Nagut, dann legen wir mal los.
Hier mein nicht ganz so objektiver Objektivvergleich. Ich spare mir Testcharts o.ä. weil das sicher schon andere gemacht haben. Es wird eher ein Erfahrungsbericht. Und davor kurz angemerkt: Es geht hier um zwei Experiment-/Charakterobjektive. Die Bilder die ich bearbeitet habe haben deswegen lieber mehr Farbe wie zu wenig.
Kommen wir also zu unseren Kontrahenten.
In der linken Ecke: Helios 58mm F2 M42 Mount, nach meiner Info ein Objektiv der zweiten oder dritten Generation
In der rechten Ecke: Petzval 55mm Mark 2 F.17 und Bokeh Control, Wechselblenden und in schönem Gold.
Seriennummer 69
Weiteres Bild:
Nun mal zu den einzelnen Kandidaten:
Helios:
Wer noch das Glück hat zu einem angemessenen Preis an ein Helios kommt, wird erstmal von der seltsamen Form überrascht. Dazu kommt, dass bei der Blende 22 Offenblende ist und immer die potenzielle Gefahr besteht aus versehen die Blende zu verstellen, da so leichtgängig. Fokussieren läuft zumindest bei meinem Objektiv auch sehr leichtgängig.
Interessant wird es nun bei der Bildqualität. Scharf? Naja, bei Blende 8-10 ist es ganz ok. Offener bedeutet weicher, aber für Insta u.a. immer noch sehr akzeptabel. Im Offenblendebereich kommen wir aber zum Charme dieses Objektivs:
Das Teil ist wahnsinnig Streulichtanfällig und nicht vergütet. Das bedeutet: Entweder tolle Lichtreflexe oder kontrastloser Matsch. Und weil man das immer wieder liest und mit einigem Nachdenken es sich vor seinem inneren Auge sehen kann mal hier als Praxisbeispiel.
Aaaber: Trifft nun eine niedrig stehende Sonne auf das Objektiv mitsamt offener Blende kann das Foto ebenfalls Matsch werden, was sich auch in der Nachbearbeitung nicht retten lässt:
Der Rettungsversuch: Nicht ganz zufrieden stellend.
Petzval:
Das Teil ist schon was besonderes. Schön verpackt, schön schwer und schon g o l d i g. haha
Nein wirklich, alleine die Farbe läd die Leute quasi zu Gesprächen ein. Und die Models stehen drauf
Auf der anderen Seite ist Lomography sehr puristisch. Nach längerem Benutzen löst sich nach und nach der Lack und das Messing darunter bekommt seine Patina, wie man es auch von den "originalen" Petzval Objektiven kennt.
Technisch ist es interessant. Fokus läuft gut. Blende wird durch einen Schiebeschalter auf der oberen Seite eingestellt. Dazu der Schlitz mit Blendenformscheibe. Es sind auch 5 Blenden dabei, wobei das Herz bei mir auf dem Kopf steht...
Und nun: Der Bokeh-Control Ring
Er ist stufenlos von 1 bis 7 einzustellen. 1 ist fast normal. 7 ist nahe an der Geschmacksverirrung.
Was kann man nun von dem Objektiv erwarten? Abgeblendet (ab f8) gut scharf kommt es auch mit Spitzlichtern zurecht.
Für Charakter fotografieren wir natürlich aber nur in Offenblende. Und das bedeutet ein schönes, ganz leicht gedrehtes Bokeh, bei F1.7 und Bokeh-Control 1. In dieser Einstellung kommt man noch gut mit dem Objektiv zurecht.
Das andere Extrem findet man bei Bokeh-Control 7: Das Bokeh verschwindet quasi in Ringen und erzeugt dadurch einen wahnsinnigen Effekt. Mit viel Farbe wird es so schnell richtig cool. Aber...
Durch die extreme Verzerrung verläuft die Schärfenebene im Zickzack. Bedeutet, dass im Prinzip alles am Rand unscharf ist UND der Mittelpunkt an Unschärfe gewinnt. Das bedeutet ziemlichen Stress wenn es mal schnell gehen muss und sich ggfs. die Person noch bewegt. Da hilft dann auch bei der EOS R die Fokushilfe nicht. Ich markiere unten das Beispiel hierfür.
Erwähnen muss man eigentlich nicht, dass das Objekt der Begierde sich quasi nur in der Mitte des Bildes befinden darf.
Aber jetzt mal zu den Bildern:
Bokeh-Control so 3-4
Bokeh-Control max auf 7
Und hier nun zum genannten Beispiel: Man sieht in der Mitte deutlich, dass die schärfenebene sich im Kreis darum befindet. Darum musste ich hier länger ausrichten. Meistens lohnt sich aber der Stress, wie in diesem Bild.
Fazit
Macht euch klar was ihr wollt. Seid ihr ein Hochzeitsfotograf oder arbeitet auftragsbezogen? Nix für euch...
Wollt ihr the most bang for the bucks? Dann lieber in etwas anderes investieren...
Habt ihr aber Bock zu experimentieren und der Geldbeutel tut auch nicht so weh, dann nur zu.
Sollen es mehr Lensflares werden, dann das Helios.
Seid ihr scharf auf krasses Bokeh, dann das Petzval.
Und ganz zum Schluss: Der Effekt ist wie eine Droge. Am Anfang geil, danach wird es für euch schnell langweilig. Und alle anderen nervt es irgendwann, wenn nur noch solche Bilder von euch kommen. Für die gesunde Abwechslung ist es aber immer wieder schön.
Wenn ihr noch Fragen habt, dann fragt.
VG
David