Nach meiner Auffassung sind etliche gar nicht daran interessiert, das Messverfahren vollumfänglich transparent zu beschreiben. Auch die Gewichtungen einzelner Eigenschaften sind willkürlich. Deshalb sind solche "Scores" mit äußerster Vorsicht zu geniessen. Alle solche Objektivtests geben Hinweise und diese sollten an der eigenen Kamera im Vergleich zu vertrauter Hardware verifiziert werden. Mich hat z.B. schwer überrascht, daß an einer A7RIII mein Nikkor 24mm F2.8 Ai-S gegen ein Loxia 25mm im Zentrum PRAKTISCH bei der Auflösung in 100% Ansicht mithalten konnte. Über die vielen von mir studierten Testberichte und Forendiskussionen konnte ich das nicht herausfinden. Bokeh und Sonnensterne fließen in Scores mit rein. Bokeh läßt sich perfekt über Photoshop regeln, wenn eine Nacharbeit wirklich erforderlich ist und Sonnensterne sind modische Begleiterscheinung. Wie besoffen muß man sein, daß die eigenen Augen Punktlichtquellen mit Sonnensternen ausstatten? So abgefüllt war ich jedenfalls noch nicht und möchte das auch nicht in meinen Bildern sehen. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß die technische Entwicklung überproportional zugunsten der Sensoren verlaufen ist (was ich sehr begrüße) und deutlich weniger bei den Objektiven (ich rede hier von "Altglas"-Festbrennweiten in ordentlicher Qualität, damals wie auch heute). Schaut man sich den heutigen Bildfilterwahn zur Erzeugung eines "Bildlooks" an, reicht die heutige Objektivqualität offensichtlich immer noch nicht, um ausdrucksstarke Fotos zu erzeugen. Kristallklare Details lassen sich eben kaum noch steigern. Bildbeispiele von Neuerscheinungen hauen auch niemanden mehr vom Hocker; alles schon 1000x gesehen. Man kann sich freuen, bestimmte Details nun auch mit KB-Formaten abzulichten, aber welche Linse sprengt den bekannten Rahmen? Und wenn sie es täte, wären meine Bilder besser als vorher; ausdrucksstärker, überzeugender, spektakulärer, leichter verkaufbar?
Ich bearbeite fast täglich Bilder von A6000, A7MKI und A7MKIII. Ich sehe "deutliche" Qualitätsunterschiede und halte die Invests für gerechtfertigt. Die Bilder werden ausgedruckt und etllichen Betrachtern zur Verfügung gestellt, man kann von einem semiprofessionellen Einsatz der Hardware und Bildpräsentation sprechen. Kein einziges Bild wurde bisher als positiver oder negativer Ausreißer bei den Empfängern registriert (egal ob A6000 mit KIT oder A7MKIII mit Sigma 35mm F1.4 Art oder SEL55F18Z). Mich nervt eine A6000; ich möchte keine Bilder mit ISO800 mehr bearbeiten. 99,99% der Betrachter merken aber gar nichts und sind zufrieden. Wir bewegen uns hier in einem sehr artifiziellen Gebilde. In Zingst 2018 haben Studenten stolz ihre analogen und selbstentwickelten Bilder gezeigt; technische und gestalterische "Fehler" ohne Ende; völlig egal. Die Bildidee zählt und mangelnde Perfektion scheint ein stärker werdenes Bedürfnis zu sein. Mich nervt trotzdem Rauschen in meinen Bildern. Und wer mir erzählen will, daß ein professionelles "Photoshooting" nur mit 85mm F1.4 GM machbar ist, dem glaube ich schon lange nicht mehr. Es gibt keinen Kunden auf dieser Welt, der nicht genauso mit den Ergebnissen eines SÈL85F18 zufrieden wäre.
Bleibt (der irrationale) Spaß an neuer Technik und den Impulsen (wahrscheinlich nur bei der Motivation). Neue Dinge auszuprobieren, bis sich auch hier wieder Gewöhnung und Normalität einstellt; aber auch die Erkenntnis, daß kein Quantensprung in der fotografischen Entwicklung stattgefunden hat und 99% der Bilder auch mit den zuvor vorhandenen Objektiven abdeckbar gewesen wären. Die Neugierde treibt, auch mich. Freue mich auf die ersten Berichte zum SEL24F14, vor allem im Vergleich zum Loxia 25mm. Vielleicht überzeugt mich ja die Randauflösung und der AF. Hatte schon etliche Situationen, wo ich manuell nicht hinterherkam und mich geärgert habe. Emotional bin ich aber näher am Loxia 25mm. Das sieht so aus, wie ich mir ein Objektiv vorstelle und wie ich es mit meinem "Altglas" gewohnt bin. Zum Glück habe ich alles an Brennweiten, was ich benötige und ich brauche gute Argumente, um das nächste Geld im Hobby Fotografie zu versenken.