Ich habe mir vor kurzem hier im Forum eine X-T20 zum ausgiebigen testen gekauft, weil meine große 5D III zwar super Ergebnisse liefert, aber doch irgendwo eine Hassliebe ist, weil sie mir für die Familienfotografie vielfach zu groß, schwer und unhandlich ist. Zudem fällt man damit sehr auf, was ich nicht mag. Ich habe auch eine Olympus M10für unterwegs, habe also den Vergleich über mittlerweile drei Systeme. Meine Hoffnung ist, dass Fuji mir Canon und Oly ersetzen kann.
Mein vorläufiges Fazit nach allerdings noch recht wenig Zeit mit der Fuji:
Zuerst das Wichtigste, die Bildqualität:
Ich möchte den Aufwand beim Fotografieren verringern und habe mich mittlerweile weitgehend von RAWs verabschiedet. Vergleiche ich die JPEGs OOC hat Canon schon noch die Beste Bildqualität wenn die Lichtbedingungen mal schlechter sind (also High-ISO), aber es ist erstaunlich, wie nah die Fuji hier heran kommt. Die Olympus ist hier deutlich abgeschlagen und kann einfach nicht mithalten. Ab ISO 800 muss ich gar nicht mehr die 50% Ansicht (meine Referenz) bemühen um den Unterschied zu sehen. Dafür hat die Oly den IBIS, der aber eben nur dann nutzt, wenn man statische Objekte fotografiert.
Alle Kameras liefern gute Farben, insbesondere auch bei den Hauttönen. Insbesondere die Fuji in der Filmsimulation Astia überzeugt mich, in den anderen Filmsimulationen eher nicht. Aber eine reicht ja... . Manchmal gibt es Ausreißer, dann wirkt die Haut unnatürlich und wächsern. Bei der Canon wirkt die Haut manchmal etwas fahl und grau, ein Problem des AWB, das seltener auch bei der Olympus auftritt. Man kann also gegensteuern, muss dem WB aber Aufmerksamkeit widmen. Als ich noch RAW benutzt habe war das natürlich kein Problem, bei JPEG bekommt man hier eine zusätzliche Baustelle.
Fazit: Canon und Fuji fast gleich, Olympus deutlich dahinter.
Haptik und Bedienung:
Die Fuji macht auf den ersten Blick einen tollen Eindruck, aber auf den zweiten Blick trübt der sich doch deutlich. Die Kamera fühlt sich sehr wertig an wenn man sie in die Hand nimmt, im Einsatz wandelt sich das Bild aber. Ich habe kleine Hände und mir liegt die Kamera gut in der Hand, auch den kleinen Griffwulst vorne finde ich ausreichend. Was wirklich nicht gut ist sind die Bedienelemente. Der Auslöser ist etwas wackelig und wenig vertrauenserweckend. Den Fernauslöseranschluss finde ich nicht retro sondern schlicht albern, aber er stört wenigstens nicht. Sehr praktisch ist aber der Ein/Aus-Schalter um den Auslöser herum. Die Räder auf der Oberseite rasten sehr angenehm, dennoch mag ich sie nicht. Ein Verschlusszeitenrad war IMHO mit gutem Grund aus dem Kamerabau verschwunden, das ist für mich ein Ärgernis. Erstens kann ich das Rad so gut wie nicht bedienen, wenn ich die Kamera am Auge habe, zweitens fehlen die Drittelstufen. Die kann man dann auf einem anderen Rad einstellen (wer denkt sich denn so was aus?). Ich verwende fast nur A und T. Leider sind die beiden Optionen maximal weit voneinander entfernt, ich hätte sie gerne nebeneinander. Das Rad auf der linken Gehäuseschulter ist ganz nett, aber teilweise sind da wirklich sinnlose Sachen untergebracht. Konfigurierbar ist es leider nicht. Super ist es ein Rad für die Belichtungskorrektur zu haben, leider ist das in meinen Augen zu schwergängig geraten. Klar, das Rad soll sich nicht ausversehen verstellen, aber wenn ich die Kamera am Auge habe ist das Rad mit dem Daumen kaum zu drehen (wenn die Finger etwas schweißig sind kann ich das Rad gar nicht drehen), und wenn es sich doch in Bewegung setzt rutscht es oft gleich zwei Rasten weiter und ich habe die Belichtungskorrektur um 2/3 EV statt 1/3 EV verstellt.
