Nachdem ich die Sony A7 III ein 3/4 Jahr besessen habe und mit ihr rund 7.500 Bilder schoss habe ich für mich die Entscheidung getroffen dem E-Mount-System den Rücken zuzukehren. Ich tue es allerdings im Guten, denn ich habe mir die A7 III mit dem festen Entschluss gekauft ihr eine Chance zu geben und spiegelloses Fotografieren erleben zu können. Ich habe sie sowohl privat als auch kommerziell genützt und konnte mir eine gute Meinung bilden. Mitunter ein Grund mich von Sony zu trennen sind die Mitbewerber, darauf will ich nicht weiter eingehen, da es hier rein um die A7 III gehen soll.
Was fand ich gut?
.) Der Autofokus. Er ist besser als alles was ich bei Spiegelreflex & Co erlebt habe. Nicht nur ist er systembedingt wesentlich genauer, sondern in der Nachführung absolut top. Eye-AF ist sowieso der Hammer.
.) Akkulaufzeit: spiegellose Kameras sind natürlich schwächer als eine SLR, allerdings hält der A7 III Akku wirklich lange und ist daher meiner Meinung nach überhaupt kein Thema mehr (so wie es früher war).
.) Bildschärfe: die A7 III lässt die Qualität des Objekts ohne Filter & Co durch. Das war manchmal zu scharf, allerdings lässt sich so die Schärfe ausgezeichnet beurteilen und nachdem ich Unschärfe nur als Stilmittel haben möchte, war ich über diese Eigenschaft sehr glücklich.
.) Bilder bewerten: hört sich sehr unscheinbar an, ist aber bei Terminen wo schnell eine Bildentscheidung getroffen werden muss ein Segen.
.) Zwei SD-Speicherkarten: auch wenn es toll gewesen wäre, wenn der zweite Slot statt UHS-I wie Slot 1 UHS-II-fähig gewesen wäre, konnte ich damit gut leben.
Neutral:
.) Menü/Optionen: hier hat man als längjähriger Sony-Benutzer definitiv einen Vorteil, aber ich komme nicht von Sony und für mich ist das Menü nicht schlüssig. Entsprechend überfordert war ich, wenn ich mir nicht etwas ins Schnellzugriffsmenü gelegt habe. Ich finde auch die AF-Modi too much. Hier hätte ich mir gewünscht, dass ich einschränken kann was zur Auswahl steht. Generell war ich schnell überfordert wenn es mal hektischer wurde. Ein Beispiel wo Sony meiner Meinung nach am Ziel vorbeischießt: es lassen sich Gesichter einspeichern, damit die Kamera bei Gruppen das Gesicht bevorzugt anfokusieren kann. Ist zwar eine tolle Funktion, nur ist mir das wenn ich ehrlich bin zu viel AI.
.) Über-/Unterbelichtungsrad: mir ist bis zum heutigen Tag nicht klar, wieso Kameras so etwas benötigen. Erstens ist es zu schwergängig wenn man schnell fotografiert, zweitens stelle ich es immer zurück und benutze es daher sehr selten. Mir ist eine Soft-Taste wesentlich lieber, der Platz hätte besser für ein Schulterdisplay genützt werden können.
.) Touchscreen: die Kernfunktionen passen, sobald es etwas tiefer geht kann wieder alles mit den Knöpfen gemacht werden.
.) AF-Feldauswahl: ich finde nur den Knubbel zu wenig, ich hätte lieber das Rad unter dem Joystick nützen wollen um das Feld zu positionieren. Das kann ich aufgrund der Größe präziser machen.
Was fand ich verbesserungswürdig?
.) Auslösegeräusch zu laut: egal ob mit beiden oder nur mit einem Verschlussvorhang, es war einfach zu laut. Ich finde das Verschlussgeräusch auch nicht sehr angenehm (unabhängig der Lautstärke).
.) Handling: die Kamera ist mir leider zu klein. Mit einem Smallrig-Bracket schaut die Sache anders aus (da ist es perfekt). Ich kann meinen kleinen Finger nicht ablegen und nach zwei Stunden spüre ich das Handgelenk.
.) WLAN: Katastrophe. Was Sony in diesem Bereich macht ist mir nicht erklärlich. Für mich muss eine Kamera Bilder auf ein iPad pushen können (in voller Qualität, egal ob jpg oder roh). Programme wie Shuttersnitch sind meine Standard-Tools und ich hab keine Lust on Location meinen Laptop samt Stolperkabel auszupacken.
.) embedded jpg: in Rohdateien sind die integrierten jpg-Vorschaubilder nur mit einer Auflösung von 1024 x 768 enthalten. Das führt dazu, dass mein Programm Photo Mechanic viel Performance benötigt, weil es die Rohdateien auswerten muss. Ein schnelles Sichten ist somit unmöglich. Ich muss als Workaround immer Roh + jpg speichern.
.) Das Display & Sucher: der Sucher könnte höher aufgelöst sein, das stört mich aber weniger. Mehr stört mich, dass es Sony seit Generationen nicht schafft einen Display-Schutz zu verbauen, der auch ohne Schutzglas einen intensiven Einsatz überlebt. Ich war mir dessen im Vorfeld bewusst, nur verstehe ich nicht wieso das Sony nicht hinbekommt. Das optionale Sony-Displayschutzglas ist auch viel zu teuer und sollte als Standard-Zubehör dabei sein.
Alles in allem fühlte ich mich nie zu Hause. Ich war andere Farben gewohnt, das Handling ging mir nicht so von der Hand. Ich hatte mehr das Gefühl mit einem Computer zu fotografieren als mit einer Kamera. Mir fehlen im Sony-System bestimmte Linsen, die leider adaptiert entweder sehr langsam und unzuverlässig sind, oder gigantisch groß sind. Für mich waren es letztendlich leider zuviele Kompromisse. Ich sehe bei meinen Kritikpunkten auch kurzfristig keine Verbesserungen, denn diese gibt es teilweise schon seit Generationen nicht. Sony entwickelt sich in Richtung High-Tech, vergisst teilweise die Basics.
Es hat wahnsinnig Spaß gemacht ein anderes System kennenzulernen und würde ich von vorne beginnen und hätte das Wissen das ich habe, würde ich kurioserweise zu einer Sony greifen. Objektiv gesehen hat sie mMn das beste Gesamtpaket (es hängt nur davon ab worauf man Wert legt). Sony ist erfrischend innovativ, Dinge wie USB-C und der Versuch einen Sensor rauszubringen, der überhaupt keinen Verschluss mehr benötigt zeigen mir, dass Sony auch in Zukunft den Takt vorgeben wird. Wenn Sony es schafft die Hausaufgaben zu machen bzw. ihre Firmware-Update-Politik auch featureorientiert wird (so wie es jetzt mit dem AF-Firmware-Update passieren wird), bin ich guter Dinge, dass die Kameraindustrie weiter einen großen Schritt machen wird.