#139
Das Farbenspiel, welches wir erlebten, ließ sich kaum in Worte fassen. Das Rot auf dem Eis wurde immer intensiver, so dass gefühlt die gesamte Umgebung anfing im zarten Pastellrosa zu strahlen.
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Der Blick in die andere Richtung, als die Sonne für einen kurzen Augenblick komplett durch die Wolkendecke brach.
In jenem Moment kam ich mit einer Dänin auf dem Schiff ins Gespräch, die sich, wie schon erwähnt, ebenfalls nur zum Tee/Kaffee holen unter Deck begab und den Rest der Zeit das Naturschauspiel bewunderte. Im Gespräch kamen wir auch darauf zu sprechen, dass sie aus Aalborg kommt, eine Stadt, die ich bei zahlreichen Reisen nach Dänemark sehr zu schätzen gelernt habe. So hatten wir gleich ein gutes Fundament für ein Gespräch.
Sie erzählte mir, dass die grönländische Reederei Royal Arctic ihren Zweitsitz in Aalborg hat und nahezu der gesamte Import von Dänemark nach Grönland über Aalborg abgewickelt wird. Entsprechend eng sind auch die sozialen Verflechtungen zwischen Aalborg und Grönland. Für mich erklärte sich damit im Nachhinein, weshalb mir Aalborg als Stadt so sympathisch ist...
#141
Nach dem kurzen Plausch ließen wir uns aber wieder recht schnell vom Zauber der Umgebung einfangen. Dabei entstand diese Aufnahme, die offen gesagt, mein absoluter Favorit aus den Bildern der Reise ist.
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So langsam ging nun aber auch der schönste Abend einmal zu Ende. Die Sonne verschwand ganz allmählich hinter dem Horizont und der Kapitän nahm Kurs auf den Heimathafen. Auch jetzt konnte ich mich allerdings nicht durchringen, das offene Deck zu verlassen. Meine Füße froren zwar schon fast auf dem Deck fest, aber ich konnte mich einfach nicht von diesem Anblick losreißen.
#143
Und hier nun das letzte Bild von meiner Reise nach Grönland 2018.
Nach der Rückkehr in den Hafen hieß mein Ziel direkt zurück zur Unterkunft und erstmal einen warmen Tee ansetzen. Dabei kam ich noch kurz mit einigen anderen Gästen ins Gespräch, denen ich voller Euphorie eine Bootstour zu dieser Tageszeit wärmestens ans Herz legte. Im Anschluss packte ich meine sieben Sachen zusammen und verkroch mich ein letztes Mal in Ilulissat in meiner Bettdecke.
Der darauffolgende Morgen begann so entspannt wie die übrigen, wenngleich sich meine Stimmung wie der Himmel mehr und mehr eintrübte. Da mein Flieger nach Kangerlussuaq erst gegen 12 Uhr abhob, beschloss ich den Weg zum Flughafen zu Fuß zurück zu legen und so die arktische Natur noch ein wenig intensiver zu genießen. Kurzzeitig keimte in mir die Hoffnung auf, dass der Flug aufgrund des Wetters vielleicht ausfallen müsste, dem war aber leider nicht so. Pünktlich (!) rollte die Maschine aufs Startfeld und während des Starts erhaschte ich noch einige Blicke auf den Eisfjord. Richtung Kangerlussuaq besserte sich das Wetter schlagartig und ich erhielt noch mal einen Überblick über das Gelände, in dem ich mich vor gut einer Woche mit Rucksack und Zelt durchschlug.
In Kangerlussuaq angekommen stand nun die Suche nach einer Unterkunft auf dem Programm, denn diese hatte ich im Vorwege nicht gebucht. So führte mich mein Weg schnurstracks zum Hotel, in dem wir die erste Nacht verbrachten. Dort fand ich einen Zettel, man möge sich aufgrund von Abwesenheit des Personals im Flughafen melden.
Also lief ich die 750m wieder zurück um an benanntem Schalter die Information zu erhalten, die Rezeption des Hostels sei nun wieder besetzt und man möge sich direkt melden.
Ich also wieder zurück, wobei mir die etwas unfreundliche und gestresste Dame knapp mitteilte, dass sie keinen Schlafplatz mehr hätte. Ich solle mich anderweitig umsehen. Es gäbe noch etwas weiter draußen das "Old Camp", in der ursprünglichen Siedlung Kangerlussuaq, etwa zweieinhalb Kilometer zu Fuß.
Genervt durch das Hin und Her und die etwas unwillige Dame, stapfte ich wütend nach draußen und nahm den Weg unter die Füße. Nach der Hälfte der Strecke donnerte dann der Stadtbus an mir vorbei...
