Ich sehe beide Punkte anders:
Die mit DSLM (meistens) verbundenen besseren technischen Möglichkeiten - WYSIWYG, IBIS, Video, lautloser Auslöser und etwas kompakterer Body (ohne noch bei AF und EVF signifikante Kompromisse eingehen zu müssen) - sehe ich als die Punkte, warum DSLMs die DSLRs verdrängen.
Nikon hat zwar mit Z6/7 einen guten Einstieg hingelegt, die technischen Vorteile halten sich aber mit den Nachteilen bestenfalls die Wage. Reicht das aus um am Thron von Sony zu rütteln? Nachdem Sony in 5 Jahren ein deutlich größeres natives Objektivangebot aufgebaut hat kommen jetzt durch die offengelegten Spezifikationen zunehmend sehr attraktive Objektive von Fremdherstellern hinzu.
Ich würde Nikon (und Canon und Panasonic) sehr wünschen mithalten zu können, aber bei Nikon ist da mMn nicht mehr Influencer-Marketing etc. nötig, sondern
1. eine Offenlegung der technischen Bayonett-Spezifikationen
2. erhebliche Verbesserungen beim AF in der 2. Generation, die
3. möglichst noch 2020 herauskommt, wenn auch Sony die A74 bringt
Ich fürchte Nikon wird aufgrund jahrelanger Marktführerschaft zusammen mit Canon 1. nicht für nötig halten, und auch bei 3. eher bei seinen traditionellen Produktzyklen bleiben, also Z6/7ii frühestens ab 2021, wenn die A74 längst auf dem Markt ist und zusammen mit der A7R4 weiter Marktanteile wegnimmt.
Ob Nikon das aushält bin ich mir nicht so sicher....
Die Z50 hat da gegenüber den A6xxx ähnliche Probleme. Hier sehe ich allerdings das zusätzliche Problem, dass Sony mit A6000/6100 schon ab rund 500€ ein DSLM Einstiegsangebot hat, Nikon aber erst ab rund 1000 €. Ein großer Teil (Stückzahlen) des Einstiegsmarktes dürfte aber zwischen 500 und 1000 € liegen. Passende Einstiegs-DSLRs hat Nikon zwar mit D3xxx und D5xxx, aber wie lange wollen Anfänger noch mit DSLRs einsteigen?
Im Grunde genommen, befinden sich der DSL(R/M) Markt in einem klassischen Innovators Dilemma weil die großen DSL(R/M) von unten angegriffen werden. Smartphones haben, mit Ihren Dual-/Triple Kamera Systemen (mit RAW) die von Huawei eingeführt wurden, den LowEnd-Fotografie Markt mit einer innovativen Disruption durchgeschüttelt.
Die Handy-Hersteller befinden sich seit Jahren in einem aggressiv Featurekampf der vor einigen Generationen (seit dem Huawei P9) auf die fotografischen Funktionen der Kameras ausgedehnt wurde. Hier überbieten sich die Hersteller mit verschiedenen Ansätzen gegenseitig und mischen den Markt auf. Fotografieaffine Personen die sich früher eine Kamera geholt haben, holen sich jetzt ein neues Smartphone. Angefangen mit dem Portrait-Modus, den RAW Funktionalitäten bis hin zum Night-Mode. Die Handy-Kameras und Software können die Funktionen die eine DSLX auszeichnen immer besser erfüllen. Viele Kunden benötigen kein perfektes Bokeh, keine rauschfreien Fotos - sie wollen einfach nur schöne Fotos haben - mit einer Kamera, die immer dabei ist.
Dieser Markt ist für die Kamera-Hersteller weggebrochen und bricht immer weiter weg. Hersteller reagieren auf sowas im Normalfall damit, dass sie ihre Produkte veredeln und in eine neue, höhere Produktkategorie - siehe Leica, Panasonic aufsteigen. Hier ist die Marge höher, die Absatzmenge allerdings kleiner.
