arne9001
Themenersteller
1 Vorbemerkung
In diesem Forum, dessen eifriger Benutzer ich bin, liest man immer wieder auch Fragen zu den rechtlichen Hintergründen des Fotografierens. Da ich mich beruflich als Anwalt, spezialisiert auf geistiges Eigentum, häufiger mit solchen Fragen beschäftigen darf meinte ich es wäre ganz nützlich, die ganze Sache mal ein wenig systematisch zusammenzufassen. Vielleicht nutzt es ja hier und da jemandem.
Bekanntermaßen soll man die Dinge so kurz erklären wie möglich, aber nicht kürzer. Die Materie ist leider nicht ganz einfach, ein Post wird nicht reichen. Ich werde daher immer mal wieder posten, wenn wieder ein Stück fertig geworden ist. Vielleicht wird auch mal ein PDF draus. Eine in einigen (eher theoretisch-juristischer Natur) erweiterte Fassung wird man sicher auch auf dem www.law-blog.de lesen können.
Vorab schon einmal das grobe Inhaltsverzeichnis:
1 Vorbemerkung
2 Rechte an Fotos
2.1 Urheberrecht
2.2 Sonstige Rechte am Bild
2.3 Durchsetzung
3 Rechte an dem, was abgebildet wird
3.1 Personen
3.2 Marken
3.3 Eigentum
3.4 Urheberrechtlich geschützte Werke
4 Verträge über Bilder
4.1 Übertragung von Nutzungsrechten
4.2 Mindestinhalt von Verträgen
4.3 Formfragen
4.4 Preisgestaltung, Preisanpassung
2 Rechte an Fotos
2.1 Urheberrecht
2.1.1 Rechte an ?Lichtbildern? und ?Lichtbildwerken?
Es dürfte dem üblichen Kenntnisstand unter Fotografen entsprechen, dass ihre Fotos ?irgendwie dem Urheberrecht unterliegen?. Das ist grob richtig, im Detail liegt die Sache ein wenig komplizierter.
Das Urheberrecht schützt sogenannte ?persönliche geistige Schöpfungen?, § 2 II UrhG. Man kann Bücher mit Erörterungen füllen, wann eine solche vorliegt. Für unsere Zwecke soll es ausreichen festzustellen, dass das dann gegeben ist, wenn eine bestimmte Gestaltung ? in unserem Fall einer Fotografie ? über das ?Handwerkliche?; über die Durchschnittsgestaltung hinausgeht.
Das ?Hinausgehen? ist dabei nicht im Sinne einer ?besonders guten? oder ?gelungenen? Gestaltung zu verstehen: Kunstkritik ist nicht Sache des Urheberrechts, im Allgemeinen sind Juristen als Jouroren auch klar ungeeignet. Gemeint ist vielmehr, dass das Bild Individualität besitzt. Häufig wird das vorliegen, wenn ein Bild mit ungewöhnlichem Bildschnitt oder einer besonderen Perspektive aufwartet, mit dem Licht ?spielt?, besondere Tiefe im Sinne einer echten Aussage besitzt etc.
Faustregel: Wenn ein Bild anders ist, als das alltägliche Schnappschussbild; anders, als es ?jeder? machen würden, dann ist es ein ?Werk? im Sinne des Urheberrecht.
Im Fall von Fotos spricht das Gesetz in diesem Fall von einem ?Lichtbildwerk?.
Heißt das nun, dass der Urlaubsschnappschuss oder das handwerklich zwar saubere, ansonsten aber wenig außergewöhnliche Hochzeitsbild nicht geschützt sind?
Keineswegs. Das Urheberrechtsgesetz regelt nicht allein Urheberrechte an Werken. Es widmet sich auch den sogenannten ?verwandten Schutzrechten?. Und ein solches findet sich in § 72 UrhG auch für die Lichtbilder.
Lichtbilder sind, salopp gesagt, solche Fotos, bei denen es nicht zum Lichtbildwerk reicht.
Bsp: Das Bild vom Strand vor dem Hotel in Malle mit Tante Lieselotte und Onkel Karl.
Dafür gelten die Regeln über den Schutz der Lichtbildwerke, also der ?individuellen? Bilder entsprechend; sie sind also ebenfalls geschützt.
