Sichtweise und Prioritäten
ein paar Aussagen in die Runde geworfen, soll jeder draus machen was er möchte. Ich habe 25 Jahre mein Geld mit fotochemischer Entwicklung verbracht, von JoBo System 1000 bis 3m langer Entwicklungsmaschine.
- Wer Zeit hat und optimale Ergebnisse möchte, sollte kippen, nicht rotieren. Die Angaben zur nötigen Bewegung sind grundsätzlich wg "eingebauter Sicherheit" zu hoch, zu schnell. Wer wenig bewegt, bekommt mehr Kantenschärfe, das heisst Nachbareffekt. Mit ständigem Bewegen macht man den Nachbareffekt kaputt. Alle 60 sec 1x kippen hat bei mir immer gereicht. Wer es nicht glaubt, einfach mal Kipp mit wenig Bewegung und Rotation mit einem Testchart als Motiv direkt vergleichen.
- Rotationsentwicklung kann in X und Y verschiedene Auflösungen erzeugen, das sieht man bei rechtwinkligen Hochkontrast-Mustern mit fetten Balken: die Balken längs zur Rotation bleiben schärfer, die quer zur Bewegungsrichtung werden eher verschmiert.
- Warum Bewegung? 1) Austausch von verbrauchtem Entwickler 2) Abtransport von hemmenden Reaktionsprodukten: Bromidionen. Wenn man ständig die Bromidionen entfernt, können diese den lokal gewünschten Kanteneffekt nicht bewerkstelligen. Wer 5min nicht bewegt, bekommt die bekannten "Bromidfahnen", aber nicht wer alle 60sec 1x kippt.
Austausch von Entwickler: der Entwickler wird in den Lichtern verbraucht, fast nicht in den Schatten. Wer viel bewegt, bevorzugt die Lichter, sie "laufen davon". Sinn fast jeder Halbtonentwicklung ist, den Schatten genug Zeit zu geben, damit sie gut kommen / Zeichnung, OHNE dass die Lichter zu stark werden / zu hoher Kontrast. Eine längere Entwicklung ohne übertriebenen Kontrast ist das Ziel, durch Rotation Zeit zu sparen ist Unfug, weniger Schärfe, weniger Schattenzeichnung. Generelll: wer pushen möchte, bewegt besser ganz wenig, wird sonst unnötig steil.
- Auf den Entwicklerverbrauch zu schielen ist kontraproduktiv: der Film ist teurer als der Entwickler. Wenn ich ein optimales Negativ möchte, sollte ich nicht am Entwickler sparen. Zudem gibt dünner Entwickler mit langer Zeit i.d.R. bessere Ergebnisse als dicker Entwickler mit kurzer Zeit.
Pressefotografen machten konzentrierten Kodak HC 110 mit 3min Entwicklungszeit, damit das Bild 5 min früher bei der Agentur war, für qualitative Fotografie eines Passionisten ist das Junk.
- Jobo System 1000 braucht weniger Chemie als System 2000. Die Filme sind aber fummliger einzufädeln und vor allem: die Gefahr von Luftblasen zwischen den Filmwicklungen ist höher. Das gibt im Negativ Kreise geringerer Deckung und im Positiv dunkle Blubber. In den engen Spiralen hält sich die Luft besser fest, man muss nach Einfüllen des Entwicklers härter aufstossen, damit sich die Blasen lösen, sonst ist die Aufnahme versaut.
- Wenn man die Spiralen vor dem Beschicken warm fönt, flutscht der Film rein wie Sau.
- Hohe Dosen für 5 Spiralen ermöglichen spezielle Techniken: nehmt ein und die selbe Szene als Belichtungsreihe mit je 5 Aufnahmen auf, den ganzen Film voll mit identischem Motiv. Dann kommt in jede Spirale nur ein z.B. 30cm langer Filmabschnitt, 5 Spiralen übereinander. Die nominelle Entwicklungszeit nach Tabelle sei z.B. 8 min.
- Gefäss vorbereiten, zur Not 5-lit-Eimer mit dünner Essigsäure, Füllstand so hoch wie Entw Dose.
- Entwickler einfüllen, knapp 6min entwickeln.
- Im Dunkeln Dose auf und oberste Dose in den Essigeimer, Dose wieder zu.
- Nach 2min Dose wieder auf, zweite Spirale in den Essigeimer, Dose wieder zu.
Nach 2min Vorgang mit dritter Spirale wiederholen.
Nach 2,5min mit vierter Spirale wiederholen.
Nach weiteren 2,5min den Entwickler aus der Dose in die Vorratsflasche zurück. Aus dem Essigeimer die Dose mit Stopbad füllen.
- Die Dose öffnen und Spirale 1-4 wieder rein.
Jetzt hat man eine Entwicklungsreihe 6-8-10-12,5-15min.
- Stopbad auskippen und Fixierer rein.
- Nach 1min dose auf und sehen, ob Film klar ist, falls nicht, bis Klärung abwarten. Fertig fixieren bis zur doppelten Klärzeit. Optimal IMMER auf Sicht fixieren, nie auf Vorrat. So hat man einen Überblick über den Zustand des Fixierers.
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Streifen trocknen und man hat eine perfekte Matrix aus Zeit x Kontrast x Empfindlichkeit für diesen Film und diesen Entwickler.
In der hohen Dose ist es auch einfacher, 2 Filme Typ A und 3 Filme Typ B ZUSAMMEN zu entwickeln, wenn Typ A 8 Minuten braucht und Typ B 12 Minuten, das mache ich in EINEM Durchgang mit Teilentnahme zwischendurch.
Die Filme im Essigeimer vertragen gedämpftes Licht von einer 25W-Lampe im Rücken. Nur beim Öffnen der Dose muss es finster sein.
Ich habe immer ein Quecksilberthermometer mitentwickelt, in eine 5er Jobo passt das rein und sagt mir, wie die Temperatur IN DER DOSE ist, nicht wie vor dem Einschütten! Ich kontrolliere die Temperatur auf HALBER ENTWICKLUNGSZEIT, das ist am genauesten.
Wer um die Ecke wohnt kann vorbeikommen, es gibt endlose Techniken der fotochemischen Verarbeitung, gibt es im Forum hier keine Spezialecke dafür?
Grüsse aus der Eifel
maro
Ich habe noch Jobo System 2000 Dosen 2er + 5er, auch Grundchemikalien, bei Interesse PN.