Ich empfinde sie regelmäßig als vom Bild selbst, ablenkend, weil diese zum Bild nicht wirklich dazugehörigen feinen Strukturen meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, unabhängig vom Bildinhalt.So unterschiedlich ist das.
Das hängt auch mit unterschiedlichen Betrachtungsgewohnheiten und Abständen zusammen - in einer realen Galerie nehmen wir Leinwandstruktur und Firnis auch nicht wirklich war, obwohl sie relativ grob sind - weil die Bilder und die Betrachtungsabstände größer sind und die gezielte Beleuchtung auch noch einiges davon wegnimmt.
Korn assozierie ich mit eher harten, oft zu harten Kontrasten und Grobheit/Härte statt Weichheit. Glatt ist weich und die Übergänge sanft wie bei hochfeinem Gewebe, Korn/Struktur dagegen ist uneben und treppenartig hart in den Übergängen.
Korn gibt dem Auge gerade in harten, kontrastreichen Bildern Halt - durch seine diskreten Abstände und unregelmäßige Verteilung sorgt es für fließende, weicher anmutende Übergänge. Dabei sollte man unterscheiden, was eigentlich gemeint ist - Korn kann hart wirken, wenn man sich gedanklich auf Pixelebene bewegt - man kann es aber auch so dosieren, dass die Bildanmutung ganzheitlich gesehen weicher erscheint. Dieser Effekt wird dadurch hervorgerufen, dass Korn in dunklen Umgebungen sich heller und in helleren Umgebungen dunkler abzeichnen kann - im Gegensatz zu eingefügtem Rauschen.
Ich hab hier bereits doppelte Bilddigonale als Betrachtungsabstand auf meinem 21,5 Zoll TFT, noch kleiner und ich kann mir vergleichsweise eine Postkarte in Armentfernung ansehen.Wenn das das Ziel ist, könnte man der Einfachheit halber die Struktur von vornherein weglassen. Dann muß man bei der Betrachtung seinen Geist nicht erst dahinbringen, die Struktur zu überwinden, bevor man sich der Betrachtung des eigentlichen Bildinhalts widmen kann.
Klingt nach der Vorgabe, daß Foto nur aus unüblich großem Abstand zu betrachten und Details quasi auszublenden und sich nur noch mit einer möglicherweise vorhandenen Bildaussage/Idee/etc. zu beschäftigen.
Wenn es aber soweit geht, reicht auch eine SW-Fotokopie plus ein 1 Satz mit Vorgaben zur Betrachtunsgweise. Da ist dann keine aufwändige EBB oder gar ein gutes Foto vonnöten.
Wenn ich hier vom Mittel zum Zweck gesprochen habe, so ist eine PSD durchaus eine feine Sache - man kann die Strukturebenen durchaus auch wieder ausblenden - wenn es um ein endgültiges Ergebnis geht - oder sie nochmal etwas anders gewichten - wenn es um eine weitere Evolutionsstufe in der Bearbeitung geht. Klar arbeite ich an einem etwas größeren Bild und verkleinere es etwas für das Forum, womit die Effekte auf kurze Distanz und auf meinem 19 Zoll-Monitor etwas überbetont wirken können, weil die Verhältnisse etwas aus den Fugen sind. Auch ist die Wirkung dann auf einem größeren Monitor eine andere - weil quasi eine Art Passepartout-Effekt dazu tritt.
Ich verstehe durchaus, was Du sozusagen "aus Konsumentensicht" dazu sagen möchtest - bei mir geht es aber durchaus auch darum, dass ich mein eigenes Auge in der Wahrnehmung winziger Bearbeitungsunterschiede schulen muss - und manchmal geht es dabei auch um die so wichtige Entscheidungen wie "besser als vorher - oder eher nicht". Behalten oder Verwerfen. Oder stellenweise ausmaskieren.
Richtig ist, dass ein durchgängiger und gleichmäßiger Leinwandeffekt nicht die gleiche Wirkung wie Bildkorn haben kann - weil er zu regelmäßig daherkommt. Das kann man nun wieder selektiver gestalten oder man wird noch feiner mit der Struktur - indem man z.B. eine Sandsteinstruktur überlagert. Vielleicht sehen wir das noch...
Ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass unsere Wahrnehmung durch Illustriertentitelseiten oder HD-TV zunehmend in die Richtung hoher Detailwahrnehmung beeinflusst wird. Wir nehmen Bilder schon anders wahr als die vorangegangene Generation - und das wird sich weiter verändern. Wir haben aber auch ein Erbe aus der Malerei übermittelt bekommen, was unter ähnlichen Betrachtungsvoraussetzungen (z.B. Ausstellungen in einer Fotogalerie) auch in der Fotografie von Nutzen sein kann (z.B. Stilisierung und Erhöhung des Abstandes zum Hintergrund, relative Wahrnehmungseffekte durch Kontrastaufsteilung vor sehr dunklem Hintergrund, subtile Lenkung des Auges durch Differenzierung von Hell - Dunkel, Intensität und Charakter der Farben sowie Detailgehalt an Motivhöhepunkten).
Ich freue mich sehr über diesen etwas konträr anmutenden Dialog - so kommt doch durchaus etwas Leben und Gehalt in diesen Thread.
LG Steffen