Dennoch ist es in vielen Fällen wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, ob ?nur? ein Lichtbild oder ein echtes Lichtbildwerk vorliegt. Denn an einigen Punkten unterscheiden sich die Rechtfolgen dann doch.
Zum einen endet der Schutz des Lichtbilds 50 Jahre nach dem Erscheinen, § 72 III UrhG. Beim Lichtbildwerk gelten dagegen die allgemeinen Schutzfristen: das Recht erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, § 64 UrhG.
Zum anderen ist auch der Schutzumfang eines bloßen Lichtbildes geringer. Sowohl Lichtbild als auch das Lichtbildwerk sind natürlich gegen eine reine Übernahme geschützt. Anders kann das aber schon dann aussehen, wenn ein Bild nachgestellt wird, insbesondere, wenn auch dieselben Gestaltungsmittel wie in der Vorlage verwendet werden.
Da ein Lichtbild sich ja gerade dadurch auszeichnet, im Wesentlichen so zu sein, wie mehr oder weniger viele andere Bilder auch, ist es kaum denkbar, das Nachstellen eines solchen Schnappschusses zu untersagen. Wer will mir ? nach Ansicht des fremden Fotos aus dem vorigen Beispiel - verbieten, am selben Strand in Malle meine Tante Frieda und meinen Onkel Herbert zu fotografieren?
Anders kann das bei einem Lichtbildwerk sein. Wird das nachgestellt, kann eine unfreie Benutzung vorliegen, eine Bearbeitung.
Das schauen wir uns gleich mal etwas genauer an.
2.1.2 Bearbeiterurheberrecht
Eigene Urheberrechte kann auch derjenige erwerben, der ein fremdes Bild lediglich bearbeitet, § 3 UrhG. Grundsätzlich kann man hinsichtlich der Frage, wann eigentlich eine solche Bearbeitung vorliegt folgende drei Fälle unterscheiden:
Zunächst kann sich jemand von einem fremden Bild lediglich inspirieren lassen. Er lehnt sich in manchen Punkten an dieses Bild an, schafft aber dennoch etwas eigenständig, aus sich heraus Neues.
Bsp: Ein Fotograf betrachtet eine Szene mit zwei Menschen, die sich auf der Straße treffen in einem Werk von Chad Kroski. Er überlegt sich, wie die Szene weitergehen könnte und fotografiert eine ?Fortsetzung?. Der Fotograf kann dieses Werk veröffentlichen, ohne Chad Kroski vorher um seine Einwilligung zu bitten.
Man spricht hier von der sog. freien Benutzung, die gerade keine Bearbeitung i.S. des § 3 UrhG ist. An dieser bestehen eigene Rechte, sie können benutzt und verwertet werden ohne, dass dabei die Rechte an dem ?bearbeiteten? Werk (das ja nur Inspirationsquelle war) berührt werden.
Weiterhin kann jemand ein fremdes Bild in einer Art und Weise bearbeiten, die das bearbeitete Werk noch deutlich durchscheinen lässt.
Bsp: Ein Photoshop-Experte nimmt sich das Werk Chad Kroskis vor. Er digitalisiert mehrere seiner Bilder. Diese verfremdet er und fertigt daraus Collagen.
In diesem Fall entsteht ein eigenständiges Recht an der Collage als der Bearbeitung des ursprünglichen Werkes. Da dieses aber noch ?durchscheint? wären von einer Veröffentlichung der Collage auch die Rechte Chad Kroskis berührt. Dieser muss vorher also seine Einwilligung gebeten werden, § 23 UrhG.
Es kann zuletzt der Fall so liegen, dass jemand ein fremdes Bild lediglich ?handwerklich? bearbeitet. Die ?Bearbeitung? (die eben im Sinne des Urheberrechts gar keine ist) erreicht dann selbst keine Werkqualität
Bsp: In der Regel entsteht kein Urheberrecht des Bearbeiters beim
- Scannen einer Vorlage
- ?handwerklichen? Bildbearbeitungen, etwa Kontrastanhebung, ?Wegstempeln? von Hautunebenheiten bei Porträts
- Vergrößern, Verkleinern, Umwandeln von Bildformaten etc.
Demnächst geht es weiter mit der spannenden Frage, wer eigentlich Urheber ist, wenn mehrere zusammenwirken, wie man seine Rechte kennzeichnet und was das eigentlich für Folgen hat, dieses Urheberrecht an Bildern... Stay tuned.
