Re: Bestes 12-mm-Objektiv für µ4/3 bei f/8?
Ist das nicht genau das, was du so vehement bestritten hast, nur umständlicher ausgedrückt?
Nein. Und zwar deshalb, weil Schärfe, vom Objektiv geliefert und ggf. durch Beugung beeinträchtigt, einerseits und die durch die Pixelzahl vermittelte Auflösung andererseits zwei verschiedene Dinge sind, die direkt nichts miteinander zu tun haben. Sie sind immer
beide wirksam und begrenzen immer
gemeinsam die effektive Systemauflösung; man kann sie nicht gegeneinander aufrechnen.
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Das verstehe ich jetzt nicht ganz: Geht es hier praktisch um eine "Startblende", ab der (evt. rein rechnerisch) die Beugung beginnt? Ich hatte es immer so gelernt, daß Beugung ein "schleichender" Prozeß ist [...]. Was bedeutet das für mich in der Praxis? Was kann ich damit anfangen?
Sicher nimmt Beugung mit zunehmender Abblendung schleichend und kontinuierlich zu und setzt nicht bei irgendeiner Blende plötzlich ein. Aber die Beugung konkurriert mit den Objektivfehlern, die bei größter Blende am ärgsten sind und beim Abblenden geringer werden. Deswegen wird die Schärfeleistung eines Objektives beim Abblenden erst einmal besser, weil die Abbildungsfehler kleiner werden und die Beugung hier noch kaum der Rede wert ist. Aber irgendwo bei einer mittleren Blende wird ein Schärfemaximum erreicht, und wenn man dann noch weiter abblendet, wird's wieder schlechter, weil nun der Einfluß der Beugung überhand nimmt. Die Blende, bei der dieses Optimum erreicht wird, heißt optimale Blende des Objektives und hängt allein von der Objektivleistung ab. Je besser das Objektiv, desto größer seine optimale Blende. Bei einem voll auskorrigierten Objektiv, das frei von Abbildungsfehlern ist (im Fotobereich äußerst selten), wäre seine größte Blende zugleich seine optimale.
Seitdem wir nicht mehr auf Film fotografieren, sondern auf Halbleiter-Bildwandlern, deren einzelne Sensorelemente in Reih und Glied aufgereiht sind und einen wohldefinierten Abstand voneinander haben, greift der neumodische Mythos um sich, die optimale Blende hinge nicht nur von der Objektivleistung, sondern auch von der Pixelzahl bzw. dem Pixelabstand ab ... so als ob die Beugung bzw. deren störender Einfluß auf die Bildschärfe auf kleineren Pixeln früher, also bei größeren Blenden einsetze. Was Blödsinn ist.
Was dich vom Mangel an Schärfentiefe geplagter Makrofotograf interessiert, ist aber gar nicht die optimale, sondern die förderliche Blende. Das ist die Blende, die im Spannungsfeld zwischen Maximalschärfe und Tiefenschärfe den für bildmäßige Zwecke vorteilhaftesten, also "förderlichen" Kompromiß ergibt. Sie hängt primär ab vom Aufnahmeformat ... und sekundär natürlich auch noch davon, welchen Kompromiß der Fotograf für sich persönlich als förderlich erachtet. Bei der optimalen Blende wäre zwar die Schärfe in der Einstellebene maximal, aber die Schärfentiefe bestenfalls mittelmäßig, im Makrobereich fast immer zu klein. Man blendet also weiter ab, um die Schärfentiefe zu erhöhen, und nimmt dafür einen gewissen Verlust an Maximalschärfe in Kauf.
Leider kann man die förderliche Blende nicht klar definieren, denn sie hängt davon ab, wieviel Schärfentiefe man braucht und welchen Verlust man dafür in Kauf zu nehmen bereit ist – wie das eben so ist mit Kompromissen. Aber so ganz grob und pauschal kann man sagen, daß sie im Kleinbildformat im Fernbereich etwa bei f/16 - f/22 liegt ... nehmen wir der Einfachheit halber f/16.
Bei größeren Aufnahmeformaten darf man weiter, bei kleineren weniger weit abblenden. Grob kann man sagen: pro Formatstufe eine Blende. Also etwa so:
- 1"-Format: f/5,6
- 4/3"-Format: f/8
- APS-C: f/11
- Kleinbild: f/16
- Mittelformat 4,5×6 cm: f/22
- Mittelformat 6×7 cm: f/32
- Großbild 4×5": f/45
- Großbild 5×7": f/64
- Großbild 8×10": f/90
Die Blendenzahl der förderlichen Blende verhält sich also proportional zur linearen Formatgröße (Formatdiagonale).
Und wenn du nicht im Fernbereich unterwegs bist, sondern im Nah- und Makrobereich, dann multiplizierst du für Abbildungsmaßstab m einfach die am Objektiv eingestellte nominelle Blendenzahl mit dem Faktor (m + 1), um die für die Beugung maßgebliche, effektive Blendenzahl zu bestimmen. Beispiel: Vierdrittelformat, Abbildungsmaßstab 2,5:1, Nennblende 4 —> die Beugung verursacht etwa den gleichen Schärfeverlust wie Blende 4 * (2,5 + 1) = Blende 14 bei Vierdrittelformat im Fernbereich oder Blende 28 bei Kleinbild im Fernbereich.
Strenggenommen müßte man jetzt noch den Pupillenmaßstab des Objektives berücksichtigen ... aber ich denke, das führt hier zu weit.