Ich habe im Laufe der Zeit das Voigtländer 35mm f1.4 MC Version I / II und das Zeiss Distagon 35mm f1.4 ZM besessen. Die Objektive sind bis auf ihrer Randdaten ehrlicherweise nicht zu vergleichen.
Während das Voigtländer auf Kosten der optischen Leistung sehr kompakt und leicht ist, geht das ZEISS genau in die andere Richtung, "optische Perfektion" in einem wesentlich größeren und schwereren Objektivgehäuse.
Fairerweise muss ich aber sagen, dass ich das ZEISS überhaupt nicht als zu groß empfinde. Klar, kleiner wäre wünschenswert aber für ein 35mm f1.4 auf Vollformat und mit dieser Leistung ist es im Vergleich zu anderen Objektive für andere Systeme (Sigma 35mm f1.4, Sony Zeiss 35mm f1.4, etc.) ziemlich klein und leicht. Und selbst für Leica M Verhältnisse ist es noch voll im grünen Bereich, siehe 24mm Summilux, 28mm Summilux, 50mm Summilux.
Das Voigtländer 35mm f1.4 MC II
Ich spare mir an der Stelle etwas zur Version I zu schreiben, weil das nahezu identisch ist bzw. die Version II die meisten Fehler korrigiert (Focus Shift, bessere Verarbeitung, etwas kontrastreicher / schärfer).
Das Objektiv ist sehr kompakt, leicht, hervorragend verarbeitet und an der Leica M perfekt ausbalanciert. Es hat sehr viel Charakter (Bokeh, Lens Flares, Swirl, weich bei Offenblende, Glows, Vignette) auf Kosten einiger optischen Mängel. Neben der recht starken Verzeichnung hat es eine recht ausgeprägte Vignettierung, dazu gesellen sich sehr unscharfe Ränder bis Blende f2.8 (ab f2.0 "brauchbar"). Dafür hat es, wie oben angesprochen, einen unheimlich starken Charakter. Der Swirl ist ziemlich ausgeprägt, das Bokeh ist richtig eingesetzt sehr künstlerisch / malerisch, bis Blende f2.0 flared es sehr stark und Glows sind in den Highlights, vor allem bei hohen Kontrasten ordentlich vorhanden.
Für mich ist es ein sehr tolles Objektiv, das ich gerne in den letzten 1,5 Jahren ausschließlich verwendet habe, allerdings habe ich durch meinen täglichen Fotokonsum irgendwann eine Art Hassliebe zu dem Look bekommen, da wirklich gefühlt 80% der Leica M Fotografen auf Instagram dieses Objektiv verwenden und die wenigsten es gut in Szene setzen können (ich möchte damit nicht verurteilen aber ich denke viele verstehen mich da). Damit meine ich beispielsweise offenblendig nur um Lens Flares zu produzieren, weil sie gehyped sind. Komplett fehlfokussierte Bilder werden als Kunst dargestellt (liegt teilweise am Focus Shift bei Version I), f1.4 - egal bei welchen Motiv - ist Pflicht, usw.
Für Streetfotografie war es hervorragend geeignet (Blende 5.6 - 8) und für Umgebungsportraits (f1.4 - f2.8), ich habe drei Urlaube und eine Hochzeit (zusätzlich die Leica Q) damit fotografiert und zahlreiche Momente mit Freunde und Familie, wenn man den Look und alle Eigenheiten mag, kann ich es sehr empfehlen.
Zeiss Distagon 35mm f1.4 ZM
Das Objektiv besitze ich noch nicht so lange aber kann eine ganz gute Einschätzung dazu geben. Es ist im Vergleich zum Voigtländer sehr, sehr gut korrigiert und schon bei f1.4 schärfer als das Voigtländer überhaupt werden kann. Beim Fokussieren merkt man, dass mehr Glas verschoben wird, da es etwas schwerfälliger (aber nicht störend) geht, allerdings dadurch auch präziser. Allgemein fühlt sich das Objektiv noch einmal wertiger an und ich "spiele" komischerweise gerne mit der Linse herum. Das Bokeh ist wesentlich ruhiger als das vom Voigtländer, allerdings rendert es hin und wieder auch etwas "nervös", was mir aber gefällt, da es so einen ganz eigenen Charakter hat. Vignette ist bei f1.4 und auch bei weiteren Blenden vorhanden, allerdings weniger stark als beim Nokton. Durch die Mikrokontraste werden fokussierte Objekte sehr stark vom Hintergrund abgehoben, quasi 3D (ZEISS Pop).
