Generalisierung (grafische Verfremdung und Reduzierung) eines Bildes für die Foto-Illustration. (siehe auch Absoftung)
Für das Erreichen eines malerischen, oder grafisch wirkenden Looks bei einer Fotoillustration werden immer wieder 2 Filter genannt: der Kornfilter anisotrop und der Filter "Rauschen reduzieren" (PS 2: "Störungen reduzieren")
Euch allen ist sicher bekannt, dass wir anfangs versucht haben, mit dem Gauss'schen Weichzeichner sowohl Generalisierungs- als auch Kontraststeigerungs-Effekte zu erzielen. Der Kollege ist aber sehr eigen - als ungerichtet wirkender Weichzeichner neigt er bei höherer Deckkraft dazu, Details zu zerstören, die Farben und Kontraste stark zu pushen, was es sehr schwer macht, das Gleichgewicht zu wahren.
Warum brauchen wir diese Absoftung überhaupt? Mit der Kontraststeigerung und Farbverstärkung laufen wir ansonsten in Gefahr, die Ton- und Farbwerte auseinanderzureißen, was man an Pauls Kesselwagen hier weiter oben ziemlich gut sehen kann. Dem wirken wir mit der Absoftung gezielt entgegen und zugleich ist sie sehr wichtig für den 3 D-Effekt bei der Konturierung.
Bereits sehr früh wurde der gerichtet arbeitende Weichzeichner "Rauschen reduzieren" als Alternative genannt, aber dann kam der Kornfilter anisotrop erst einmal sehr in Mode.
Seine glättende und nivellierende Wirkung ist bei Materialien wie Glas, Porzellan, Marmor, Autolack oder auch Wasserflächen sehr wirkungsvoll, die "aufquellende" und Fülle erzeugende Nebenwirkung lässt Haar dichter und kräftiger erscheinen und kann bei flauschigen Felltieren einen unglaublich "fluffigen" Eindruck hinterlassen: das Fell wird dichter und auch glänzender. Experimente bei verschiedenen Bildgrößen sind angesagt, um für verschiedenste Motive die optimalen Parameter herauszufinden...
Allerdings hat dieser interessante Filter 2 Nebenwirkungen: Er verkrizzelt und verdreht leicht Strukturen und er erzeugt ein Gittermuster im Bild, was erst durch einen relativ aufwändigen
Workaround beseitigt werden kann.
Dazu sollte man das Bild vergrößern (auf das 3- bis 4- fache), den Filter anwenden, die Filterwirkung auf mindestens 50 % abschwächen, das Bild um 90 ° drehen, den Filter noch einmal anwenden und wieder abschwächen und das Bild zurückdrehen.
Das hilft gegen das Gittermuster, aber nicht gegen das Aufquellen der Strukturen. Dagegen kann man nur indirekt etwas machen: die Filterwirkung weiter abschwächen, die Deckkraft der Filterebene zurücknehmen und die Bildgröße variieren. Je größer das Bild, umso geringer die Filterwirkung, aber auch umso länger wird die Rechenzeit.
Letztendlich wirkt der Kornfilter anisotrop immer etwas grober als "Rauschen reduzieren", aber er hat spezielle Stärken, die ich weiter oben erwähnt hatte.
Der Filter "Rauschen reduzieren" ist ein sehr wirkungsvoller, gut skalierbarer und vor allem gerichtet wirksamer Filter, der Flächen glättet, Strukturen (Kanten) etwas abmildert und für sehr wirksame weiche Übergänge sorgt, die für die
Konturierung eminent wichtig sind.
Die übliche Weichzeichner-Einstellung der Regler lautet 10-0-0-0.
Damit erhalten wir eine gute Absoftung des Bildes.
2 Sachen gilt es dennoch zu beachten: Bei sehr kleinen und detailreichen Strukturen verwischt der Filter die Kanten doch deutlich und wir erhalten einen "Verschmiereffekt", bei dem die Flächencharakteristika gern über die Kanten hinaustreten: die Kanten verschmieren und erhalten einen Softungshalo.
Wie kann man gegensteuern? Mit weniger radikalen Reglerstellungen wie 10-5-0-5 oder 10-3-0-3 beispielsweise. Indem man den Filter auf ein möglichst großes Bild anwendet wie im Fall des Kornfilters anisotrop. Indem man die Deckkraft auf 30...50 % zurücknimmt. Kantenmasken nicht zu vergessen...
Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch noch den Weichzeichner "Glatter machen", der bei Metall und altem Lack eine gute Wahl ist (Antiquitäten wie Oldtimer, alte Schreib- oder Nähmaschinen...).
Auch der sehr komplex wirkende NIK-Filter Glamour Glow kann eine Alternative für sehr filigran wirkende Bilder sein, wenngleich die Nebenwirkungen ähnlich sind wie beim Gauss und gut kontrolliert und abgeschwächt zum Einsatz gebracht werden sollten.
Hat nach diesem langen Exkurs der Gauss nicht vielleicht auch eine zweite Chance verdient? Beispielsweise bei High Key Aufnahmen als Schmelzverstärker? Vielleicht ist alles nur eine Frage der richtigen Einstellungen und der Begrenzung der Filterwirkung auf einen engeren Bereich? Man soll nie nie sagen... meine Empfehlung:
Versuch macht kluch...
LG Steffen