Stehlampe im Bild. Die darf nicht ausbrennen, die Gesichtspartien und Hände des Interviewten müssen noch gut ausgeleuchtet sein (natürlich etwas dunkler, es sei denn ein Spotlicht oder Fill ist im Spiel), und da es sich um einen repräsentativen Bereich des Wohnraumes handelt, ist es meist ein größerer, tieferer Raum. Also darf der Hintergrund (Flur, Bibliothek, andere Bereiche...) im Dunklen absaufen, um sowieso nicht die Aufmerksamkeit zu binden. Kleine Schärfentiefe ebenfalls von großem Vorteil.
Typisches Beispiel für diese Vorgehensweise sind die persönlichen Interviews in BBC-Dokumentationen. Die sehen meist genau so aus. Als seien sie nachts halb zwölf gedreht, in einem dunklen Schloss, nur mit Kunstlicht.
Mit der hellen Wand legt man also das obere Ende des machbaren EV-Bereichs fest. Und jetzt der letzte Clou, den Du beachten musst: Der normale, neutrale Ziel-EV gibt dem Belichtungsmesser vor, auf eine neutralgraue Belichtung hin zu optimieren (wir wissen indes, an welchen zwei Parametern die D90 schraubt, die Blende ist ja fest). Also macht sie aus der hellen Wand ein neutralgraues Mittel. Die Kamera wurde somit auf einen starken/hellen AV festgelegt, hat nach oben hin noch massig Reserve (es könnte alles noch viel, viel heller werden, bevor es ausbrennt) und nach unten hin säuft alles alsbald in der Dunkelheit ab. Hhm. Doof, gell?
Trotzdem ist das schon der halbe Weg zu dem, was wir eigentlich wollen mit dem AE-Lock. Und jetzt komm ich nochmal zu meiner vermeintlichen Formel von oben zurück. Es ist der Ziel-EV auf der linken Seite der Gleichung, den wir ja über die +/--Taste steuern können. Wenn wir diesen passend zur tatsächlichen Lichtsituation wählen, wird für die rechte Seite der Gleichung ein Produkt (eine Kombination aus Zeit und ISO) eingestellt, die dann wieder passen. Beim Anpeilen der hellen Wand stellst Du also den Ziel-EV hübsch hoch und gewissermaßen sagst Du damit dem Belichtungsmesser: "Die Wand ist hübsch hell, und genau das soll sie auch bleiben." Das Procedere bleibt also gleich: Auf ein helles Objekt mit hoch angepasstem Ziel-EV wird die Kamera wieder eine (oder mehrere nahe beieinander liegende) Kombinationen für Zeit und ISO raussuchen. Wenn eine flimmerfreie dabei ist (sofern das übliche Dilemma droht), klemmst Du die dann mit AE-Lock fest und verschwenkst auf Deinen gewollten Bildausschnitt (der natürlich im Mittel dunkler sein wird), und voilá...
Die helle Wand wird übrigens auch deshalb empfohlen, damit man nicht die absoluten Spitzlichter drin hat, sondern immer noch ein gut Stück Reserve "nach oben hin" belässt. Deshalb ist eine helle Wand, die von der dominierenden Quelle erleuchtet wird, ein gutes Beispiel, auch wenn man dafür verschwenken muss (--> Stativ).
Dem Auto-ISO-Dilemma kann man auch nur mit dieser Methode halbwegs entkommen. Da die Kamera ja für den gleichen Ziel-EV verschiedene Kombinationen aus Zeit und ISO wählen kann, haben schlaue Leute, die das vor mir rausgefunden haben, auch mal die Tendenz erkannt, dass die Kamera für helle Bildpartien zugunsten eines niedrigeren (besseren) ISO-Wertes entscheidet. Sobald Du dann den AE-Lock reinhaust, ist ja alles festgesetzt. Es sollte dann auch beim Schwenk in dunkle Bildpartien nicht aufrauschen.
Ich hoffe dass es diesmal klarer geworden ist. Sorry, dass ich das bisher noch nicht so im Zusammenhang dargestellt habe. Probiers einfach mal aus. Wenn es nicht zum Ziel führt, dann poste mal bis zu welchem Punkt es nachvollziehbar ist, und wo es hakt.
Noch kurz zu dem, was Du am Anfang des Posts zur Belichtung schreibst: Das ist mir auch noch nicht ganz klar. Wenn die Kamera sich - sagen wir - zu einer 1/50 Sekunde entschliesst, so ist mir auch nicht bekannt, ob der Sensor quasi "kurz vor Ablauf" der 1/50 Sekunde schnell auf einen Rutsch die Auswertung vornimmt (also unmittelbar bevor der Frame an den Encoder geht), oder ob er sich mit der Bildauslese "die ganze zur Verfügung stehende Zeit (1/50) lässt"...
Vielleicht weiß das jemand anderer hier im Forum besser.