Als schwer empfinde ich das Objektiv nicht, allerdings wird meine Leica M10 durch das Objektiv kopflastig, das hat mir zugegeben am Voigtländer mehr gefallen aber das ist schon der einzige Downside. Im Gegensatz zu vielen anderen empfinde ich das Objektiv nicht als störend, wenn ich durch den Rangefinder schaue.
Ich habe mich nun vom Voigtländer verabschiedet und das ZEISS als einziges 35mm an meiner Leica M. Ich weiß aber, dass ich mir irgendwann das Voigtländer wieder beschaffen werde, da ich beide Linsen sehr zu schätzen weiß und durch den komplett unterschiedlichen Look auch sinnvoll für mich sind.
Als Einstieg empfehle ich klar das Nokton, außer Du weißt, dass Leica M etwas für Dich ist und ein leistungsstarkes Objektiv möchtest, dann würde ich sofort das ZEISS oder vielleicht das Voigtländer 35mm f1.2 III (Tendenz aber zum ZEISS) holen.
Zwei tolle Reviews zum ZEISS:
https://silaschu.com/blog/zeiss35distagon
https://gear.vogelius.se/-reviews/zeiss-zm-35-distagon/index.html
Leica Objektive
Mit denen habe ich bislang keine Erfahrungen gemacht, allerdings schon viel schlechtes gehört. Es gibt offensichtlich krasse Qualitätsunterschiede von Objektiv zu Objektiv, der Leica Service ist im Gegensatz zu ZEISS wohl auch nicht so toll. Ein Bekannter von mir hat sein Summilux FLE bereits zum zweiten Mal (direkt zurück wegen neuen Problemen) zur Reparatur geschickt. Ein anderer, Leica Store Mitarbeiter, hat es nach drei Justagen innerhalb von 5 Monaten nun verkauft.
Ein weiterer Fotograf hatte Probleme mit seinem Summilux 50mm, das nach einem Jahr komplett daneben fokussiert hat.
Ob das nun "der Standard" mit Leica Linsen ist, weiß ich nicht. Allerdings schreckt das dann doch sehr ab und man überlegt sich umso mehr ob man so viel Geld ausgeben möchte.
Hype vom Voigtländer
Die angesprochene Fanbase des 35mm f1.4 von Voigtländer ist unter anderem wohl dem Fotografen und mittlerweile Leica Ambassador André Josselin (instagram.com/josselin) geschuldet, der eine Zeit lang nur mit diesem Objektiv (trotz Besitz des 35mm FLE und andere Leica Objektiven) an verschiedenen Leica Ms fotografiert hat.
Das hat bei vielen auf Instagram regelrecht einen Hype ausgelöst und Leica wurde nicht mehr als "Arzt- und Anwaltskamera" angesehen sondern als "Hipster-Cam", viele verbinden den Mythos "Leica-Look" (weich, Imperfekt (Fehlfokus), Glows, unruhiges Bokeh, Lens Flares) auch mit dem Look von Josselin, trotz Voigtländer Objektiv. Und so wie das oft mit Idolen ist, kaufen viele das nach was ihr Lieblingsfotograf nutzt. Obendrein ist das Nokton vergleichsweise auch noch ein günstiges Objektiv für die Leica M.
Möchte man mit der Zeit ein "besseres" 35mm mit Blende 1.4 holen wird's schnell teuer. Ein Trend den man auf Verkaufsplattformen regelmäßig beobachten kann, nicht gerade selten wird das Nokton mit einer Leica M zusammen verkauft.
Ich hoffe das hilft etwas weiter!