AW: Tokina AF 10-17mm f/3.5-4.5 AT-X DX Fisheye **BILDER-MEINUNGEN-THREAD**
Hallo liebe Community,
Ich hatte die Linse bei Foto Köster in Münster für 479,-- EUR im Ladengeschäft gekauft und mir 24h zum ausprobieren erbeten. In dieser Zeit habe ich sowohl spät abends (Kunstlicht und available Light) als auch am Morgen (bewölkt) etliche Testbilder mit meiner EOS 450D gemacht.
Zu meiner [SIZE=+1]Motivation[/SIZE] für den Kauf:
- Ich möchte mit dem Fisheye eigentlich die ganze Palette an Motiven abdecken: besondere Landschafts und Architekturaufnahmen genauso wie Spaßportraits und Aufnahmen bei Festen welche einen ganzen Raum oder ein Gelände zeigen sollen.
- Hierfür möchte ich ein Fisheye für Crop-Cameras ohne schwarze Ränder (also ~> 8mm) aber mit kräftigem Fisheye-Effekt (also ~< 14mm) und 160-180° Bildausschnitt. Das Tokina erfüllt diese Anforderungen und deckt bei 10mm an Canon-Crops (x1.6) einen Winkel von ca. 170° ab.
- Je nach Aufnahme möchte ich die Bilder auch mal de-fishen (mehr hierzu und zum benutzten Tool weiter unten). Hierbei ist mir der Unterschied zum UWW natürlich bekannt und ich betrachte das Fisheye nicht als Alternative sondern als Ergänzung.
- Den Zoom hatte ich für besonders nützlich gehalten um den Fisheye-Effekt mal stärker und mal weniger stark hervorzuheben.
- Der sehr kurze Mindestabstand zwischen Objektiv und Motiv ermöglicht tolle Nachaufnahmen mit Freistellung.
- Das Tokina hat einen moderaten Preis.
Bevor ich auf die Vor- und Nachteile eingehe, möchte ich zu zwei Punkten aus den vorhergehenden Posts Stellung nehmen:
- Mein Objektiv hatte kein Spiel am Fokusring. Der Ring saß perfekt.
- Mein Karton enthielt einen gefalteten Tokina-Garantieschein über 2 Jahre Herstellergarantie.
Hier kommen die [SIZE=+1]Vorzüge[/SIZE] des Objektivs aus meiner Sicht:
- Das Objektiv hat ab f8 eine vorzügliche Schärfe im Bildmittelpunkt
- Das Objektiv ist sehr schön kompakt gebaut. Es ist so klein und leicht, dass man es eigentlich immer noch in die Fototasche hineinbekommt. Das ist aus meiner Sicht ein Riesenvorteil für ein Fisheye, da es ja nun wirklich das Gegenteil eines "Immerdrauf" ist.
- Der kurze Mindestabstand zum Motiv ist wirklich klasse! Bei 10mm kann das Motiv ca. 1 cm von der Linse entfernt sein und bei 17mm ragt der Schärfebereich m.E. nach sogar in die Linse hinein! Bei dem so entstehenden Maßstab von 1:2,5 sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt.
- 2 Jahre Herstellergarantie (Canon gibt nur 1 Jahr). Wobei der i.d.R. eher geringe Einsatz eines Fisheye aus meiner Sicht auch 5 Jahre rechtfertigen würde
- Am Objektiv wackelt und klappert absolut nichts. Es liegt gut in der Hand und der Zoomring läuft weich und sauber.
- Der Autofokus war für meine Begriffe ausreichend schnell und sehr exakt. Natürlich ist ein USM eine ganz andere Klasse, aber für ein Fisheye das man ohnehin häufig nur in der Unendlichkeitsstellung verwendet war es für mich mehr als ok.
Und nun zu den [SIZE=+1]Nachteilen[/SIZE] wie ich sie empfunden habe:
- Die Schärfe bei f3,5 ist nicht akzeptabel. Um ein scharfes Bild zu machen braucht es mindestens f6.3 oder gleich f8. Mehr hierzu weiter unten ...
- Aufgrund dieses Schärfedefizits bei Offenblende ist das Objektiv mit f3,5-4,5 einfach zu langsam. Selbst bewölktes Tageslicht reicht für mein Empfinden nicht immer aus um noch Aufnahmen mit einer verwackelsicheren Verschlusszeit bzw. einem der weniger rauschlastigen ISO-Werte zu machen. Mehr hierzu weiter unten...