Die Kamera hat ein vorderes und hinteres Einstellrad, die für mich zentrale Bedeutung haben und die sogar klickbar sind und so eine Zweitfunktion haben (könnten). In der Theorie perfekt. Leider sind diese beiden Räder haptisch sehr schlecht. Sie sind sehr klein und ragen kaum aus dem Gehäuse heraus. Selbst mit meinen eher filigranen Fingern sind sie nicht gut zu bedienen. Schlimmer ist, dass sie zwar konfigurierbar, aber in meinen Augen nicht sinnvoll konfigurierbar sind. Auf dem vorderen Rad habe ich die Verschlusszeit wenn ich das Verschlusszeitenrad auf T habe. Soweit oK, aber: drücke ich das Rad passiert – nichts. Wie gerne hätte ich hier die Blitzbelichtungskorrektur oder den WB! Aber das Rad kann man für die Zweitbelegung nicht konfigurieren! Was soll das? Das gleiche habe ich spiegelbildlich auf der Rückseite: hier würde ich mir gerne den ISO-Wert drauf legen. Geht aber nicht. Wenn ich an dem Rad drehe passiert nichts! Ich kann keine Funktion auf das Rad legen! Erst wenn ich das Rad drücke kann ich den ISO-Wert einstellen. Auch absurd: während ich das Rad horizontal drehe ist die dazugehörige Anzeige vertikal. Bei allen anderen Kameras, die ich bisher in der Hand hatte weiß ich, dass wenn ich das Rad nach links drehe, dass ich den nächsten Wert der im Sucher links angezeigt wird einstelle, bei der Fuji muss ich raten, ob es der darüber oder darunter ist. Super sind die drei konfigurierbaren Auto-ISO-Einstellungen.
Auf den Tasten rund um den Menu-Knopf habe ich die Verschiebung des Fokuspunktes. Das funktioniert ganz gut, auch wenn die Tasten kein gutes haptisches Feedback geben. Nur, warum passiert beim ersten Druck auf eine Taste nichts, erst beim zweiten Druck verschiebt sich der Fokuspunkt? So muss ich zweimal drücken, um den Fokuspunkt einen Punkt zu verschieben, dreimal drücken für zwei Punkte usw. Ein weiteres Ärgernis. Bei der Oly verschiebt sich der Punkt sofort. Demit, den Fokuspunkt mit dem Touchscreen zu verstellen komme ich nicht so gut klar, was auch daran liegt, dass ich Linksäuger bin.
Gut ist die Taste View Mode, hier kann ich das rückwärtige Display ausschalten und nur den Sucher verwenden oder aber den Sucher ausschalten und nur das Display verwenden. Da der Augensensor leider nicht abschaltet wenn man das Display ausklappt ist das sehr nützlich, besser wäre aber, wenn der Augensensor dann automatisch ausgeschaltet würde!
Das Q-Menü ist umfassend konfigurierbar, das ist super!
Das Hauptmenü ist ähnlich unübersichtlich wie bei Olympus, Canon macht es mit den farbigen Registerkarten besser.
Die Fuji ist einfach nichts für schnelle Bedienung, man muss beim Fotografieren Zeit haben.
Die Oly ist haptisch ähnlich gut wie die doppelt so teure Fuji, auf die will ich hier aber nicht näher eingehen, sie hat in der Bedienung wie die Fuji Stärken und Schwächen.
Die Canon ist haptisch am Besten, die Schalter und Räder geben ein deutlich besseres Feedback und fühlen sich wertiger an, die Konfigurierbarkeit liegt aber vielfach zurück, insbesondere auch in Sachen Auto-ISO.
Fazit: Canon vor Olympus und Fuji
Sucher
Der Sucher der Fuji ist überraschend gut. Ich hatte etwas Bedenken, weil er nur 0,62-fach vergrößert (Canon 0,71-fach!), aber in der Praxis ist er mir nicht zu klein, auch wenn mehr besser wäre. Das Sucherbild ist klar und scharf. Unter LED-Licht gibt es eine deutliche Streifenbildung, aber ich finde, man kann damit leben.
Der einfachere Sucher der Oly kann nicht ganz mithalten, ist aber dennoch sehr brauchbar.