An dieser Stelle müssen sich die Hersteller jetzt die Strategiefrage stellen: Womit wollen Sie in Zukunft Geld verdienen: den Bodys oder die Linsen? Wenn man mit den Bodies Geld verdienen will dann sollte man das Protokoll der Linsen open-sourcen. Wenn man aber weiterhin mit den Linsen Geld verdienen will, dann sollte dieses Wissen nicht offen gelegt werden. Sony hat sich hier für erstes entschieden, Nikon&Canon für zweiteres. Welche Option die bessere ist, wird sich zeigen. Beide Optionen haben Vor- und Nachteile - der Markt für Kameras und auch für Objektive wird rasant kleiner.
Die von den Kameras angebotenen Funktionen übererfüllen die Bedürfnisse von wahrscheinlich 95% der avisierten Käuferschaft. Die Handies können die Erwartungen der Kunden vielleicht nicht zu 100% abdecken aber sind bereits gut genug sodass Kunden im Zweifel eher zu einem Handy greifen als zu einer Kamera (mal abgesehen von dem normalen zweijährigem Zyklus).
Der Autofokus der Nikons ist dem Autofokus der Sony ebenbürtig, man kann mit allen Kamera-Systemen alle Motive fotografieren. Sonys (Marketingvorteil) ist der Augen-Autofokus der bei Sony echt gut funktioniert, der Mehrwert in 90% aller Einsatzszenarien (Achtung: normaler Kunde) ist aber verschwindend gegenüber dem Nikon-Augenautofokus. Nikon hat andere Vorteile (rotes AF-Feld) die dem Kernpublikum unterstützen. Allerdings hat Sony den EyeAF, durch geschicktes Marketing überhöht und hat damit gefühlt den besseren AF. Wir befinden uns hier aber bereits in einem gesättigten Bereich indem nur noch Enthusiasten/Profis die Unterschiede bemerken.
Nikon sollte einer möglichen Alpha 7M4 möglichst zeitnah kontern, um die Technologieführerschaft nicht weiter an Sony zu verlieren, sehe ich auch so. Es ist insbesondere wichtig um die Enthusiasten weiter binden zu können - damit Bodies und Linsen verkauft werden können. Allerdings werden in den Führungsetagen der Hersteller wahrscheinlich ganz andere Szenarien besprochen. Die Kameraindustrie befindet sich seit der Einführung der Digitalkamera in einer kontinuierlichen Innovation - wir sehen keine bahnbrechenden neuen Funktionen die ganz neue Käuferschichten akquirieren.
In kollabierenden Märkten werden oft Übernahmen und Zukäufe durchgeführt, damit man möglichst den größten Teil des Marktes für sich beanspruchen kann. Hier kann ein eigenes Bajonett einen massiven Vorteil darstellen - auch für ggf. ganz andere Player (Hasselblad wurde ja ebenfalls von DJI gekauft).
Ich finde du siehst das alles zu sehr durch die rosa Nikon Brille.
Das das Marketing von Nikon nicht so berauschend ist stimmt.
Aber das sie die technisch beste aber leider so verkannte Kamera ist stimmt einfach nicht.
Nikon hatte mit der Z6 und Z7 Kameras veröffentlicht die die Bedürfnisse von 95% aller Kunden überfüllt, im Vergleich zu Sonys Kamera müssen sich die Kameras ebenfalls nicht verstecken, sie haben Vorteile (EVF und Display, Touchfunktionen, Menü, Videofunktionen, 100% Zoomen in Fotos dauert keine Sekunde, Akkulaufzeit, CFExpress/XQD, Verarbeitung) aber auch Nachteile gegenüber den Sonys (AugenAF, 2 Speicherkartenslots). Wobei mir persönlich der eine Speicherkarten-Slot der Nikons vollkommen ausreicht - hier hatten aber die Sony-Fanboys einen geeigneten Ansatzpunkt gefunden. Wahrscheinlich ohne das sie professionell Fotografieren oder auch nur zwei Karten in der Kamera haben.
Ist aber egal, die öffentliche Meinung, dass die Nikon Zs nicht abliefern, konnte durch die Fanboys schnell geframed werden - durch fehlende Meinugsmacher auf seiten Nikons hat sich diese Meinung zügig zementiert. In kleiner werdenden Märkten habe ich häufig Grabenkämpfe um eigentlich nichtige Funktionen (Weil bereits übererfüllt) beobachten können. Während der Wettbewerb vom unteren Ende des Marktes (Smartphones) nicht genug Beachtung findet.