Deine Formulierung: Lässt viel Spielraum, wie sie denn der Anwalt jetzt genutzt hat. Auf einer privaten Webseite? Auf der Kanzleiwebseite? Was waren es für Fotos? Porträtfotos und die jetzt "gewerblich" genutzt? Dann wäre das Urteil zwar nachzuvollziehen, vor allem aufgrund der Gesetzlage.
Darum ging es in dem Fall nicht.
Der Fall war, vereinfacht beschrieben, folgender: Ein Anwalt ließ sich von einem Fotografen Portraitfotos machen. Im Gespräch mit der Mitarbeiterin des Fotoladens/studios erklärte er, daß er auch ein Nutzungsrecht für "Online-Nutzung" haben wolle. Die Mitarbeiterin bestätigte dies, ein entsprechender Preis wurde ausgemacht.
Der Anwalt setzt das Foto auf seine Internet-Seite, und der Fotograf ließ ihn wegen Urheberrechtsverletzung abmahnen, weil er dem Anwalt kein Nutzungsrecht für eine Veröffentlichung eingeräumt habe.
Die Sache ging vor Gericht, und das LG Köln entschied: im Nutzungsrecht für "Online-Nutzung" ist eine Veröffentlichung (auf einer Internet-Seite) nicht enthalten.
Begründung, vereinfacht zusammengefasst: unter Online-Nutzung habe die Mitarbeiterin nicht zwangsläufig auch eine Internet-Veröffentlichung verstehen müssen, und so sei diese eben dann auch als nicht vereinbart anzusehen, getreu dem Grundsatz der "geringstnötigen Rechteinräumung" des Urheberrechts.
Daran finde ich zwei Dinge einigermaßen absurd:
1.) daß ein Gericht unter "Online-Nutzung" nicht
auch die Veröffentlichung auf Internet-Seiten versteht - für mich wäre das der geradezu typische Fall einer "Online-Nutzung". Wenn irgendwas dazu gehört, dann das.
2.) daß ein Anwalt es nicht fertig bekommt, statt des im juristischen Sprachgebrauch eher unüblichen Begriffs "Online-Nutzung" einfach ein "Nutzungsrecht für Veröffentlichungen (auf Internet-Seiten)" zu verwenden.
Die Frage übrigens, ob die Veröffentlichung auf einer Kanzlei-Website oder auf einer privaten Website stattfand, oder ob es um Portraitfotos oder andere Fotos ging, ist urheberrechtlich unerheblich.
Was "Veröffentlichung" angeht, unterscheidet das UrhG nicht nach Zweck oder Art der Veröffentlichung. "Veröffentlichung" ist immer Veröffentlichung. (§12 UrhG)
Der "Besteller eines Bildnis" hat gemäß § 60 UrhG das Recht, das Bildnis zu vervielfältigen und die Vervielfältigungen zu nicht gewerblichen Zwecken zu verbreiten -
veröffentlichen darf er aber ohne Erlaubnis des Urhebers nie, auch nicht zu "rein privaten Zwecken".
Aber der Punkt ist eben: der Anwalt hat durchaus erkannt, daß er ein Nutzungsrecht braucht, und mit "Online-Nutzung" wähnte er sich, wie wohl jeder außerhalb des LG Köln, auf der sicheren Seite für eine Internet-Seite. Das Gericht sah das anders, und meinte, hier übergenau vorgehen zu müssen, was die Einräumung von Nutzungsrechten angeht.
Ich führte dieses Urteil an, um zu zeigen, wie hoch die Rechtsprechung die Schranken bei der Nutzungsrechteinräumung ansetzt. Und gemessen daran, kann man dann eben nicht einfach unterstellen: "Heute ist als üblich anzunehmen, daß der Kunde die Fotos selber ausbelichten möchte, und daß ein solches Recht quasi automatisch als vereinbart gilt, wenn nicht ausdrücklich was anderes gesagt wurde."
Umgekehrt wird ein Schuh draus: was urheberrechtlich geschützte Werke betrifft (und dazu zählen ja auch Auftragsfotos), hat die Rechtsprechung die starke Tendenz, zu sagen: "Alles, was nicht ausdrücklich vereinbart wurde, gilt im Zweifel als nicht vereinbart."
Was hier am Ende das Übergewicht hat, der Schutz der Urheberrechte durch das UrhG oder der Schutz der Verbraucherechte durch das BGB - spannende Frage. Tendenziell, vermute ich, der Urheber und das UrhG. (Erstaunlicherweise...)
Aber wie eben gesagt, dass der Richter etwas verbindlich entscheidet (Revision jetzt mal aussen vor) heisst noch lange nicht, dass die Entscheidung richtig, zweifelsfrei, gut etc. ist.
Ich bin ja nun wirklich "fotografen-freundlich" - aber
dieses Urteil finde ich schlicht absurd. Ich kann auch nicht nachvollziehen, wie ein Fotograf auf die Idee kommt, unter "Online-Nutzung"
nicht die Veröffentlichung auf Internet-Seiten zu verstehen. Ggf. muß man da eben nachfragen - "Wollen Sie das auf einer Internet-Seite veröffentlichen?"
(Einem Gewerbekunden würde ich sowas bei Personenfotos sowieso immer anbieten, weil ich davon ausgehe, daß er es will oder irgendwann wollen wird...)