Ich denke, die Frage könnte auch lauten: "Warum fotografieren Leute heute WIEDER analog?"
Ich habe neben einer Leica M Mono 246 mittlerweile zwei Leica M3 und geniesse die extreme Reduziertheit der Fotografie sehr. Für mich persönlich ist das, was Fotografie ausmacht, einfach das Analoge. Seit geraumer Zeit hat mich schon das digitale "EsgehtauchimmernocheinKnopfmehrundendloseMegapxielsindauchgeil" genervt. Wie "früher" bei den ersten Computern weiß man doch beim Kauf einer digitalen, dass man kurze Zeit nach dem Kauf eigentlich schon wieder ein veraltetes Gerät erworben hat. Immer findet man im Netz eine Firma, die noch mehr und noch schneller und ohnehin noch schärfer alles mögliche in die nächste Kamera zu packen verspricht. Die ewigen Mahner, die dann sagen, "Nein, es kommt auf den Fotografen an!", nerven in dieser Logik. Mich haben sie auch genervt. Und mit Verlaub: Nach Jahren der Arbeit mit einer Nikon D5000 kann ich sagen, dass eine digitale Leica einfach kleine Meisterwerke auf Knopfdruck realisiert. Eine bessere Canon oder Nikon aber sicher auch - und das für weniger Geld als bei einer Leica! Die Kamera macht leider doch einen Unterschied... Aber es kommt eben doch auch auf den Fotografen an: Hätten mich die Jahre mit einer nicht sonderlich guten Nikon nicht gezwungen, stets um die Schwächen der Kamera und der leider billigen Objektive - ich war armer Student - "herumzufotografieren", um doch schöne Bilder zu bekommen, würde ich den nun geringeren technischen Aufwand bei höherer Qualität ja nicht zu schätzen wissen (auf dem Gebiet der digitalen Fotos).
Jetzt profitiere ich aber auch beim analogen Fotografieren ganz sicher von meinen digitalen Lehrjahren. Beim Blick durch den Sucher, der Auswahl eines geeigneten Film und der Einstellung von Blende/Belichtung vermeide ich ganz sicher viele Fehler, die früher auf dem Display sofort sichtbar waren. Vor dem Hintergrund, dass ich nun erst viel später sehen kann, was aus einem Bild geworden ist, schätze ich natürlich meine eigenen Fähigkeiten im Umgang mit einer Kamera ganz anders ein und fühle mich bei gelungenen Bildern viel stärker in meiner Einstellung zur Fotografie "belohnt", als wenn ich das alles nur einer Kamera zuschreiben müsste.
Ganz praktisch: Mich stört es niemals, eine rein mechanische Kamera in der Jackentasche zu haben und dann, wenn ich ein Motiv sehe, das zu fotografieren. Bei einer digitalen Kamera wäre das anders, für digitale Fotos habe ich aber ohnehin ein Handy dabei.
Ich könnte noch etliche weitere Gründe hier anführen, was mir an analoger Fotografie gefällt - eigentlich alle sind hier schon mehrfach genannt - aber ein technischer liegt mit noch am Herzen: Wenn moderne Handys mittlerweile eine Offenblende haben wie ein hochwertiges, lichtstarkes Objektiv und mehr Megapixel als Kameras vor fünf bis zehn Jahren, dann wird das nicht der letzte Schritt sein. In zehn Jahren hat sicher jedes Handy 30 Megapixel oder noch mehr. Die elektronische Bildbearbeitung wird auch nicht schlafen in der Zwischenzeit.
Wenn Nikon jetzt ein Werk in China schließt und sich aus dem Markt in Brasilien zurückzieht, dürfte das nur die Spitze des Eisberges sein: Der Markt der Kompakten wird m.E. völlig vom Handy übernommen werden.
Die Fotografie wird sich sicherlich weiter spezialisieren und auf professioneller Ebene, vor allem im Mittel- und Großformat, gibt es für mich keine Alternative zum digitalen Foto. Aber im Kleinbild dürfte sich die erkennbare Renaissance der Analogfotografie sicher problemlos behaupten und neben einen überschaubareren Markt sehr guter digitaler Systemkameras bestehen bleiben.
Mein Workflow ist ohnehin hybrid (Entwickelung der Filme, Digitalisierung der Negative) und ich probiere manchmal einige Dinge, bevor ich sie analog ablichte, zuvor mit der digitalen Kamera aus. Hat etwas vom Probebild mit Polaroids früher