#111
Am Eisfjord gibt es drei farblich markierte Wanderungen, die in verschiedenen Routen am Eisfjord entlang führen. Die häufigste gewählte Tour, ist vermutlich die rot markierte. Die einfachste und kürzeste. Eine weitere markierte Route führt mit gelben Hinweisen vom Eisfjord in die Stadt (oder umgekehrt, je nach Ausgangslage) und die längste und schwierigste Wanderung, mit blauen Hinweisen, führt in einem großen Bogen immer an der Kante des Fjords entlang von der Mündung bis zum Ende der Stadt. Ich entschied mich für die lange Strecke und stellte recht bald fest, das ich die falsche Entscheidung hinsichtlich der Richtung traf. Ich startete an der Mündung des Fjords, quasi dem HotSpot für alle Touristen und arbeitete mich auf dem Pfad immer weiter in Richtung Hinterland vor. Dabei geriet die traumhafte Kulisse leider immer stärker in meinen Rücken und ich blickte während der Wanderung immer mehr auf kargen Fels. Läuft man in die mir entgegengesetzte Richtung, läuft man geradewegs auf das Eis zu, sicherlich wesentlich reizvoller. Da ich aber keinerlei Zeitdruck verspürte (lediglich hinsichtlich der stark eingeschränkten Verkaufszeiten für Bier
) stoppte ich sehr häufig und ließ die Kulisse auf mich wirken.
#112
Auf die Frage, wie dicht man dem Eis eigentlich kommt, hier als Antwort eine der kleinen vorgelagerten Inseln im Fjord. Wie man erkennt, hebt sich der Fels geschätzte vier bis fünf Meter aus dem eigentlichen Wasser. Bewuchs findet sich allerdings nur auf der äußersten Spitze der Insel. Eine Folge der wiederkehrenden, durch brechende Eisberge ausgelöste, Minitsunamiwellen, die eine ernsthafte Gefahr für Touristen darstellen, so sie sich denn zu dicht ans Wasser wagen.
Bei dieser Aufnahme fällt es mir immer wieder schwer zu glauben, dass all diese Eismassen im Hintergrund auf der Wasseroberfläche aufliegen und gemächlich Richtung Fjordmündung treiben.
#113
Nach etwa drei Stunden sehr gemütlichen Wanderns passierte ich diese Stelle, an der sich die Wanderung zwischen einer in den Fjord hinein ragenden Halbinsel hindurch zwängt. Ergo schwindet die Sicht auf den Fjord sehr schnell. Dort realisierte ich schließlich auch, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Da ich aber über ausreichend Zeit verfügte, stellte dies nun kein großes Drama dar.
#114
Eng am Pfad schlengelt sich ein kleiner Bach an den Strand. Da sich das Gewässer unmittelbar vor mir gabelte und in der Mitte einige trockene Steine eine wunderbare Rastmöglichkeit versprachen, nutzte ich die Gelegenheit. Der auserkorene Stein bot sogar genug Platz, sich der Länge nach hinzupacken, umwirbelt von glasklarem, rauschenden und gurgelnden Wasser, welches in seiner Köstlichkeit den Quellen auf dem Arctic Circle Trail in nichts nach stand. Da ich klugerweise vom Frühstück noch etwas Wegzehrung abzweigen konnte, genoiss ich nun bei ausreichend Wind ohne Netz vor dem Gesicht eine längere Rast und etwas Nahrung. Ein wundervolles Gefühl der absoluten Entspannung. Da das Wasser auch recht laut an mir vorbei rauschte, nahm ich die fünf oder sechs Wanderer, die an mir vorüberzogen, nur sehr verzögert wahr. Lediglich zwei Dänen prosteten mir lautstark zu und beglückwünschten mich zu meiner hervorragenden Rastplatzwahl.
#115
Nach dem Ende meiner ausgiebigen Pause nahm ich nun die letzten Kilometer zum Endpunkt der Wanderung unter die Sohlen. Dabei stieß ich unter anderem auf diesen See, der wohl als Trinkwasserreservoir für Ilulissat genutzt wird. Leider befand ich mich nach einem kurzen Abstieg in windgeschützter Lage, so dass ich alsbald ohne Netz vor dem Gesicht keinen entspannten Schritt mehr gehen konnte. Nach einem erstaunlich knackigen Anstieg erreichte ich eine Art Plateau, das einen Blick auf Ilulissat ermöglichte.
Zum Ende hin wird der Wanderweg etwas unübersichtlich, mitunter verliert er sich inmitten eines Schlittenhundegeländes, so dass man schon ein wenig die Augen offen halten sollte um nicht einem schlafenden Hund unvermittelt auf die Pfoten zu treten. Nach einer kurzen Orientierungspause schlug ich schließlich den Weg direkt in den Ortskern ein und folgte einer spontanen Eingebung gehorchend einer kleinen Gruppe zur Touristeninformation. Dort fand ich recht schnell eine Übersicht der angebotenen Ausflüge inklusive der jeweiligen Startzeit. Nach kurzer Suche stieß ich schließlich auf eine Bootstour zum Eis in den Abendstunden am Folgetag. Auf Nachfrage reservierte mir die sehr freundliche und humorvolle junge Dame an der Rezeption tatsächlich den letzten Platz auf der Fahrt.
Kein ganz günstiges Unterfangen, aber, wie sich später herausstellte, absolut lohnenswert!
Im Anschluss durch stöberte ich noch das lokale Bierangebot und erwarb noch etwas Nahrung für den Tag. In meine Unterkunft zurückgekehrt, legte ich eine Pause ein, die Wanderung hatte mich doch mehr geschafft, als ich zugeben wollte. Da ich aber am Abend fit und ausgeruht sein wollte, dehnte ich meine Mittagspause voller Vorfreude recht ordentlich aus.