In diesem Forum, dessen eifriger Benutzer ich bin, liest man immer wieder auch Fragen zu den rechtlichen Hintergründen des Fotografierens. Da ich mich beruflich als Anwalt, spezialisiert auf geistiges Eigentum, häufiger mit solchen Fragen beschäftigen darf meinte ich es wäre ganz nützlich, die ganze Sache mal ein wenig systematisch zusammenzufassen. Vielleicht nutzt es ja hier und da jemandem.
Bekanntermaßen soll man die Dinge so kurz erklären wie möglich, aber nicht kürzer. Die Materie ist leider nicht ganz einfach, ein Post wird nicht reichen. Ich werde daher immer mal wieder posten, wenn wieder ein Stück fertig geworden ist. Vielleicht wird auch mal ein PDF draus. Eine in einigen (eher theoretisch-juristischer Natur) erweiterte Fassung wird man sicher auch auf dem www.law-blog.de lesen können.
Vorab schon einmal das grobe Inhaltsverzeichnis:
1 Vorbemerkung
2 Rechte an Fotos
2.1 Urheberrecht
2.2 Sonstige Rechte am Bild
2.3 Durchsetzung
3 Rechte an dem, was abgebildet wird
3.1 Personen
3.2 Marken
3.3 Eigentum
3.4 Urheberrechtlich geschützte Werke
4 Verträge über Bilder
4.1 Übertragung von Nutzungsrechten
4.2 Mindestinhalt von Verträgen
4.3 Formfragen
4.4 Preisgestaltung, Preisanpassung
2 Rechte an Fotos
2.1 Urheberrecht
2.1.1 Rechte an ?Lichtbildern? und ?Lichtbildwerken?
Es dürfte dem üblichen Kenntnisstand unter Fotografen entsprechen, dass ihre Fotos ?irgendwie dem Urheberrecht unterliegen?. Das ist grob richtig, im Detail liegt die Sache ein wenig komplizierter.
Das Urheberrecht schützt sogenannte ?persönliche geistige Schöpfungen?, § 2 II UrhG. Man kann Bücher mit Erörterungen füllen, wann eine solche vorliegt. Für unsere Zwecke soll es ausreichen festzustellen, dass das dann gegeben ist, wenn eine bestimmte Gestaltung ? in unserem Fall einer Fotografie ? über das ?Handwerkliche?; über die Durchschnittsgestaltung hinausgeht.
Das ?Hinausgehen? ist dabei nicht im Sinne einer ?besonders guten? oder ?gelungenen? Gestaltung zu verstehen: Kunstkritik ist nicht Sache des Urheberrechts, im Allgemeinen sind Juristen als Jouroren auch klar ungeeignet. Gemeint ist vielmehr, dass das Bild Individualität besitzt. Häufig wird das vorliegen, wenn ein Bild mit ungewöhnlichem Bildschnitt oder einer besonderen Perspektive aufwartet, mit dem Licht ?spielt?, besondere Tiefe im Sinne einer echten Aussage besitzt etc.
Faustregel: Wenn ein Bild anders ist, als das alltägliche Schnappschussbild; anders, als es ?jeder? machen würden, dann ist es ein ?Werk? im Sinne des Urheberrecht.
Im Fall von Fotos spricht das Gesetz in diesem Fall von einem ?Lichtbildwerk?.
Heißt das nun, dass der Urlaubsschnappschuss oder das handwerklich zwar saubere, ansonsten aber wenig außergewöhnliche Hochzeitsbild nicht geschützt sind?
Keineswegs. Das Urheberrechtsgesetz regelt nicht allein Urheberrechte an Werken. Es widmet sich auch den sogenannten ?verwandten Schutzrechten?. Und ein solches findet sich in § 72 UrhG auch für die Lichtbilder.
Lichtbilder sind, salopp gesagt, solche Fotos, bei denen es nicht zum Lichtbildwerk reicht.
Bsp: Das Bild vom Strand vor dem Hotel in Malle mit Tante Lieselotte und Onkel Karl.
Dafür gelten die Regeln über den Schutz der Lichtbildwerke, also der ?individuellen? Bilder entsprechend; sie sind also ebenfalls geschützt.
Dennoch ist es in vielen Fällen wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, ob ?nur? ein Lichtbild oder ein echtes Lichtbildwerk vorliegt. Denn an einigen Punkten unterscheiden sich die Rechtfolgen dann doch.