- Die Verarbeitung ist wie oben erwähnt nett, aber ganz klar nicht auf Canon-Niveau ist. Die Linse ist in die eingebaute Gegenlichtblende eingeklebt und an zwei Stellen des Randes konnte man den Kleber ca. 0,5mm aus dem Spalt zwischen Linse und Fassung quellen sehen (ich habe leider nicht daran gedacht davon eine Aufnahme zu machen).
- Der vordere Objektivdeckel hat keine Klemmer, sondern wird einfach nur auf die Gegenlichtblende gesteckt. Der Deckel sitzt also nur deshalb fest, weil das Spaltmaß extrem knapp ist. Das hatte bei meinem Exemplar zur Folge, dass es Fingernageleinsatz und für meinen Geschmack zu viel Krafteinsatz bedurfte um die Kappe abzuziehen. Und je nachdem wie sehr man ziehen musste, fliegt die Kappe dann erstmal 5 Meter durch die Gegend. Das muss nicht sein.
Ein paar Anmerkungen zu der für Fisheyes derzeit am Markt einzigartigen[SIZE=+1] Zoom-Funktionalität[/SIZE] des Objektivs:
Ich habe sehr schnell gemerkt, dass ich den abgeschwächten Fisheye-Effekt bei 17mm nicht gebrauchen kann. Abgesehen davon, dass man bei 17mm erst bei f4.5 startet, wirkt die größere Brennweite ähnlich "flach" wie der Einsatz eines 14mm oder 15mm VF-Fisheyes am Crop und ist irgendwie
weder Fisch noch Fleisch. Zumal der Bildausschnitt bei 17mm
kleiner ist als der meines 17-85mm Canon bei 17mm. Meine Annahme ist daher, dass ich den verkürzten Brennweitenbereich bis 17mm nicht nutzen würde aber mit der verringerten Abbildungsqualität aufgrund des Zooms leben müsste. Das macht wenig Sinn. Der Vollständigkeit halber muss man auch einen aus meiner Sicht positiven Aspekt der 17er Brennweite erwähnen: Da der Fisheye-Effekt weniger stark ausgeprägt ist, lassen sich die Aufnahmen besser de-fishen.
Nun im Detail zur [SIZE=+1]Schärfe- und Helligkeitsproblematik[/SIZE]:
Mein Anspruch an das Objektiv war, dass ich es bei bewölktem Himmel oder guter künstlicher Beleuchtung noch bei <= ISO 400 und <= 1/50 Sekunde nutzen kann. Dies war fast durchgängig nicht der Fall.
Entweder musste ich den ISO-Wert auf 800 oder 1600 hochdrehen oder mit Verschlusszeiten von 1/6 - 1/15 Sekunde leben. Dass ohne Sonne eine Kombination von ISO 200 und 1/30 Sekunde ausgereich hat, habe ich nur in den Neonlicht-durchfluteten Geschäftsräumen des Camerahändlers nachvollziehen können. Im Anhang seht Ihr hierzu zwei Aufnahmen aus den Räumlichkeiten des Händlers - das erste bei 17mm und das zweite bei 10mm; der Fokus war jeweils in der Bildmitte. Insbesondere die erste Aufnahme bei f4.5 ist trotz der sehr hellen Beleuchtung nicht mehr gut.
Wie eingangs erwähnt möchte ich auch in Räumen mit dem Fisheye fotografieren. Da nicht jeder sein Wohnzimmer/ Esszimmer/ Partykeller flächendeckend mit Neonröhren bestückt hat, habe ich also verschiedene Normale Lichtquellen gleichzeitig eingeschaltet (~27qm; 1 Deckenfluter, 1 Schreibtischlampe und noch 3 weitere kleinere) und dann Aufnahmen des gesamten Raumes gemacht. Gegenüber von meiner Position in ca. 4m Entfernung stand mein Notebook, welches
direkt von der Schreibtischlampe beleuchtet wurde. Im Anhang seht Ihr hierzu zwei 100% Crops - das erste mit f3.5, das zweite mit f5.6. Der Unterschied ist deutlich.
Die Ergebnisse haben mich sehr ernüchtert. Scheinbar nicht ohne Grund bietet kein anderer Hersteller Fisheye-Objektive mit Zoom und >f2.8 an (Ausnahme: Das 8mm Sigma, welches ursprünglich ein f4 war und in der neuen Version nun ein f3.5 ist).
