http://www.mikroskopie-muenchen.de/flucht.html
^^ empfehle ich jedem, dem etwas von Fluchtdistanz und Co. eingeredet wird
... der 2006 (das muss ja nichts schlechtes sein) geschriebene Artikel ist allerdings nett zu lesen, gehört aber in die Ecke der Wortklauberei. Primär beschäftigt er sich mit der Verwechselung von den Begriffen "Fluchtdistanz" und "freier Arbeitsabstand", da hat der Autor zwar recht, doch kann man das eben von zwei Seiten betrachten (vom Fotografen und vom Tier); damit ist der Text ziemlich akademisch und pingelig.
Leider ist er dann aber sachlich falsch, möchte ich mal mit einer gewissen entomologischen Vorbildung behaupten. Auch Insekten haben eine Fluchtdistanz (auch wenn der Autor das in Fettdruck verneint); nur verarbeiten diese Wirbellosen wegen ihres speziellen Augenaufbaus die Information (da kommt etwas auf mich zu) anders als Wirbeltiere mit ihrem Linsenauge (es können nur Querbewegungen relativ zur optischen Achse der vielen Einzelaugen wahrgenommen werden.
Also ein evolutiv entstandener Unterschied, aber das heißt nicht, dass der Reflex fehlt. Eine Fliege trifft bei Ungereimtheiten Vorbereitungen zum Abflug (einfach mal genau beobachten, hilft auch beim Fotografieren); allerdings nicht linear abhängig von einer rein radial gemessenen Entfernungsgrenze; aber je näher man kommt, machen sich Bewegungen (Blitz ausrichten) eben auch stärker bemerkbar; das hängt auch mit dem Auflösungsvermögen der Komplexaugen zusammen und mit dem Winkelanteil einer Bewegungswahrnehmung - das führt hier jetzt aber zu weit.
Für den Fotografen bedeutet es aber, dass man nicht zuletzt wegen des Cropfaktors mit einem 105er oder einem 75er eine höhere Ausbeute bei fliegenden Insekten erreicht (aber z.B. auch bei Spinnen, die wieder anders aufgebaute Augen haben). Ein 35er ist auch nett, macht aber zu oft Probleme bei der künstlichen Beleuchtung, gerade wenn man noch Auszugsverlängerungen einsetzt (außer man möchte nur mit Ringblitz). Ein 50er ist gut für Blütenanatomie, obwohl man sich gleich darüber klar sein sollte, dass man an einer FT-Kamera einen 25er-ZWR braucht, um auf 1:1 (Motivfeld = Sensorabmessungen) zu kommen - dafür hat man dann aber denselben Bildeindruck wie früher bei einem 2:1-Bild an einer Analogkamera !
Vorsicht, hier lauern in der Regel auch wieder die "Wortklauberisten", ist mir aber egal, ich weiß wovon ich spreche, benutze dieselben Balgengeräte und Objektive wie früher an meinen analogen OM-4s jetzt an der E-3.
Möchte man also wirklich ein breites Spektrum (Blütenfotografie, Wirbellose "Gruppe A", Wirbellose "Gruppe B" wie z.B. Libellen, kleinere Reptilien oder Schlangen) fotografieren, bleibt einem nichts anderes übrig, als verschiedene Brennweiten anzuschaffen; denn es ändert sich nicht nur der freie Arbeitsabstand, sondern vor allem auch die Objektfeldabmessungen, die man mit der Nahkorrektion des Makroobjektivs noch ablichten kann.
So habe ich zu max. 180 mm Auszug (ZWR, Balgen) max. 4 Objektivköpfe (aus Qualitäts- und Gewichtgründen keine Objektive (!): 60 mm, 105mm + VA = 60, 105 + 75 mm und für die Balgenfotografie am Stativ speziell die Köpfe 80 und 135 mm Zuiko Olympus wegen der Feinfokussierschnecke).
Damit sind dann Objektfeldabmessungen bis ca. 9x7 mm möglich (obwohl das im Freiland oft nicht soviel Sinn macht; Freihand sind sogar aus physikalischen Gründen 36x24 mm, also der alte Diarahmen realistischer und reichen bis auf Ameisen oft völlig aus) und das mit freien Arbeitsabständen zwischen 90 und 8 cm.
Das sind etwa 2:1 (KB 4:1). Und da weiß man, was allein mit dem Windeinfluß an Schwierigkeiten auf einen zu kommt, wenn man im Freiland noch höher hinaus will. Man schaue sich nur mal an, was Nuridsany allein für seine Fotos für einen technischen Aufwand betreiben mußte. Allein das würde viele Amateure abschrecken.
(und: mehrere digitale Zwischenringe a la ex25 können bei Olympus nicht kombiniert werden, das verhindert z.Zt. die Firmware oder sonst was, es gehen also nur maximal 25 mm; das nur, weil hier bei den ZWR als Lösung manchmal im Plural geredet wird)
Obwohl der Text gerne zitiert wird, auch Artikel von wissenschaftlichen Vereinigungen können irren.
viele Grüße
Michael Lindner