Ich habe für viel Geld eine neue, funktionsfähig und langlebig sein sollende Kamera gekauft, so wie von Leica suggeriert.
Man konnte allerdings auch ahnen, wenn nicht wissen, dass diese Suggestion nicht die Realität wiedergab, denn erstens wurde nirgendwo gesagt, durch welche Maßnahmen diese Langlebigkeit im digitalen Zeitalter erreicht werden sollte, und zweitens gab es schon viele Hinweise von Usern darauf, dass die digitalen Leicas im fotografischen Alltag alles andere als langlebige, widerstandsfähige Produkte darstellen, wie das mal für die analogen Leicas vor 50 Jahren galt.
Aber im Falle Leica spielt eben heute die Magie eine größere Rolle als die nüchterne Vernunft. Im Grunde kann man sich diese Kameras nur kaufen, wenn man das Geld locker übrig hat und der Verlust finanziell nicht weh tut und man auch sonst nicht auf die Kamera angewiesen ist. Schon die langen Ausfallzeiten durch Sensortausch oder andere Wartung sind für jemanden, der auf seine Kamera angewiesen ist, kaum akzeptabel.
Rocco hat das ja sehr schön beschrieben, indem er seine Leica mit geilen, aber nicht für den Alltag gebauten Motorrad verglichen hat. Die Leica war mal das Werkzeug der Wahl, um als Reporter sein tägliches Brot damit zu verdienen. Jetzt hat sie sich eher zu einem Luxus-Artikel entwickelt. Luxus ist etwas Schönes, das man sich nicht anschafft, um einen notwendigen Zweck zu erfüllen. Und Luxus ist, wenn die Ausgabe nicht weh tut.
In dieser Situation tut Leica offensichtlich das Maximum, was der Firma möglich ist, was gleichzeitig das Minimum ist, das nötig ist, damit die Stimmung der Kunden nicht gegen die Marke kippt. Ihr Kapital dabei ist ihre Magie, die die Leica-Kunden wie eine verschworene Gemeinschaft trotz allem an die Marke bindet. Ohne das könnten doch schon die Preise gar nicht auf dem Markt erzielt werden. Wohl für kaum eine andere Marke wäre das möglich, was für Leica möglich ist. Deshalb sind auch alle Vergleiche mit Kameras anderer Marken überflüssig, weshalb hier regelmäßig alle Versuche, den Kauf einer Leica mit rationalen Kosten-Nutzen-Überlegungen zu diskutieren, ins Leere laufen oder in persönlichen Angriffen enden (die einen werden als arrogante Snobs wahrgenommen, die anderen als ewige Nörgler und Neider).
Und natürlich wird es Leica auch hoch angerechnet, dass die Firma es überhaupt versucht hat, das Messsucher-Konzept ins digitale Zeitalter hinüberzuretten, statt das Konzept einfach eingehen zu lassen. Das kann man ja durchaus als eine anerkennenswerte Leistung sehen. Vielleicht überrascht sie ja auch wirklich noch mit einer nachhaltigeren Lösung durch Änderung am Sensor oder was auch immer. Nur man weiß es nicht, auch weil sie sich mit ihren vollmundigen Sprüchen von lebenslanger Haltbarkeit oder sogar Hardware-Upgrade-Fähigkeit im digitalen Zeitalter (im Falle von M8) mMn doch selbst diskreditiert haben. Viele Sprüche, wenig Substanzielles in diesem Punkt. Deshalb, wenn man sein Geld zusammensparen musste, um sich dann damit eine M fürs Leben zu kaufen, konnte man vermuten, dass das Konzept aller Voraussicht nach nicht aufgehen würde.
So bleiben als M9/E/MM-Besitzer jetzt wohl nur die beiden Möglichkeiten: Das Herz weiter auf Leica einstimmen und sagen, ja, das Angebot ist annehmbar, ich mache weiter mit, egal ob mit ein, zwei oder drei Sensoren, und habe dann immer noch die Aussicht, irgendwann auf ein jüngeres Modell umzusteigen, oder man verliert den Glauben an die Sache, wendet sein Herz ab und beendet die Episode.