Zum einen endet der Schutz des Lichtbilds 50 Jahre nach dem Erscheinen, § 72 III UrhG. Beim Lichtbildwerk gelten dagegen die allgemeinen Schutzfristen: das Recht erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, § 64 UrhG.
Zum anderen ist auch der Schutzumfang eines bloßen Lichtbildes geringer. Sowohl Lichtbild als auch das Lichtbildwerk sind natürlich gegen eine reine Übernahme geschützt. Anders kann das aber schon dann aussehen, wenn ein Bild nachgestellt wird, insbesondere, wenn auch dieselben Gestaltungsmittel wie in der Vorlage verwendet werden.
Da ein Lichtbild sich ja gerade dadurch auszeichnet, im Wesentlichen so zu sein, wie mehr oder weniger viele andere Bilder auch, ist es kaum denkbar, das Nachstellen eines solchen Schnappschusses zu untersagen. Wer will mir ? nach Ansicht des fremden Fotos aus dem vorigen Beispiel - verbieten, am selben Strand in Malle meine Tante Frieda und meinen Onkel Herbert zu fotografieren?
Anders kann das bei einem Lichtbildwerk sein. Wird das nachgestellt, kann eine unfreie Benutzung vorliegen, eine Bearbeitung.
Das schauen wir uns gleich mal etwas genauer an.
2.1.2 Bearbeiterurheberrecht
Eigene Urheberrechte kann auch derjenige erwerben, der ein fremdes Bild lediglich bearbeitet, § 3 UrhG. Grundsätzlich kann man hinsichtlich der Frage, wann eigentlich eine solche Bearbeitung vorliegt folgende drei Fälle unterscheiden:
Zunächst kann sich jemand von einem fremden Bild lediglich inspirieren lassen. Er lehnt sich in manchen Punkten an dieses Bild an, schafft aber dennoch etwas eigenständig, aus sich heraus Neues.
Bsp: Ein Fotograf betrachtet eine Szene mit zwei Menschen, die sich auf der Straße treffen in einem Werk von Chad Kroski. Er überlegt sich, wie die Szene weitergehen könnte und fotografiert eine ?Fortsetzung?. Der Fotograf kann dieses Werk veröffentlichen, ohne Chad Kroski vorher um seine Einwilligung zu bitten.
Man spricht hier von der sog. freien Benutzung, die gerade keine Bearbeitung i.S. des § 3 UrhG ist. An dieser bestehen eigene Rechte, sie können benutzt und verwertet werden ohne, dass dabei die Rechte an dem ?bearbeiteten? Werk (das ja nur Inspirationsquelle war) berührt werden.
Weiterhin kann jemand ein fremdes Bild in einer Art und Weise bearbeiten, die das bearbeitete Werk noch deutlich durchscheinen lässt.
Bsp: Ein Photoshop-Experte nimmt sich das Werk Chad Kroskis vor. Er digitalisiert mehrere seiner Bilder. Diese verfremdet er und fertigt daraus Collagen.
In diesem Fall entsteht ein eigenständiges Recht an der Collage als der Bearbeitung des ursprünglichen Werkes. Da dieses aber noch ?durchscheint? wären von einer Veröffentlichung der Collage auch die Rechte Chad Kroskis berührt. Dieser muss vorher also seine Einwilligung gebeten werden, § 23 UrhG.
Es kann zuletzt der Fall so liegen, dass jemand ein fremdes Bild lediglich ?handwerklich? bearbeitet. Die ?Bearbeitung? (die eben im Sinne des Urheberrechts gar keine ist) erreicht dann selbst keine Werkqualität
Bsp: In der Regel entsteht kein Urheberrecht des Bearbeiters beim
- Scannen einer Vorlage
- ?handwerklichen? Bildbearbeitungen, etwa Kontrastanhebung, ?Wegstempeln? von Hautunebenheiten bei Porträts
- Vergrößern, Verkleinern, Umwandeln von Bildformaten etc.
Demnächst geht es weiter mit der spannenden Frage, wer eigentlich Urheber ist, wenn mehrere zusammenwirken, wie man seine Rechte kennzeichnet und was das eigentlich für Folgen hat, dieses Urheberrecht an Bildern... Stay tuned.