Wichtig ist im obigen Zusammenhang auch der Aspekt [SIZE=+1]Blitz[/SIZE]:
Man denkt ggf. nicht dran, aber kein einzelner Aufsteckblitz kann den sichtbaren Bereich eines Fisheye-Objektivs direkt ausleuchten! D.h. es muss indirekt geblitzt werden (und zwar so, dass auch die angeblizte Wand nicht direkt aufs Bild kommt - was bei einem Fisheye ja auch nicht soo einfach ist) oder man muss mit dem zur Verfügung stehenden Licht arbeiten.
Ein Hinweis noch zum Thema [SIZE=+1]de-fishing[/SIZE]:
Mein aktuell bevorzugtes Tool ist
RectFish. Der von RectFish verwendete Algorithmus erzeugt sehr interessante und ausgewogene Ergebnisse bei guter Qualität. Der Fisheye-Effekt verschwindet zwar nicht gänzlich, aber anders als die brutale Rectiliniarisation einiger anderer Tools kommt ein
auch an den Rändern noch akzeptables Bild heraus das man nicht zwangsweise croppen muss.
Hier wird der RectFish-Algorithmus mit dem von
Panorama Tools verglichen. Auch
DxO finde ich zum de-fishen großartig, aber leider ist es nicht ganz günstig (~170$), sendet heimlich Infos an den Hersteller (siehe Lizenzbedingungen) und es unterstützt für die 450D nur Canon-Objektive. RectFish ist demgegenüber aktuell noch kostenlos (die Hinweise auf der Homepage, dass es ohne Lizenz nur mit verringerter Qualität bzw. Wasserzeichen exportiert, konnte ich mit der 1.0.2.2 nicht nachvollziehen). Da RectFish das Tokina nicht direkt unterstützt, habe ich das Profil des Sigma 10mm für das de-fishing von 10mm Aufnahmen verwendet. Ein Beispielergebnis findet Ihr im Anhang.
[SIZE=+1]Abschließendes Fazit:[/SIZE]
Ich halte es für ein reines Schönwetter-Objektiv. In dieser Disziplin - welche ja häufig im Urlaub dominiert - spielt es dann auch seine Vorteile in Bezug auf sein geringes Gewicht und seine kompakten Abmessungen aus. Die Schärfe ab f6,3 ist gut und ab f8 wirklich SEHR gut. Auch der extrem kurze Mindestabstand zum Motiv ist eine großartige Sache.
Ich persönlich habe das Objektiv jedoch zurückgebracht und werde nun bei Zeiten die Sigma 10mm f2.8 Fisheye-Festbrennweite testen. Da ich den Zoom des Tokina für meine Bedürfnisse als nutzlos empfunden habe, hat das Sigma (in der Theorie) etliche Vorteile. Neben einem besser konstruierten Objektivdeckel soll auch die Schärfe der Festbrennweite bei Offenblende sehr gut sein (Quelle: Der Bilder-Meinungen Thread hier im Forum). Außerdem hat es den schnellen HSM-AF und 3 Jahre Garantie (sofern man sich bei Sigma registriert). Auch der Preisunterschied hält sich in Grenzen: Das Sigma gibt es derzeit neu bei ProMarkt für 537,-- EUR. Beide Objektive eignen sich nur für Crop-Cameras, wobei das Sigma an Canon-Crop nur einen minimal kleineren Bildausschnittswinkel von 167° schafft. Ein unwichtiger wenn auch angenehmer Vorteil des Sigma: Es wird bereits durch die aktuelle Version von RectFish unterstützt. Einzige Wehrmutstropfen: Das Sigma hat "nur" einen Abbildungsmaßstab von 1:3,3 und ist aufgrund der höheren Lichtstärke deutlich schwerer und größer. Aber dieses "Problem" ist man ja gewohnt.
Da ich mich sehr darüber gefreut habe, möchte ich an dieser Stelle nochmal kurz auf die vorbildliche Kulanz von Foto Köster hinweisen, mir die 24h Ausprobierzeit anzubieten. Leider ist dies nach meiner Erfahrung nicht selbstverständlich.
Zu den Anhängen:
Bild 1:
17mm, f4.5, ISO 200, 1/30 Sek.
Bild 2:
10mm, f3.5, ISO 200, 1/30 Sek.
Bild 3:
Wie Bild 2 aber mit RectFish korrigiert.
Bild 4:
100% Crop aus 4m Entfernung bei f3.5
Bild 5:
100% Crop aus 4m Entfernung bei f5.6