So, ich hatte jetzt auch mal das Privileg, einen Triopo B-2 ausprobieren zu dürfen. Hier meine Eindrücke.
Fangen wir mit ein paar Äußerlichkeiten an: Das Triopo-Logo ist ein vergurktes BMW-Logo mit 3 weiß-blauen Tortenstücken für den Bezug zu "Tri"pod statt den typischen 4 Flächen. Großartig gemacht, soll vermutlich noble "Freude am Fotografieren" vermitteln. Dazu der Firmenname in nicht passender Serifenschrift darunter gesetzt. Typographie auf Weltklasseniveau.
Auf dem Kopf steht dann noch ein "B-2", wo der Bindestrich vollkommen falsch gesetzt ist in einer Arial Bold oder so. Augenkrebs!
Die grafische Darstellung der Skala von 1 bis 12 der Friktionsschraube ist übrigens 1-zu-1 (!) vom Arca Z1 kopiert.
Geliefert wird der Triopo in einem magentafarbenen Samtsäckchen. Das beeindruckt. Leider hat der Feststellknopf eine dicke Schleifspur, so als ob den jemand in einem frühen Produktionsstadium versehentlich und unbemerkt an eine Schleifmaschine gehalten hätte. Aber bei dem Preis ist das ja geschenkt.
Montiert wurde der Kopf auf meinem RRS-TVC33-Stativ, sieht lustig aus.
Hier nun der Praxistest:
- Der Kopf ist mir zu klein. Ich habe die Feststellschraube der Platte gerne nach hinten raus stehen, um besser dranzukommen, statt vorne unterm Objektiv. Dann kann ich die Kamera aber nicht mehr 90° nach oben richten, weil der Feststellknopf auf das Stativ trifft. Senkrecht nach unten richten kann ich Kamera übrigens auch nicht, da sie dann an den Teller des Stativs anstößt. Ich hätte mir also vielleicht den B-3 "kaufen" müssen.
- Nach ca. 1 Minute ist mir der Sicherungsstift in der Klemme auf den Geist gegangen, denn mit ihm konnte ich meine Rail nicht mehr durchschieben. Den habe ich also als erstes ausgebaut.
- Die Bedienung: Uff. Friktion eingestellt, ok. Was auffällt: Wenn man die Kugel in der Friktion bewegt, ist die Bewegung mit Hals Richtung unten schwergängiger als die Bewegung zurück, manchmal gibt es aber auch "Löcher" im Reibungswiderstand. Die Bewegung ist auch eher ruckelig als geschmeidig.
- Feststellen: Kamera drauf für das Familienfoto auf Omas Geburtstag: Ok. Makro-Situation mit einer Rail, wo die Kamera vorne drauf mit großem Hebel wirkt: Katastrophe. a) ist das eine Schrauborgie, bis der Kopf fest ist, und b) muss man sowohl Feststell- als auch Friktionsknopf anziehen, damit die Kamera nicht mehr durchsackt. Das ist aber nicht die Idee einer Friktionsschraube! Tut mir leid, durchgefallen. Zum Vergleich: An meinem Gitzo-Kopf eine 30-Grad-Drehung gemacht, und die Kugel ist bombenfestgeknallt. Beim Triopo erhält man auch keine Rückmeldung in der Hand, ob die Schraube nun fest ist oder nicht, ganz merkwürdig.
- Panorama-Einstellung: Möglicherweise habe ich die geschrottet. Sorry an den freundlichen Spender! Erste Verwunderung: Die Panoramafeststellschraube kann man komplett rausdrehen. War das im Traumflieger-Jubelbericht nicht ein Abstufungsmerkmal, weil das nur bei billigen Köpfen passiert, aber nicht bei den Testsiegern? Aber egal.
Ich wollte dann die Kerbe passend ausrichten, um die Kamera nach unten richten zu können. Panoramaschraube gelöst, aber ich musste schon fast enorme Kräfte aufbringen, um den Kopf zu drehen, unglaublich schwergängig, vollkommen unbrauchbar. Das habe ich dann noch ein wenig weiter ausprobiert, und inzwischen ist der Zustand so: Es macht keinen Unterschied mehr, ob die Feststellschraube zu oder auf ist. Die Einstellung ist gleich schwergängig, ob zu oder auf, nur wenn die Schäube zu ist, rastet die alle paar Grad so ganz leicht ein. Ich würde jetzt gerne mal in den Kopf reinschauen, was da los ist, aber das geht ja nicht so einfach. Wäre es mein Kopf, würde ich den jetzt zum Händler zurückschicken.
- Schwingungsverhalten: Wieder Makro am langen Ausleger mit 180mm-Ojektiv, Live-View auf größte Vergrößerung, Objektiv vorne antippen. Nicht wissenschaftlich gemessen, aber mit dem Triopo schwingt der Aufbau schon länger aus. Vielleicht 5 Sekunden zu 3 Sekunden mit meinem Gitzo GH2780 oder meinem Arca Z1. Aber wie gesagt: das war jetzt nicht genau gemessen, wäre aber schon praxisrelevant. Aber wenn der Gitzo GH2780 nicht komplett anders ist als der Gitzo GH2781 "Basalt", dann weiß ich auch nicht, was der Traumflieger da im aktuellen Test gemacht hat, der dem ja eine absolute Null-Dämpfung attestiert. Nur soviel zum Traumflieger und seinen Tests.
Fazit: Ich möchte nicht behaupten, dass man mit dem Triopo keine scharfen Bilder machen kann, aber man muss schon sehr leidensfähig sein, um den mit Freude zu benutzen. Wenn man den Vergleich hat, würde es mir sehr sehr schwer fallen, nicht noch mal 100 Euro draufzulegen, um einen (ggf. gebrauchten) Gitzo, Arca, Linhof, Markins oder was auch immer zu kaufen. Und es empfiehlt sich eine 10er-Karte Rückporto nach Polen für diverse Umtäusche, denn bei ernsthafterer Benutzung hat der Kopf anscheinend eine Halbwertszeit von wenigen Betriebsstunden, wie wir jetzt schon ein paarmal gesehen haben, siehe @rwv und @ede.duembel.
Gestern Abend habe ich dann noch einen kleinen "Test" nachgeschoben: Ich hatte den Backofen an, und hab den Triopo einfach mal 5 Minuten bei 50°C hineingelegt (= Auto oder direkte Sonnenbestrahlung im Sommer).
Er hat es überlebt, aber die Gummis an den Feststellknöpfen werden zwischenzeitlich recht weich, und die Panoramascheibe hat sich plötzlich wieder gedreht! Dann habe ich die Panoramafeststellung wieder angezogen und es war vorbei. Ich gehe also davon aus, dass sich die Panoramafeststellung regelmäßig nicht mehr löst. Defekt oder Konstruktionsfehler: keine Ahnung, wäre aber beides schlecht. Und ach ja, das Fett schmatzt dann auch schön an den Seiten raus...
Obwohl: Einen "Test" hat er doch mit Bravour bestanden, das Stativ war heute morgen nicht zusammengebrochen, nachdem die Kamera gestern Abend darauf montiert im Wohnzimmer hab stehen lassen. Ich bin aber heute morgen schweißgebadet aufgewacht.