Ja, Focus-by-Wire ist mir auch schon negativ aufgefallen. Das gehört zu den Erfindungen, die die Fotografenwelt nicht besser machen. Mal sehen.
Da war ich anfangs auch skeptisch, bin aber mittlerweile optimistischer. Ich habe schon ganz miese Focus-By-Wire-Umsetzungen gesehen, aber auch richtig gute, die ich dem mechanischen Fokus jederzeit vorziehen würde. Angeblich hat es auch Vorteile für die optische Konstruktion, weil z. B. Linsenelemente unabhängig voneinander verschoben werden können, was mit einer reinen Mechanik viel schwerer oder gar nicht umsetzbar wäre.
Mechanischer Fokus kann ja auch besser oder schlechter sein. Wenn man ein altes manuelles Objektiv hat, das sich feinfühlig einstellen lässt und noch genug Widerstand bietet, ist das ein Traum. Aber AF-Objektive werden oft auf Geschwindigkeit optimiert und haben dann zu kurze Einstellwege. Zum Beispiel habe ich letztes Jahr mit meinem alten Nikon AF 2,8/60 Macro beim Abfotografieren von Fotos eher schlechte Erfahrungen gemacht: Ein feinfühliges Einstellen der Schärfe ist da schon bei eher mäßigen Abbildungsmaßstäben (z. B. Abfotografieren von 10/15-Bildern) ziemlich schwierig, weil winzigste Bewegungen schon wieder das Optimum versauen. Ein leichtes Klopfen aufs Objektiv reicht schon, um nicht mehr perfekt scharf zu sein. Bei nach unten gerichteter Kamera (Repro-Stativ) hatte ich noch zusätzlich das Problem, dass der Fokus mit jeder Auslösung (Spiegelschlag) schleichend schlechter wurde und immer nach ca. 20 Aufnahmen total daneben lag; schließlich habe ich mir so beholfen, dass ich den Fokusring mit Klebeband fixiert und die Schärfe alle ca. 150 Bilder neu nachjustiert habe.
Solche Probleme hätte man mit einer
guten Focus-By-Wire-Umsetzung nicht mehr, denn da wird die Position elektronisch gespeichert und nach Erschütterungen ggfs. wieder automatisch hergestellt. Je nach Kamera und System gibt es sogar die Möglichkeit, die Feinfühligkeit des Einstellrings umzuschalten; dann kann man z. B. für die normale Fotografie den Einstellweg kurz halten, aber ihn für Macros extra lang machen.
Natürlich hat Focus-By-Wire auch neue mögliche Fehlerquellen (z. B. wenn an einigen Nikons, die noch nicht voll kompatibel mit AF-P sind, beim Ausschalten der gespeicherte Wert verloren geht). Man muss sich das also immer im Einzelfall anschauen und dann beurteilen.
Für spätere Repros habe ich übrigens z. T. die Panasonic FZ1000 benutzt. Da funktionierte das Scharfstellen (trotz oder wegen Focus-By-Wire) sehr feinfühlig. Mit der FZ1000 konnte ich hunderte Aufnahmen machen, ohne was nachjustieren zu müssen. Sie hat zwar ein Motorzoom und fährt das beim Ausschalten oder nach dem Umschalten auf Wiedergabe ein, aber dank entsprechender Menüeinstellung werden die Werte gespeichert und nachher wieder exakt reproduziert. Also ein Beispiel für positives Focus-By-Wire.
Wie gut oder schlecht Sigma das nun umsetzt (und wie gut es mit den verwendeten Kameras harmoniert), müssen wir einfach abwarten.