Der Sucher der Canon ist als optischer Sucher hier etwas außer Konkurrenz, ich glaube auf optisch vs. elektronisch muss man nicht eingehen.
Autofokus:
Vielleicht ist es noch etwas früh um ein Fazit zu ziehen, aber der AF der Fuji ist bisher enttäuschend. Mit dem 18-55 erreicht er im AF-S nicht ganz die Geschwindigkeit der Canon oder der Olympus, die in etwa auf einem Level liegen. Auch in Sachen Treffsicherheit ist die Oly etwas besser. Viel Ausschuss fabriziert die Fuji zwar nicht, aber die Oly trifft praktisch immer. Die Canon ist hier auch etwas zuverlässiger, aber der Unterschied ist vernachlässigbar.
Im AF-C gewinnt die Canon haushoch. Mein Standard-Objektiv für AF-C ist das Canon 100/2 das nicht nur sehr schnell sondern auch sehr zuverlässig fokussiert. Meine Kinder auf dem Laufrad oder dem Fahrrad sind kein Problem, die Trefferquoute ist sehr hoch. Die Olympus mit dem reinen Kontrast-AF bewältigt diese Aufgabe nur schlecht, der Sucher erlaubt die Verfolgung von Objekten ohnehin nicht weil er immer nur das zuletzt aufgenommene Bild zeigt. für mich neben dem High-ISO-Rauschen der Grund, warum Olympus mir als einzige Kamera nicht ausreicht. Ich hatte gehofft, die Fuji ist hier mit ihren Phasen-AF-Sensoren deutlich besser, aber erste Versuche sind ernüchternd. Teilweise sind ganze Bilderserien daneben, in anderen Serien sind es die ersten 3-4 Aufnahmen die deutlich unscharf sind. Der Sucher lässt Bilderserien bis zu 5 fps zu, mir reicht das.
Ich werde mit der Fuji aber weiter üben und ausprobieren, vermutlich hole ich noch nicht das Optimum aus der Kamera.
Die AF-Feldabdeckung ist bei Canon am schlechtesten, Fuji und Oly decken mit dem Kontrast-AF fast das gesamte Bild ab, die Phasen-AF-Abdeckung der Fuji ist besser als bei Canon, etwas mehr wäre trotzdem manchmal schön.
Die Oly hat eine sehr gut funktionierende Gesichtserkennung, die Gesichter auch bei ungünstigen Winkeln erkennt und einmal gefundene Gesichter zuverlässig verfolgt. Die Fuji kann diesbezüglich nicht mithalten, Gesichter werden weniger zuverlässig erkannt und schneller wieder verloren. Die Canon hat naturgemäß keine Gesichtserkennung.
Im Videobetrieb ist der AF der Canon und der Oly unbrauchbar, der der Fuji leider auch nicht gut. Die Kamera neigt selbst bei statischen Objekten dazu immer etwas vor und zurück zu fokussieren, das 18-55 ist zudem nicht lautlos. AF-Verfolgung von Gesichtern muss ich noch testen, aber mein erster Eindruck ist, dass das nicht gut funktioniert.
Kopplung mit dem Handy/die App:
Die Fuji App ist wirklich schlecht, das Verbinden mit dem Handy oder Tablet (Samsung S7 und Tab S2) gelingt oft nicht auf Anhieb und dauert ewig. Die App selbst ist wenig logisch zu bedienen, keine Ahnung, wie professionelle Entwickler so was bringen können und ein Management das für akzeptabel halten kann. Das Übertragen von Fotos ist sehr langsam. Die bekannte Sache, dass die GPS-Daten nicht laufend aktualisiert werden ist absurd, mir aber egal, ich nutze dieses Featur eh nicht.
Besser geht es bei Olympus, das Verbinden braucht zwar auch hier oft einen "Stupser", d.h. man muss den QR-Code neu Scannen, aber dann funktioniert die App ganz gut und ist übersichtlich und leicht zu bedienen.
Bei der Canon besteht die Möglichkeit der einfachen Verbindung mit dem Handy erst gar nicht.
Also: Olympus vor Fuji vor Canon.
Stephan Wiesner hat auf seiner Hompage und bei YT seine Eindrücke zur X-E3 veröffentlicht, ich finde das Video sehr sehenswert, falls man überlegt, sich eine Fuji anzuschaffen.