Einen kühlen Kopf zu bewahren, wäre wohl sinnvoller gewesen. Nach zweineinhalb staubigen Straßenkilometern erreichte ich das Old Camp und wurde direkt ausnehmend freundlich begrüßt. Die sehr freundliche Dame am Empfang hatte seinerzeit in Deutschland studiert und freute sich sehr, ihre Deutschkenntnisse wieder einmal anwenden zu können. Sie erfragte auch sogleich, wie lange ich in Grönland war, da man mir wohl recht deutlich ansah, dass ich mich auf dem Rückweg befand. Sie versuchte mich dann auch etwas aufzuheitern und erklärte mir, dass jedes Ende einer Grönlandreise, quasi schon die Vorfreude auf die nächste Grönlandreise in sich birgt.
Wahre Worte, auch wenn die Aussicht, dieses Jahr nicht nach Grönland zu kommen, mir schon fast körperliche Schmerzen bereitet.
Den Rest des Tages lag ich immer mal wieder in der Sonne herum, es hatte erstaunliche 23°C und schlief schließlich mit der vagen Hoffnung ein, dass der Flug nach Kopenhagen am folgenden Tag, eventuell ausfallen könnte.
Das Frühstück im Old Camp war einfach aber irgendwie auch großartig. Wirkte mehr wie in einem Hostel, in dem sich sehr viele, sehr verrückte Leute zusammen finden und bereitwillig über die erlebten und bestandenen oder die erwarteten und bevorstehenden Abenteuer austauschten. Ich traf dabei auch noch den ein oder anderen ACT-Wanderer, denen ich dringlichst davon abriet, die Brücke zu nehmen. Diese versprachen nach dem sechsten oder siebenten Hinweis, dass sie nicht mal auf die Idee kommen wollten, die Flussdurchquerung zu vermeiden.
Im Anschluss packte ich meine sieben Sachen zusammen, stieg in den bereitstehenden Bus und ließ mich zum Flughafen kutschieren. Nach dem EInchecken und der Sicherheitskontrolle verfügte ich noch über reichlich Zeit und musste leider feststellen, dass das Wetter in Kangerlussuaq wohl keinen Flugausfall ermöglichte. Während ich meinen Kaffee schlurfte und mit einem Dänen ins Gespräch kam, der nach seinem ersten Besuch der weltgrößten Insel das Feuer des arktischen Virus in Augen erkennen ließ, erschallte eine Durchsage, dass es aufgrund schlechten Wetters an der Ostküste Grönlands zu Verspätungen in Richtung Kopenhagen käme. Schlagartig besserte sich unserer beider Stimmung, wurde aber keine halbe Stunde nach der Durchsage zunichte gemacht, da die Verspätung mit lediglich 30 Minuten angegeben wurde und wir kurz darauf den Airbus am Himmel erkannten.
Letztlich lief soweit (leider) alles glatt und wir landeten pünktlich am späten Abend in Kopenhagen, bei gefühlten 30°C. Mein Versuch, ein Zugticket nach Kiel zu erstehen scheiterte an den Automaten der DSB allerdings kläglich. Eine ausgesprochen unhöfliche Bedienstete der Staatsbahn teilte mir maulend mit, dass Fahrkarten ins Ausland nur an einem Schalter zu kaufen seien. Diese öffneten in Kopenhagen auf dem Hauptbahnhof um 8 Uhr. Auf meine Frage, ob ich die verbleibenden 10 Stunden hier auf dem Flughafen oder im Bahnhof verbringen solle, erhielt ich lediglich weiteres Gemaule zur Antwort. Glücklicherweise hatte ich solche eine ähnliche Situation schon einmal erlebt und buchte mir nach einer kurzen Schockzigarette meine Fahrkarte übers Internet. Diesen Hinweis hätte ich eigentlich von der Dame der DSB erwartet, aber vermutlich wurde sie von der Deutschen Bahn ausgebildet...
So kam ich schließlich, nach drei vollen Wochen Grönland zur Mittagszeit (mit lediglich 2,5 Stunden Verspätung, ein herzliches Danke an die Deutsche Bahn!) in Kiel an und fühlte mich von allem überfordert. Die Temperaturen passierten die 30°C-Marke, es herrschte ein unfassbares Gewusel am Bahnhof und in der Stadt, unglaublich viele Autos kurvten durch die Straßen... am liebsten wäre ich auf dem Absatz umgekehrt und wieder zurück geflogen.
Was bleibt, ist die Erinnerung an eine außergewöhnliche Zeit auf Grönland (wieder einmal), wundervolle Erfahrungen, Begegnungen und schräge Situationen. Und ja, ich kann es kaum erwarten, hoffentlich bald (2020) wieder auf die Insel zurückzukehren.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, die vielen Hinweise zu den Bildern, die Nachfragen und natürlich, nicht zuletzt, für eure Aufmerksamkeit. Es freut mich, dass sich einige mit uns/mir auf die Reise machten, einen Zipfel der Welt zu entdecken, der nach wie vor als Geheimtipp gelten kann und aufgrund der Abgeschiedenheit wohl nicht das Schicksal Islands ereilen wird.